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    Unbesiegbar – Der Traum seines Lebens
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Unbesiegbar – Der Traum seines Lebens
    Von Jonas Reinartz

    Mark Wahlberg hat gewiss schon so einiges hinter sich. Nach einer Zeit als Kleinkrimineller und etlichen Gefängnisaufenthalten landete er Anfang der 90er Jahre als Rapper Marky Mark Erfolge in den Hitparaden, zusätzlich bescherte ihm sein gestählter Körper Aufträge als Unterwäschemodel. Ernst nahm man ihn damals freilich nicht. Auch wenn sich das Bad-Boy-Image als sehr verkaufsfördernd herausstellte, brachen Meldungen über seine dubiose Vergangenheit, insbesondere jene über eine Attacke gegen einen Vietnamesen, seiner Musikkarriere das Genick. Rückblickend erscheint es also alles andere als selbstverständlich, dass sich der gebürtige Bostoner noch zu einem respektierten Schauspieler mausern würde. Als tragischer Pornodarsteller in Paul Thomas Anderson 70er-Jahre-Epos Boogie Nights (1997) gelang ihm ein vielbeachteter Durchbruch. Auftritte in großen Studioproduktionen wie Der Sturm (2000), Planet der Affen (2001) und The Italian Job (2003) brachten Wahlberg weiter nach vorne in der Riege der männlichen Hollywood-Stars. Die Verkörperung des stets übelgelaunten Polizisten Dignam in Martin Scorseses Hongkong-Remake Departed: Unter Feinden (2006) wurde schließlich mit einer Oscar-Nominierung belohnt. Nun kommt MarkWahlberg mit „Unbesiegbar“ in die deutschen Kinos, den man scherzhaft als „Rocky im Football-Milieu“ beschreiben könnte, doch zum einen basiert der Film um den Kampf eines Underdogs gegen alle Widerstände auf einer wahren Geschichte, zum anderen besitzt Regisseur und Kameramann Ericson Core ein bemerkenswertes Gespür für glaubwürdige Charaktere und eine stimmungsvolle Atmosphäre, so dass jederzeit für gute Unterhaltung gesorgt ist, insbesondere für Football-Fans.

    Football-Fan Vince Papale (Mark Wahlberg) lebt Mitte der 70er Jahre zusammen mit seiner unzufriedenen Ehefrau Sharon (Lola Glaudini) im Arbeiterviertel von Philadelphia. Mit seinen beiden Jobs – Aushilfslehrer in der nahegelegenen High School und Barkeeper in der Kneipe seines Kumpels Max (Michael Rispoli) - kommt er nur mühsam über die Runden. Nachdem er aufgrund von Budgetkürzungen nicht mehr als Lehrkraft beschäftigt werden kann, hat Sharon endgültig genug und macht sich kurzerhand aus dem Staub, wobei sie eine Aussprache nicht für nötig erachtet. So findet der Verlassene lediglich eine bösartige Notiz und eine komplett ausgeräumte Wohnung vor. Momentan befinden sich auch seine Football-Idole, die Philadelphia Eagles, am Boden. Die letzte Saison verlief katastrophal, selbst der neue, zuvor sehr erfolgreiche Coach Dick Vermeil (Greg Kinnear), der mit UCLA die nationale College-Meisterschaft holte, scheint vermutlich bei seinem Debüt in der NFL nicht viel ausrichten zu können. In einer Mischung aus PR-Gag und Verzweiflung beraumt dieser ein öffentliches Probetraining an, um neue Talent zu sichten – obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass einer ein Ticket für das knüppelharte Trainingscamp der Eagles ergattert gegen null tendiert. Von seinem Jugendfreund Tommy (Kirk Acevedo) darauf aufmerksam gemacht, ergreift Vince dennoch die einmalige Chance. Tatsächlich sind die meisten Mitbewerber eher untalentiert und Vermeil springt Vince ins Auge. Er schafft es zu den Profis, steht aber erst am Anfang eines langen Auswahlverfahrens vor der Saison. Bei seinen Mitspielern hat der Underdog alles andere als einen guten Stand. Derweil hegt er auch Gefühle für Janet (Elizabeth Banks), die kürzlich angereisten Cousine von Max, in dessen sie ebenfalls kellnert…

