Wenn man das legendäre Rat Pack Frank Sinatra, Sammy Davies Jr. und Dean Martin auf eines reduzieren müsste, käme dabei sicherlich der Terminus „Spaß“ heraus. Egal, was der verschworene Haufen machte, ob auf der Showbühne stehen, die Nächte durchzechen oder eben Filme drehen - immer hatte der Betrachter den Eindruck, die drei haben gerade die beste Zeit ihres Lebens. Und genau den Kern dieser Einstellung übernahm auch Regisseur Steven Soderbergh für seine Gauner-Komödie Ocean´s Eleven, ein elegantes, smartes Remake des Rat-Pack-Klassikers „Frankie und seine Spießgesellen“ (1960). Nachdem Ocean´s Twelve auf durchwachsene Resonanz stieß, führt Soderbergh sein Superstar-Ensemble in „Ocean´s 13“ wieder back to the roots... nach Las Vegas und zum Stil des ersten Teil.
Las Vegas ist nicht mehr das, was es einmal war. Nicht nur, dass sich die Wüstenstadt in ein entartetes Disneyland verwandelt hat, Ehre und (Gauner)moral zählen nicht mehr viel. Das bekommt Reuben Tishkoff (Elliott Gould) bitter zu spüren. Casino-Mogul Willie Bank (Al Pacino) zockt ihn bei einem gemeinsamen Geschäft schamlos ab und verhöhnt ihn anschließend auch noch, was Reuben nicht verkraftet und ihn postwendend ins Krankenhaus bringt. Das ruft die Gang (Brad Pitt, Matt Damon, Don Cheadle, Bernie Mac, Casey Affleck, Scott Caan, Eddie Jemison, Shaobo Qin, Carl Reiner) von Danny Ocean (George Clooney) auf den Plan. Reuben gehört schließlich zum Team, das sich auf die ganz großen Brüche spezialisiert hat. Sie hecken einen perfiden Racheplan aus, um Bank zu ruinieren. Ziel ihrer Attacke: das neue Mega-Casino „The Bank“. Am Eröffnungstag wollen die Gauner Bank auf mehreren Ebenen attackieren. Doch für Plan B benötigen sie dringend Hilfe. Der monströse Tunnelbohrer, der sich zum Casino vorarbeiteten soll, ist um diverse Millionen Dollar zu teuer. Oceans Gang holt notgedrungen ihren Erzfeind Terry Benedict (Andy Garcia) mit an Bord. Doch der verlangt neben der Verdopplung seiner Einlage einen speziellen „Service“. Die Profigauner sollen aus der Kuppel des Casinos Banks hochgesicherte Diamanten klauen…
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Ein derart erfolgreiches Franchise wie die „Ocean’s“-Reihe kann nicht ruhen, bevor nicht mindestens drei Teile im Kasten sind. Dazu braucht Steven Soderbergh auch dringend mal wieder einen kommerziellen Erfolg und seinen Platz im Rampenlicht, um sich weitere Flops bei seinen kleinen Filmexperimenten (Voll frontal, „Bubble“) und Herzensprojekten (The Good German, Solaris) leisten zu können. Bei Teil 2 war ein Murren von Kritik und Publikum nicht zu überhören: zu kompliziert, zu selbstverliebt, zu europäisch schallte es aus den USA. Daraus hat Soderbergh gelernt. „Ocean’s 13“ ist eine brutale, simple und irgendwie auch geniale Reduktion. Die Einbruchstory, in der es vielmehr um reine Rache geht, ist praktisch unwichtig. Überraschungen hält diese in zwei Stunden Spielzeit kaum bereit, einen doppelten Boden gibt es nicht und die berüchtigten Zeitsprünge sind so rar wie überschaubar. Dennoch passiert immer etwas und von Langeweile ist weit und breit keine Spur. Doch der Punkt ist ein anderer: Soderbergh definiert den Ausdruck eines Starvehikels völlig neu, treibt ihn auf die Spitze und berauscht sich schlicht und einfach an der ungeheuren Präsenz seiner Schauspieler.
