Mein Konto
    Die History Boys
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Die History Boys
    Von Alina Bacher

    Vom Broadway auf die Leinwand– dass dieses Konzept funktionieren kann, beweisen Filme wie Chicago. Das Musical von Bob Fosse und Fred Ebb wurde 2002 in seiner Kinoadaption mit ganzen sechs Oscars ausgezeichnet. Dass so ein Schuss aber auch nach hinten losgehen kann, führt „Die History Boys“ nun vor Augen. Mit sechs der begehrten Tony Awards und drei Oliver Awards mauserte sich das Klassenzimmer-Drama um eine Gruppe pubertierender Eliteschüler in England und den USA schnell zu einem der Publikumslieblinge am Broadway. Kein Wunder also, dass drei Jahre nach der Uraufführung die Geschichte aus der Feder des britischen Autors und Schauspielers Alan Bennett ihren Weg auf die Kinoleinwand gefunden hat. Doch statt dem Genre Musical treu zu bleiben, versucht sich Regisseur Nicolas Hytner („Center Stage“) an einer rein dramatischen Version des Schulmärchens, die sich selbst wieder und wieder in Langeweile übertrifft.

    Oxford und Cambridge – zwei Namen, die nicht nur in England alle Tore und Türen öffnen können. Kaum ein britischer Schüler träumt nicht davon, auf den alt-ehrwürdigen Bänken der Eliteunis die Schulbank drücken zu dürfen. Doch nur die Besten der Besten dürfen diesen Traum in die Tat umsetzen. Auch die Schüler der Geschichtsklasse der Cutler’s Grammar School im nordenglischen Sheffield wollen zu diesen Elitestudenten gehören. Den ersten Schritt in diese Richtung haben die acht Jungs aus einfachen Lebensverhältnissen auch bereits geschafft: Sie haben ihre A-Levels, die Abschlussprüfungen der Schule, mit Bravour gemeistert und sich somit für das Auswahlverfahren von Oxbridge qualifiziert. Nun heißt es büffeln, bis die Köpfe rauchen, denn wer zur Elite zählen möchte, der muss hart dafür arbeiten. Zusammen mit ihrem Lehrer, dem kurz vor der Pensionierung stehenden Hector (Richard Griffiths), beginnen die acht mit ihrer Prüfungsvorbereitung. Doch Hectors unorthodoxe Lehrmethoden und sein Hang zum Zitieren von Literatur scheinen dem ehrgeizigen Direktor der Schule (Clive Merison) nicht gut genug. Schließlich steht hierbei auch der Ruf seines Instituts auf dem Spiel, denn je mehr seiner Schüler in den Eliteuniversitäten aufgenommen werden, desto mehr Ansehen gewinnt die Cutler’s Grammar School. Kurzherhand engagiert er einen neuen Lehrer, den jungen Oxford-Absolventen Tom Irwin (Stephen Campbell Moore), der nun einige von Hectors Stunden übernimmt. Ganz zum Missfallen der acht angehenden Studenten, die mit der Strenge und der Einstellung des Neulings ganz und gar nicht zurecht kommen. Doch ziemlich schnell müssen die Schüler feststellen, dass in dem Spruch: „Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“ viel Wahres steckt...

    Ein unkonventioneller Lehrer und eine Gruppe von Schülern, die ihm zu Füßen liegen. Das klingt spätestens seit Der Club der toten Dichter bekannt und fast so ähnlich läuft auch die Story in „Die History Boys“. Doch wo Robin Williams und Ethan Hawke zwischen dem dramatischem Geflecht noch flotte Sprüche schmetterten, wird hier hohe englische Literatur zitiert. Und das fast ausnahmslos am Stück. Wer nun leider nicht mit einem Anglistik- und Literaturwissenschaftsstudium gesegnet ist, der wird mit den meisten Autoren und ihren Werken nicht viel anzufangen wissen. Wirklich schade, zumal diese Zitate ein Dreh- und Angelpunkt des Films darstellen, die wohl nur Muttersprachler verstehen werden. Womit auch schon einer der Hauptkritikpunkte angesprochen wird: die Dialoge. Kaum ein Wortwechsel der so oder ähnlich nicht bereits bei „Der Club der toten Dichter“ zu hören war. Schade, denn der Stoff hätte sicher einfallsreichere Dialoge hergegeben.

    So hangelt sich „Die History Boys“ von Zitat zu Zitat, gespickt mit einigen Liedern (immerhin ist das Stück im Original ja schließlich ein Musical), die allerdings eher lächerlich wirken, als zur Story beizutragen. Zwar kann die Schülertruppe auch hin- und wieder einige Lacher auf sich verbuchen, doch zieht sich die Handlung im Großen und Ganzen wie zäher Kaugummi. Auf Regieseite tut sich ebenfalls nichts Neues. Bis auf eine gewöhnungsbedürftige, recht lebhafte Kameraführung, bleibt Nicholas Hytner 109 Minuten lang einem eher unspektakulären Stil treu.

    Einzig und allein die schauspielerische Größe eines Richard Griffiths (Stage Beauty, Harry Potter und die Kammer des Schreckens, Sleepy Hollow) ist es zu verdanken, dass „Die History Boys“ auch über 109 Minuten nicht gänzlich enttäuscht. Der für seine Nebenrollen bekannt gewordene Brite überzeugt als unterdrückt homosexueller Lehrer auf voller Linie und weiß zu begeistern. Neben Griffiths geht eine achtköpfige, eher unbekannte Schauspielriege als Elite-Klasse an den Start. Fast alle der acht Schauspieler standen bereits in der Uraufführung des Stücks auf der Bühne und übernahmen nun auch auf der Leinwand ihren Part. Diese Erfahrung sieht man ihnen wahrlich an, denn ihre Rollen wirken wie aus dem Leben gegriffen. Auch hier wird einem große Schauspielkunst geboten.

    Abgesehen von der guten Besetzung bleibt „Die History Boys“ leider ziemlich unspektakulär, langweilt mehr, als dass er unterhält. Weder große neue Ideen, noch bahnbrechende Dialoge werden geboten. Vielleicht ist der Film für den englischsprachigen Raum interessanter, denn wer versteht hierzulande die Tücken des britischen Schulsystems, kennt sämtliche Standardlektüre an britischen Schulen und weiß von dem gleichnamigen Musical zum Film. Wer also ein gutes Klassenzimmer-Drama sehen möchte, der sollte bei Robin Williams und „Der Club der toten Dichter“ bleiben.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top