Was hat die Menschheit eigentlich verbrochen, um vom Schicksal mit Filmschaffenden wie Keenen Ivory, Marlon und Shawn Wayans geschlagen zu werden? Schon in Machwerken wie „Scary Movie“ oder White Chicks bombardierten sie das Publikum mit praktisch nie zündenden, dafür aber in immer uferloseren Fäkaluntiefen absaufenden Primitivkalauern. Jetzt haben die untalentiertesten Zauberlehrlinge der Farrelly-Brothers erneut filmisch komplett danebengegriffen: In „Little Man“ schicken Regisseur Keenen Ivory und Drehbuchautor Shawn Wayans ihr Familienmitglied Marlon Wayans als Miniaturmonster auf die unerträgliche Leindwandreise.
Sind die Gebrüder Farrelly für das Kino so etwas wie die ägyptischen Plagen, so stellt der Wayans-Clan nicht weniger als die Apokalypse des guten Geschmacks dar. Nach der unterirdischen Zoten-Orgie der „Scary Movie“-Filme präsentierten sie uns das Brüderpaar Marlon und Shawn in „White Chicks“ als Upper-Class-Blondinen mit Mega-Oberweite und Mini-Hirn. Auf diesem Niveau geht es in ihrem neuesten filmischen Emetikum munter weiter. In Miniaturformat präsentieren die Wayans diesmal nicht nur filmische Qualität, Schauspielkunst und Drehbuch-Ideen, sondern zu allem Überfluss auch noch ihren Hauptdarsteller: Marlon Wayans wird in der Rolle des Kleinganoven Calvin – klein in jeglicher Hinsicht – auf läppische 75 Zentimeter Körpergröße geschrumpft. Als knallharter Knastbruder lehrt er trotz seiner Kleinwüchsigkeit sowohl Zellengenossen als auch kriminelle Weggefährten fast so sehr das Fürchten wie die Kinozuschauer, die spätestens nach dem ersten schattenwerfenden Auftritt des Gangsta-Gartenzwergs wissen, wo der filmische Hase hoppelt.
Nach seiner Freilassung klaut Calvin unter Zuhilfenahme seiner ungewöhnlichen Statur und seines vertrottelten Partners Percy (Tracy Morgan) einen Riesendiamanten. Blöderweise landet der wertvolle Klunker nicht beim Auftraggeber des Raubzuges, Gangsterboss Walken (was um alles in der Welt hat ein Charakterdarsteller wie Chazz Palminteri in so einem Machwerk verloren?), sondern in der Handtasche von Karrierebraut Vanessa (Kerry Washington), die gerade ihrem Ehemann Darryl (Shawn Wayans) dessen überschäumenden Kinderwunsch auszureden gedenkt.
Doch der wird dem Jung-Ehemann schneller erfüllt, als beide zu ahnen gewagt hätten: Juwelen-Mopser Calvin sieht keinen anderen Weg, um sich als Dreikäsehoch-Jäger des verlorenen Schatzes bei Vanessa und Darryl einzuschleichen, als Moses zu spielen und sich selbst nebst Bastkorb vor der Eingangstür der Kleinbürger-Vorstadt-Idylle auszusetzen. Fortan haben Calvin und Percy zwar immer noch nicht ihren Juwel wieder, Darryl und Vanessa dafür aber ein Familienmitglied mehr, das alle Minihände voll zu tun hat, seine Rolle als Angehöriger der Freud’schen Töpfchen-Phase durchzuhalten. Und wäre das nicht schon schwer genug, meldet sich alsbald der mondäne Herr Gangsterboss Walken zu Wort und fordert mit Nachdruck und mit Schlägertypen die Herausgabe des Geklunkers.
Klingt schauderhaft? Ist es auch. Marlon, Shawn und Keenan Ivory Wayans vergeben auch jede letzte Chance, aus dem an sich schon unterirdischen Plot noch wenigstens ein paar halbgare Kalauer herauszuholen. Schlimmer noch: Vordergründig nehmen sie sich zwar des gleichen Sujets an wie die Farrelly-Brüder, nämlich Possen mit den Eigenschaften psychisch oder gesundheitlich andersartiger Menschen zu reißen. Während die Farrellys jedoch ihre Sympathie für die Außenseiter und Freaks der Gesellschaft in „Unzertrennlich“ und dem von ihnen zuletzt produzierten Dabei sein ist alles grundehrlich meinten, ist es bei den Wayans pures Vehikel für monströs schlechte Kalauer. Kein einziger echter Kleinwüchsiger taucht da in der Besetzung von „Little Man“ auf, ganz im Gegensatz zu „Dabei sein ist alles“, den die Farrellys mit echten Behinderten inszenierten. Stattdessen wird Hauptdarsteller Marlon Wayans per filmischer Illusionskunst auf 75 Zentimeter eingedampft: Sein Körper wurde in den meisten Szenen von einem echten Fünfjährigen gedoubelt, der Kopf des Darstellers später tricktechnisch daraufmontiert.
Und wäre das nicht schon schlimm genug, so verspielen die Wayans endgültig jeglichen Kredit, als sie allen Ernstes beginnen, mit der Darstellung der glücklichen Kleinfamilie aus Darryl, Vanessa und Calvin, des Mama-Papa-Kind-Idylls und fröhlichster, uramerikanischer Vorgartenseligkeiten mit Barbecue-Parties und Kinder-Football-Spielen erzreaktionärsten republikanischen Idealen das Hohelied zu singen und zum überflüssigen Schluss sogar mit schleimtriefender Rührseligkeit um sich zu werfen.
Die Farrellys verstanden ihre filmischen Zoten trotz aller Sperma-Fontänen und enddebilen Ekel-Kaskaden stets als revolutionäre Attacke gegen das amerikanische Establishment des guten Geschmacks. In dem Moment, in dem die Grossout-Comedy dieses ur-anarchische Moment aufgibt und sich zum amerikanischen Mainstream prostituieren lässt, hat sie auch das letzte Quäntchen Daseinsberechtigung verloren.