    Bereits in der Credit-Sequenz etabliert Ericson Core gekonnt den Ton seines Films. Gezeigt werden spielende Kinder, die inmitten des trostlosen Industriegebiets von Philadelphia ausgelassen spielen. Dagegen schneidet er demonstrierende Arbeiter, am Ende steht eine Fabrikschließung. Warme Sepiatöne und typische Musik der 70er Jahre versetzen den Zuschauer sofort in eine Welt, in der die Menschen es gelernt haben, sich angesichts der herrschenden Perspektivlosigkeit nicht unterkriegen zu lassen. Auch wenn die sozialen Probleme eher nur gestreift werden, ist es doch bemerkenswert, dass sie hier Erwähnung finden. Es ist vor allem seine Atmosphäre, mit der dieser Film punktet. Eine gewisse verklärende Nostalgie lässt nicht abstreiten, doch diese wird zu keinem Zeitpunkt aufdringlich. Die Football-Szenen sind schlicht mitreißend geworden und auch ohne große Kenntnisse der Sportart sehr vergnüglich. Glücklicherweise wurde nicht der gleiche Fehler wie in Oliver Stones ansonsten hervorragenden An jedem verdammten Sonntag (1999) begangen und durch stakkatoartige Montagen die Übersicht gestört. Zusammen mit fetzigen Songs auf den 70ern entsteht eine euphorische Stimmung, die sich unmittelbar auf den Zuschauer überträgt. Wahlbergs Stoigkeit, mitunter etwas unpassend in anderen Parts, passt perfekt, er wirkt absolut glaubhaft als ehrlicher Mann aus dem Volk, dem der Boden unter den Füßen weggezogen wird, dann über sich hinauswächst und eine ganzen Stadt die Hoffnung zurückgibt. Ein komplett gegen dem Strich besetzter Greg Kinnear, am besten bekannt als homosexueller Nachbar in Besser geht´s nicht (1997) oder spießiger Vater in Little Miss Sunshine (2006), überrascht als tougher Coach Vermeil.

    So unglaublich es klingt, Vince Papale gibt es wirklich. Mittlerweile lebt er mit seiner Frau Janet und seinen beiden Kindern in Cherry Hill, New Jersey. Von 1976 bis 1978 spielte er für die Philadelphia Eagles, bis eine Schulterverletzung seine sportliche Karriere beendete. Danach arbeitete er als Moderator und im Management-Bereich. Ein wenig ärgerlich, wenn auch hinsichtlich der Dramaturgie verständlich, ist der teils relativ freie Umgang mit den Fakten. So spielte Papale in der World Football League, einer Amateurliga, die lediglich von 1974 bis 1975 existierte, im Film jedoch wird dies komplett ignoriert, um seinen Aufstieg noch eindrucksvoller zu gestalten und aus zwei Ehefrauen wurde eine gemacht. Nach wie vor ist er mit 30 Jahren der älteste Rookie, der es je in die National Football League (NFL) schaffte, eine unglaubliche Leistung, die eine filmische Adaption zweifellos verdient hat. Dieser vorzuwerfen, sie sei einfallslos, mag zwar stimmen, letztlich geht dieser Vorwurf aber dennoch am Ziel vorbei. In diesem Genre gelten bestimmte Regeln und Autor Brad Gann befolgt sie penibel. Außerordentliche Originalität kann hier nicht erwartet werden, eine regelrecht patentierte Dramaturgie hingegen schon, Love Interest inklusive. Die gesamte Liebesbeziehung zwischen dem aufstrebenden Sportler und der Kellnerin Janet wirkt zwar bisweilen etwas aufgesetzt, doch da gab es schon weitaus Schlimmeres in dieser Hinsicht zu sehen, zumal Elizabeth Banks (Slither, Jungfrau (40), männlich, sucht..., Spider-Man 2) aus ihrer kleinen Rolle das Beste macht und als Eye Candy perfekt funktioniert.

    Obwohl es so schien, als sei die ewige „American Dream“-Thematik endgültig mausetot und öde, beweisen Rocky Balboa und nun „Unbesiegbar“ das Gegenteil. Dass hier ein Film vorliegt, der sämtliche Sportfilm-Klischees aneinander reiht, überrascht kaum, doch er ist vor allem eines – grundsympathisch. Vermutlich wird „Unbesiegbar“ in Deutschland leider kein großer Erfolg beschieden sein, dazu ist Football hier in Deutschland nicht populär genug. Sportfans im allgemeinen sollten ihm aber auf jeden Fall eine Chance geben, denn es wird klassische Unterhaltung mit einem überzeugenden Hauptdarsteller geboten.

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