Wenn eine alberne Komödie versehentlich die Zukunft voraus sagt...
Kaum ein Film war seiner Zeit so voraus, wie „Idiocrazy“ von 2006. Dabei war das Projekt quasi ein Himmelfahrtskommando in der Filmbranche. „Beavis and Butt-Head“-Erfinder Mike Judge hatte bereits mit seinem Film „Alles Routine“ (1999) einen Flop eingefahren, der aber später von vielen gefeiert wurde. Auch „Idiocrazy“ war auf den ersten Blick eine Katastrophe: Der Dreh war scheinbar die Hölle, das Drehbuch wurde mehrmals umgeschrieben, das Budget zu gering und das Vertrauen vom Studio 20th Century Fox offenbar noch geringer. Der Film erhielt nahezu kein Marketing, lief nur in weniger als 200 Kinos in den USA und wurde hier in Deutschland direkt auf DVD veröffentlicht. Klingt nach einem Müllfilm… Und doch ist „Idiocrazy“ schnell zu einem modernen Kultklassiker geworden, weil die ganze Idee hinter dem Werk scheinbar sich so erschreckend schnell bewahrheitet hat. Spätestens beim zehnjährigen Jubiläum (2016) als Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, war klar, dass „Idiocrazy“ mehr als nur dumme Satire ist. Und im Jahre 2024 denken sich sicher viele (mich eingeschlossen), dass die Menschheit kurz davor steht so zu werden, wie die Figuren im Film. Wer hätte das auch nur erahnen können, dass eine kleine Komödie von 2006 vom Macher von „Beavis and Butt-Head“ viele Jahre später so aktuell ist?
Ok, doch was kann „Idiocrazy“ neben seiner Gesellschaftskritik denn sonst noch? Ist der Film auch auf anderen Ebenen gut? Finden wir es heraus!
Joe Bauer ist der durchschnittlichste Mensch, den es gibt. Deswegen wird er für ein Projekt vorgeschlagen, bei dem Menschen in eine Art Winterschlaf gelegt werden. So sollen sie über viele Jahrhunderte sogar überleben können. Das Experiment soll ein Jahr dauern, doch durch einen Unfall läuft das Ganze schief und Joe wacht erst 500 Jahre später auf. Und leider ist die Zukunft nicht so rosig und weiter entwickelt, wie Joe sich das vielleicht gedacht hat…
„Idiocrazy“ ist eine derbe Komödie, die auf vielen Ebenen sehr plump agiert und auch viele billige Storyelemente beinhaltet. Hier liegt tatsächlich ein großer Schwachpunkt des Films, denn auch wenn die simple Handlung zur Thematik des Films passt, so ist die Umsetzung doch etwas mager. Man merkt, dass das Drehbuch mehrmals bearbeitet wurde und auch dass hier und da ganz klar das Budget gefehlt hat. Dabei hat der Film wirklich tolle Ideen, die mit etwas mehr Hingabe und Finanzierung zu einem kleinen Meisterwerk hätten werden können.
Der stärkste Aspekt von „Idiocrazy“ ist und bleibt aber die Satire. Die Menschen in der Zukunft sind so dumm, dass sie es nicht mal mehr schaffen ihre Felder ordentlich zu bewässern, was später auch zu einem Hauptelement in der Geschichte wird. Der Präsident ist ein Wrestling- und Pornostar und damit gar nicht mehr so weit weg von aktuellen Vertretern in der Politik. So witzig viele der Gags sind, so erschreckend und gruselig ist es, wenn man die unheimlichen Parallelen zur heutigen Zeit sieht. „Idiocrazy“ wirkt im Jahre 2024 längst nicht mehr so übertrieben, wie damals zum Release!
Allein dafür lohnt sich der Film, denn in jeder Szene wird ein neuer Gag präsentiert. Viele Witze erkennt man auch gar nicht auf den ersten Blick und sind im Hintergrund versteckt, was ein wiederholtes Anschauen umso spaßiger macht (vor allem, da der Film auch nur entspannte 84 Minuten lang ist).
Schauspielerisch hat man das Gefühl, dass jeder Darsteller das Ganze mit einem Augenzwinkern spielt, was aber auch erstaunlicherweise sehr gut passt bei diesem Film. Luke Wilson passt sehr gut in die Rolle des Durchschnittstyp Joe und Maya Rudolph (die hier noch am Anfang ihrer Karriere stand) ist ebenfalls charmant.
Visuell ist „Idiocrazy“ teils sehr gut geraten, da die Zukunft sehr schön abgeranzt aussieht, auf der anderen Seite sind viele VFX-Effekte aus heutiger Sicht eher schwach. Aber bei einem Film dieser Art verzeih ich das.
Der Soundtrack ist typisch für Komödien der 2000er: Er ist da und nach dem Schauen sofort wieder vergessen. Einziges Highlight waren die hunderten E-Gitarren-Spieler in der Arena, die simultan abgerockt haben.
Fazit: „Idiocrazy“ hätte das Potenzial zu einem Meisterwerk gehabt, aber viele schwierige Umstände haben das leider verhindert. Und dennoch… Der Film hat sich wunderbar gehalten und ist (leider) aktueller den je. Zeitgleich ist er wirklich witzig und dient aus heutiger Sicht sicherlich als gute Grundlage für Gesellschafts-bezogene Analysen. „Idiocrazy“ ist ein ungeschliffener Diamant in der Welt der Komödien und könnte in Zukunft vielleicht noch aktueller werden… Wollen wir hoffen, dass das Ganze doch nur eine dämliche Filmidee bleibt!