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    Die Chroniken von Narnia - Prinz Kaspian von Narnia
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Chroniken von Narnia - Prinz Kaspian von Narnia
    Von Björn Helbig

    Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia, die erste Leinwandversion eines Romans aus der Besteller-Reihe von C.S. Lewis, entwickelte sich 2005 mit einem weltweiten Einspielergebnis von mehr als 745 Millionen Dollar zu einer der erfolgreichsten Produktionen in der Geschichte der Walt Disney Studios. Da versteht sich eine Fortsetzung quasi von selbst. Wer nach der ersten, von den Kritikern hart gescholtenen Verfilmung nun das Allerschlimmste vermutet, irrt jedoch. Andrew Adamson, der auch schon beim ersten Teil Regie führte, hat sich bei „Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia“ in nahezu jeder Hinsicht gesteigert: Es gibt ausgefeieltere Effekte, bombastischere Actionsequenzen und mehr Humor. Ist im zweiten Anlauf also plötzlich alles Sonnenschein im Lande Narnia? Leider nicht! Auch wenn man einen Waffen verteilenden Weihnachtsmann diesmal vergeblich sucht, gibt es wieder einige Momente mit äußerst fragwürdiger Moral.

    Die Geschwister Peter (William Moseley), Edmund (Skandar Keynes), Susan (Anna Popplewell, Das Mädchen mit dem Perlenohrring) und Lucy (Georgie Henley) müssen erneut ihren Mut unter Beweis stellen: Eben noch in einer Londoner U-Bahn-Station, finden sie sich kurz darauf in der sagenhaften Welt Narnia wieder, welche die vier einst als Könige und Königinnen regierten. Schnell stellen sie fest, dass während ihres einjährigen London-Aufenthalts in Narnia stolze 1300 Jahre vergangen sind. Die Welt ist nicht mehr dieselbe. Der Löwe Aslan (Stimme: Liam Neeson) wurde seit 1000 Jahren nicht mehr gesehen. Die magischen Geschöpfe Narnias, die Zwerge, Faunen und sprechenden Tiere wurden von dem verschlagenen König Miraz (Sergio Castellitto) inzwischen nahezu ausgerottet. Die vier Geschwister stehen erneut vor einer gigantischen Aufgabe - gemeinsam mit Prinz Kaspian (Ben Barnes, Der Sternwanderer), dem rechtmäßigen Thronfolger, machen sie sich daran, Narnia und seine geknechteten Bewohner zu befreien…

    Der Roman „Prinz Kaspian von Narnia“ erschien 1951, ein Jahr nachdem Lewis seine Narnia-Chroniken mit „Der König von Narnia“ begonnen hatte. Chronologisch spielt der zweite Roman allerdings erst nach den später erschienenen Werken „Das Wunder von Narnia“ und „Der Ritt nach Narnia“. Bereits die ersten Szenen (die Querelen im Schloss, Kaspians Flucht vor seinem Onkel) deuten an, dass es im zweiten Teil sehr viel düsterer zugeht als im ersten. Ein Eindruck, der sich im weiteren Verlauf der Handlung noch verstärkt. Sprechende Mäuse, Dachse und Eichhörnchen geben dem Film zwar durchaus eine kindliche Note, diese wird allerdings durch die teilweise äußerst rabiaten Schlachtsequenzen wieder gebrochen. Dieses Nebeneinander der Stimmungen, der düsteren und der kindgerecht-freundlichen, sorgen immer wieder für Disharmonien.

    Zunächst springen jedoch erst einmal die Stärken ins Auge: Der Film startet mit hohem Tempo und deutlich verbessertem Look. Schon der erste Teil erhielt einen Oscar in der Kategorie „Bestes Make-Up“ sowie Nominierungen für „Beste visuelle Effekte“ und „Bester Ton“. Gerade in diesen Bereichen legt die Fortsetzung noch einmal deutlich nach: Fünf Kontinente suchte Regisseur Adamson nach ergiebigen Drehorten ab, bis er schließlich in Neuseeland, Tschechien, Slowenien und Polen fündig wurde. Insgesamt wurden 1042 Kostüme und 3722 Accessoires wie Helme, Masken, Stiefel und Handschuhe gefertigt. Und dies sind nur zwei Beispiele für den immensen Aufwand, den die Produktion betrieben hat. Neben den fantastischen Kostümen und den fantasievoll entworfenen Fabelwesen ist es vor allem die überwiegend exzellente Effekttechnik, die „Prinz Kaspian von Narnia“ von unterdurchschnittlicher Fantasy-Kost à la Wintersonnenwende und Eragon - Das Vermächtnis der Drachenreiter unterscheidet. Besonders gut gelungen ist dabei das Zusammenspiel von Mensch und Tier - tricktechnisch funktioniert die Darstellung der animierten Wesen und deren Bewegungen ähnlich gut wie zuletzt bei Der Goldene Kompass. Action- und animationstechnischer Höhepunkt ist sicherlich Peters Versuch, mit einer Gruppe von Narnianern Miraz’ Schloss zu erobern - dieser Abschnitt des Films hat Witz, Tempo und besticht darüber hinaus mit einer bombastischen Optik.

