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    Into The Mirror
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Into The Mirror
    Von Björn Helbig

    „Spieglein, Spieglein an der Wand…“ heißt es in „Schneewittchen“, einem der bekanntesten Märchen der Gebrüder Grimm. Auch im Gespenster-Krimi „Into The Mirror“ von Sung-ho Kim geht es um Spiegel, die von einer Wahrheit künden. Schöne Prinzessinnen und böse Stiefmütter spielen darin allerdings keine Rolle, stattdessen hängen die Spiegel an der Wand eines modernen koreanischen Kaufhauses, in dem sich kurz vor der Wiedereröffnung rätselhafte Todesfälle häufen. Der Film diente dem französischen Regisseur Alexandre Aja (High Tension, The Hills Have Eyes) als Vorlage für den Horrorfilm Mirrors, der im Herbst 2008 in den deutschen Kinos startet. Warum sich Aja gerade „Into The Mirror“ für ein Remake ausgesucht hat, ist schon zu verstehen: Der südkoreanischen Film von 2003 bietet einige vielversprechende Ansätze, die es wert sind, ausgebaut zu werden.

    Weil er bei einem Einsatz versehentlich einen Kollegen erschossen hat, scheidet der von Selbstzweifeln geplagte Polizist Woo Yeong-min (Ji-Tae Yu) aus dem Dienst aus und fängt als Sicherheitschef im Kaufhaus seines Onkels Jeon-il Sung (Ju-bong Gi) an. Dieses steht kurz vor der Wiedereröffnung. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Zunächst schneidet sich eine Mitarbeiterin auf der Toilette vor einem Spiegel mit einem Pizzamesser die Kehle durch. Dann folgen weitere rätselhafte Bluttaten! Unter der Leitung von Kommissar Heo Hyeon-su (Myeong-min Kim), ein alter Kollege von Woo, nimmt die Polizei die Ermittlungen auf. Zunächst sieht alles nach Selbstmorden aus, doch Woo hat seine Zweifel und beginnt selbst, Nachforschungen anzustellen. Haben fremde Mächte ihre Finger im Spiel? Und was hat das alles mit Lee Jeong-hyun (Hye-na Kim) zu tun, die einst unter mysteriösen Umständen im Kaufhaus ums Leben kam? Ehe er sich versieht, gerät Woo selbst in den Kreis der Verdächtigen.

    Die erste falsche Entscheidung trifft Regisseur Sung-ho Kim gleich zu Beginn. Er zeigt dem Zuschauer den Mord an der Kaufhausangestellten, so dass dieser zumindest zum Teil im Bilde ist: Die Angestellte hat sich nicht selbst umgebracht, sondern wurde von ihrem Spiegelbild sozusagen dazu gezwungen. Damit ist klar: Ein rachedurstiger Geist spukt durch die Spiegel des Kaufhauses. Mit dieser Information weiß der Zuschauer allerdings schon mehr als Woo und die Polizei. Bis die Ermittler dort anlangen, wo sich der Zuschauer schon die ganze Zeit befand, vergehen zähe Minuten. Wenn die Nachforschungen nach den wahren Gründen für die Todesfälle durch Ex-Cop Woo dann endlich starten, begeht Sung-ho Kim den zweiten Fehler: Der Regisseur hält es anscheinend für eine gute Idee, der Gespenstergeschichte möglichst wenig Raum zu geben. Anstelle dessen beschäftigt er sich mit Woos Vergangenheit, seinem gespannten Verhältnis zu seinem Ex-Partner Han und seiner ganz persönlichen Beziehung zu Spiegeln. Bis Woo endlich Lee Ji-hyun (Hye-na Kim), die Zwillingsschwester von Lee Jeong-hyun (ebenfalls Hye-na Kim), trifft, vergeht eine gefühlte Ewigkeit. Und auch dann noch zieht es der Regisseur vor, diversen Nebenschauplätzen Zeit zu widmen, anstatt die eigentliche Geschichte voranzutreiben.

    Vielleicht hatte Sung-ho Kim die Befürchtung, dass sein Plot nicht für einen Langfilm ausreicht. Vielleicht erlag er deshalb dem Drang, ihn mit allerlei Beziehungsmaterial „aufzuwerten“ und durch Woos Verbindung zu Spiegeln eine sehr künstlich wirkende Klammer aufzuzwingen. Tatsächlich ist die Lösung, wenn sie denn schließlich auf dem Tisch liegt, recht banal. Dass man dem Zuschauer mit dieser simplen Geschichte spannende eineinhalb Stunden bescheren kann, beweist Alexandre Aja (The Hills Have Eyes) aber mit seinem Remake. Die mehr oder weniger stark modifizierte Geschichte mit Kiefer Sutherland in der Hauptrolle ist nicht besser als die des Originals, sondern beinahe noch abstruser. Trotzdem weiß der Franzose augenscheinlich, auf was es ankommt, und beschert dem Zuschauer einen Schreckmoment nach dem anderen sowie großartige Bilder am laufenden Band. Auch Sung-ho Kim hat ein gutes Auge für tolle Einstellungen und immer wieder lässt er sein Können aufblitzen, etwa bei den stimmungsvollen Spiegelszenen. Aber um 113 Minuten gut zu unterhalten, reichen diese paar starken Momente einfach nicht aus.

    Ungenutzt bleibt auch die metaphorische Kraft, die sich aus dem Spiegelszenario im Zusammenhang mit dem Kaufhaus hätte entwickeln können. „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?“ heißt es im Märchen, in dem eine eitle Königin es nicht ertragen kann, dass ihre Steiftochter Schneewittchen nach Meinung des allwissenden Spiegels noch schöner als sie sein soll. Ein Kaufhaus wäre der perfekte Ort gewesen, um den Eitelkeiten der Menschen auf den Grund zu gehen. Doch leider belässt es der Film in dieser Hinsicht bei gelegentlichen Andeutungen, etwa in Gestalt von Schaufensterpuppen oder einer Modenschau am Eröffnungstag.

    Fazit: Spiegelgrusel aus Südkorea: Leider verliert sich der visuelle ambitionierte, aber sehr zähe Mysteryfilm „Into The Mirrro“ in seinen zahlreichen Nebenplots. Echte Spannung kommt daher nur gelegentlich auf.

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