„Ocean’s 13“ bezieht seinen größten Unterhaltungswert aus der ständigen ironischen Zwiesprache seines Personals untereinander, den Insiderwitzen und Anspielungen auf die Filmgeschichte. Am besten funktioniert dies zwischen George Clooney (The Good German, Good Night, And Good Luck, Syriana) und Brad Pitt (Babel, Sieben, Fight Club). Die Dialoge bestehen quasi nur noch aus purer Ironie und Augenzwinkern, da gerät alles andere zwangsläufig in den Hintergrund. Die Liebe zum Detail ist hier entscheidend, das geht von Rusty Ryans (Brad Pitts) Handyklingelton, über ihre Vorliebe für US-Talkqueen Oprah Winfrey (die einen urkomischen Gastauftritt hat), ihre aberwitzigen Verkleidungen bis zum ritualisierten Abschiedsgruß. Clooney und Pitt, mehrfach zum „Sexiest Man Alive“ gewählt, protzen nur so mit ihrem Charisma. Sie wissen, dass Soderbergh sie gut aussehen lässt und vertrauen voll auf dessen Fähigkeiten. Gegen das Duo wirkt Frauenschwarm Matt Damon (Die Bourne Identität, Syriana) als Nummer drei der Superstarliste wie ein unreifer Schuljunge. Die zweite Reihe der Ocean-Truppe bekommt sehr ausgewogen ihre Möglichkeit, sich zu zeigen. Das passt alles wunderbar in das Konzept der unverbindlichen, lockeren Unterhaltung.
Zwei kleine Ausnahmen: Bei der Mexiko-Episode um Virgil Malloy (Casey Affleck, Der letzte Kuss) ist das Drehbuchautorenteam Brian Koppelman und David Levien („Rounders“, Das Urteil) über’s Ziel hinausgeschossen. Die Ironisierung der sozialen Komponente hat einen Hauch von ungewolltem Hohn. Hochgradig albern ist Damons geschlechtlicher Nahkampf mit Ellen Barkin (The Big Easy, Palindrome, Liebe ist Nervensache), die den einzigen größeren weiblichen Part einnimmt und auf der Bösewichtseite hinzugekommen ist. Barkin, die frisch wirkt als hätte sie gerade ein Staffel „Nip/Tuck“ hinter sich, passt sich gut ins Ensemble ein. Der Clou der Besetzungsliste ist natürlich Al Pacino (Heat, Der Pate-Trilogie, Insider), dessen Filme zuletzt oft (zu unrecht) den direkten Weg in die Videotheken antraten. Ein Hit wird ihm gut zu Gesicht stehen. Als Glanzlicht wird der Film zwar nicht in Pacinos Vita eingehen, denn diesen skrupellosen Erzbösewicht spielt er morgens um fünf Uhr zwei Minuten nach dem Aufwachen mühelos im Halbschlaf. Seine Aufgabe ist es vielmehr, die Sympathien ganz auf die Seite der Gauner zu lenken, was ihm zweifelsfrei gelingt, um die verschobene Moral (Gangster rauben Casino aus) gefühlt ins Gleichgewicht zu bringen, ohne dass das Publikum davon überhaupt etwas mitbekommt und es als Selbstverständlichkeit hinnimmt. Denn es geht in erster Linie um Freundschaft, um die Gaunerehre, die der Mogul Willie Bank nicht respektieren will, die Casinoboss Terry Benedict (stark: Andy Garcia, Der Pate III) jedoch verinnerlicht hat und trotz seines Egos (Ocean: „Are you ready?“ - Benedict: „I was born ready!“) respektiert.
Was „Ocean’s 13“ zusätzlich stärkt, ist Soderberghs technische Brillanz. Der Film wirkt über alle Maßen cool, der ultra-elegante Hochglanzlook, die perfekte Ausstattung und die Spielereien mit Split Screen, Handkamera und Collagen verstärken diesen Eindruck und wirken hervorragend mit David Holmes Sixtees-inspiriertem Score zusammen.
Fazit: „Ocean’s 13“ gefällt als „guilty pleasure“ durch sein offenes Bekenntnis zu seiner selbst. Die Ernsthaftigkeit ist komplett verbannt, der Film spielt in seinem eigenen Universum der Unterhaltung... wie Las Vegas eben, auf das diese Beschreibung ebenso zutrifft. Auch diese Stadt ist irgendwie unwirklich und doch kann man dort eine Menge Spaß haben. Und das ist eindeutig das Primärziel von Soderbergh und seiner Truppe. Sie beanspruchen dies für sich selbst und übertragen es mit Leichtigkeit auf das Publikum, einen smarten Oneliner an den Nächsten reihend und sich selbst reflektierend. Und warum heißt „Ocean’s 13“ nun „Ocean’s 13“? Da sollte besser nicht genau nachgezählt werden, ob Danny Ocean tatsächlich die Wilde 13 um sich versammelt...