    Solche herausragenden Momente bietet der Film in seinen stolzen 144 Minuten Laufzeit leider zu selten. Neben Highlights wie dem Angriff auf das Schloss, einem Wiedersehen mit der Hexe Jadis (Tilda Swinton) und der finalen Schlacht gibt es leider auch immer wieder Phasen, in denen tumber Leerlauf vorherrscht. Die Kinderdarsteller machen erneut einen soliden Job, mehr aber auch nicht. Eine Weiterentwicklung ihrer Rollen findet nicht statt, die Figuren beschränken sich stattdessen auf recht simple Eigenschaften: William Moseley spielt Peter als etwas eingebildeten Anführer, Skandar Keynes’ Edmund ist der mit der Taschenlampe, Susan alias Anna Popplewell kann gut mit Pfeil und Bogen umgehen und schießt auf Prinz Kaspian treffsicher ein paar schmachtende Blicke ab. Die süße Georgie Henley hat als Lucy als einzige nicht den Glauben verloren und wartet unverdrossen auf die Rückkehr des Löwen Aslan. Wie bereits im ersten Teil ist Henley wieder für den Niedlichkeitsfaktor des Films zuständig. Die Charaktere und ihre Beziehung untereinander – vor allem das Verhältnis zwischen Peter und Prinz Kaspian, das anfangs noch von Spannungen geprägt ist – hätten durchaus mehr Tiefenschärfe vertragen können.

    Ein Zuviel gibt es hingegen in Sachen (unreflektierter) Gewalt. Denn diesmal verteilt der Weihnachtsmann zwar keine automatischen Gewehre an Kinder, dafür gibt es aber einige andere äußerst fragwürdige Szenen. Die meisten kämpferischen Handlungen sind völlig unmotiviert. Anders als bei Peter Jacksons Verfilmung von J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe - Trilogie, in dem nahezu jede Kampfhandlung zwangsläufig aus der Handlungslogik folgt, wirken die Gefechte hier aufgesetzt und vermeidbar. Weder ist Peters Idee, die Burg anzugreifen, sonderlich clever, noch gibt es einen zwingenden Grund dafür, dass sich die Narnianer am Ende dem überlegenden Heer von König Miraz stellen. Hinzu kommt, dass sich allzu leicht Bezüge zur weltpolitischen Situation nach dem 11. September herstellen lassen, die einen wahrlich bitteren Beigeschmack hinterlassen: Die von höheren Mächten als Herrscher über Kreuch und Fleuch bestimmten Adamssöhne und Evastöchter tragen Frieden durch einen heiligen Krieg in eine rückständige Welt. Dies lässt sich exemplarisch an der moralisch zwielichtigen und dramaturgisch völlig ungeschickt platzierten „Lasst uns doch alle unter meiner Führung Freunde sein“-Rede von Prinz Kaspian verdeutlichen. Wem außerdem der christliche Subtext schon im ersten Teil sauer aufgestoßen ist, wird auch hier – zum Beispiel mit der Wiederkehr des weise schmunzelnden „Jesus“-Löwen Aslan und seiner Bestrafung der Ungläubigen - seine Probleme haben.

    Für wen ist „Prinz Kaspian von Narnia“ nun eigentlich geeignet? Für Kids ab 12, wie die FSK vorschlägt, wohl eher nicht. Ältere Teenager werden sich allerdings vermutlich schnell an den allzu märchenhaft-kitschigen Elementen stören. Tolkiens Romane und deren Verfilmungen waren auf ein erwachsenes Zielpublikum zugeschnitten. Während sich Lewis' Romane vor allem an Kinder (und junggebliebenden Erwachsene) richteten, versucht es Adamson in seiner Adaption allen Recht zu machen und pendelt unentschlossen zwischen kindgerechter Unterhaltung und Entertainment für Erwachsene hin und her. Dies betrifft nicht nur die mehr oder weniger versteckte christliche Symbolik oder die unterschwelligen religiösen Aussagen, sondern ebenso die mitunter ausufernde Gewalt – auch wenn an keinem der ausufernd geschwungenen Schwerter im gesamten Film auch nur ein Tropfen Blut klebt.

    Fazit: Mit christlichen Versatzstücken gespicktes, nur streckenweise unterhaltsames Fantasy-Abenteuer, dessen flotte Inszenierung und technische Virtuosität die zweifelhafte Moral kaschiert. Für junge Zuschauer ist der Film aufgrund der vielen Schlachten und seiner martialischen Haltung nur sehr bedingt zu empfehlen.

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