In den USA ist „Little Miss Sunshine“ ein Kritikerliebling des Jahres und konnte sich zu dem Indie-Publikumsmagneten mausern. Die inspirierte Komödie des Regiegespanns Jonathan Dayton und Valerie Faris gehört zu den kleinen, künstlerisch überzeugenden und kommerziell erfolgreichen Filmen, die beweisen, dass manchmal doch noch Seele über Effekthascherei siegt. Knackige Dialoge, eine Portion Mut zur politischen Unkorrektheit und gelungene Gageinlagen, die trotz der teils ernsten Themen wie Tod, Selbstmord oder zerplatzte Träumen nicht deplaziert wirken, machen das Werk zur wahren Freude.
Die Hoovers sitzen gerade am Tisch und der obszöne Großvater (Alan Arkin) schimpft darüber, dass es mal wieder nur Hühnchen gibt, da schreckt ein lauter Schrei die in keiner Weise vorbildhafte Familie vom Esstisch auf. Es ist die Glücksbekundung der liebenswerten und etwas pummeligen Olive (Abigail Breslin), die gerade am Telefon vernommen hat, dass sie am „Little Miss Sunshine“-Wettbewerb teilnehmen darf. Da das Mädchen sich so überschwänglich auf den Schönheitswettbewerb, für welchen sie schon lange trainiert hat, freut, ist es selbstverständlich, dass die Reise von New Mexiko zum Wettbewerbsaustragungsort in Kalifornien auch angetreten wird. Doch einen Flug kann sich die Familie nicht leisten, so dass der überoptimistische Vater Richard (Greg Kinnear) Olive und die bemühte, aber überforderte Mutter Sheryl (Toni Collette) mit dem alten, gelben VW-Bus nach Kalifornien bringen muss. Da Sheryls suizidgefährdeter Bruder Frank (Steve Carell), der drogenkonsumierende Großvater und der Nietzsche-lesende und kein Wort von sich gebende Sohn im Teenageralter Dwayne (Paul Dano) natürlich nicht alleine gelassen werden können, werden sie gleich mitgenommen. Die sechs Personen begeben sich also nach Kalifornien, auf eine Reise, bei der sie einiges durchmachen und sich von so manchen Träumen verabschieden müssen.
„Little Miss Sunshine“ ist ein Ensemblefilm und eben dieses ist ausnahmslos brillant. Die kleine Abigail Breslin, die große Entdeckung des Films, verleiht Olive eine große Portion Herz und zeigt auf der Leinwand eine immense Präsenz. Toni Collette kann als gestresste Mutter, deren Hauptanliegen es ist, die Familie irgendwie zusammenzuhalten, an ihre starken Auftritte in ihren letzten Filmen anknüpfen und Paul Dano verbucht als schweigsamer Teenager mit seiner Art der Verständigung viele Lacher für sich. Greg Kinnear gibt hervorragend den zum Scheitern verdammten Motivationsguru und auch Steve Carell bringt als desillusionierter Onkel eine große Leistung zutage, seine präzise, sparsame Mimik ist einfach grandios.
Der ewige Erfolgsdruck, der auf unserer Gesellschaft lastet sowie der vor nichts Halt machende Schönheitswahn werden hier gekonnt als inhuman entlarvt und mit einem Augenzwinkern durch den Kakao gezogen. Dies gipfelt darin, dass Olive das einzige noch als Kind zu identifizierende Wesen auf der Schönheitswettbewerbsbühne ist, denn ihre Konkurrentinnen haben mit ihrem antrainierten Lächeln schon jegliche kindliche Aura verloren. Der Film zelebriert die Familie als sicheren Pol und illustriert, dass es letztlich das Wichtigste ist, zu sich selbst zu stehen und nicht aufzugeben. Denn erst das Resignieren macht einen wirklich zum Verlierer im oftmals schwierig zu meisternden Spiel des Lebens.
Letztlich spiegelt der alte, knallgelbe und, wie sich herausstellen soll, äußerst anfällige VW-Bus, welcher die Familie nach Kalifornien bringt, in gewisser Weise den gesamten Film wider. Denn wie ein alter Familienwagen, der schon so einiges mitgemacht hat und mit dem man sicherlich Reisen und positive Erlebnisse verbindet, bietet der Film einige große Momente, sehr menschliche Charaktere, die der Zuschauer schnell lieb gewinnt und eine große Portion Komik. Doch so ein altes Fahrzeug hat eben leider auch seine Macken und mag Verärgerung hervorrufen. Und auch die ambitionierte Komödie hat leider ihre kleinen Fehler, die letztlich dem ganz großen Filmerlebnis hinderlich im Wege stehen. Über die Tatsache, dass schon zu Beginn eigentlich klar ist, dass sich die Familienangehörigen letztendlich zusammenraufen und zusammenfinden werden, kann man sicherlich hinwegsehen. Die Witze gleiten dann aber leider doch vereinzelt in die Region der Albernheit ab. Zudem ist die Figur des Großvaters einfach eine Nummer zu übertrieben. Bedurfte es wirklich eines vulgären, Drogen konsumierenden Opas in der zerrütteten Familienstruktur? Aber nichtsdestotrotz sorgt der Film für perfekte Stimmung, bringt einen frischen Wind ins komödiantische Fach und versprüht einen unheimlichen Charme. Auch darf das Publikum sich auf ein äußerst vergnügliches, keckes Ende gefasst machen, welches den Film hervorragend abrundet. Erwähnt sei auch noch das wirklich schöne musikalische Hauptthema, welches sich in Variationen durch den gesamten Film zieht und die sechs Personen bei ihrer Reise zu sich selbst begleitet.
„Little Miss Sunshine“ ist ein lupenreines Road Movie, welches mit einer unheimlichen Leichtigkeit, pointierten Dialogen und einem herausragenden Ensemble die leider zwischenzeitlich auftretenden Albernheiten schnell vergessen macht. Auch wenn es somit insgesamt nicht zum von der US-Kritik heraufbeschworenen modernen Klassiker reicht, ist „Little Miss Sunshine“ sicherlich eine der besten Komödien dieses Jahres. Das Kino wird man auf jeden Fall mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht verlassen.