Unberechenbare Studiobosse, Zensurprobleme und die Extravaganzen überbezahlter Schauspieler garnierten 1992 Robert Altmans köstliche Hollywood-Satire The Player. Fünf Jahre später nahm Regisseur Barry Levinson mit Wag The Dog gar den ganzen verkommenen Medienapparat der USA aufs Korn. Nach dreijähriger Drehpause meldet sich Levinson nun mit der Komödie „Inside Hollywood“ aus der titelgebenden Traumfabrik – und folgt dabei dem Trend, Filme über Filme zu machen. Wer jedoch eine bitterböse Satire über die Glamourwelt der amerikanischen Filmindustrie im Stile Altmans erwartet, wird enttäuscht. „Inside Hollywood“ geizt mit unzensierten Einblicken in das Innere der Traumfabrik und gibt sich seltsam unkritisch. Letztendlich ist es vor allem dem starken Ensemble zu verdanken, dass „Inside Hollywood“ sein Publikum trotzdem ordentlich unterhält.
Die großen Erfolge des Filmproduzenten Ben (Robert De Niro) liegen längst hinter ihm: Die Beziehung mit seiner Noch-Ehefrau Kelly (Robin Wright Penn) liegt in Scherben, außerdem droht sein neuester Streifen „Fiercely“ mit Sean Penn in der Hauptrolle (der Arthouse-Star spielt sich selbst) als Megaflop zu enden. In einer Testvorführung hasst das Publikum vor allem das brutale Finale. Der Kommentar eines Zuschauers: „Find out who made this and kill him!“ Bens Studiochefin Lou Tarnow (Catherine Keener) ist unerbittlich: Sie beauftragt den Produzenten, das Ende umzuschneiden. Doch das ist kein leichtes Unterfangen, weil der hysterische Regisseur mit Rockstar-Attitüde, Jeremy Brunell (Michael Wincott), sich hartnäckig den Schnittauflagen des Studios widersetzt. Als hätte Ben damit nicht schon genug Ärger am Hals, sperrt sich auch noch einer seiner Klienten (herrlich abgedreht: Bruce Willis) vehement dagegen, seinen wuchernden Vollbart abzurasieren. Ein Problem, das Bens gesamte berufliche Karriere in Gefahr bringt…
Der Grundstein für „Inside Hollywood“ wurde bereits 2002 gelegt. Der Filmproduzent Art Linson, unter anderem verantwortlich für Klassiker wie The Untouchables und Fight Club, veröffentlichte damals seine Autobiografie unter dem Titel: „What Just Happened? Bitter Hollywood Tales From The Front Line“ – ein ehrlicher und überaus amüsanter Einblick in die Hinterzimmer der Filmbranche. Linson adaptierte daraufhin sein eigenes Buch. Das Ergebnis ist das Skript zu „Inside Hollywood“. Schnell fand sich mit Barry Levinson (Good Morning Vietnam, Rain Man, Sphere) ein Regisseur, der bereits 1997 mit der Politsatire „Wag The Dog“ sein Talent für verschrobene Charaktere und bissigen Humor unter Beweis gestellt hatte.
Im direkten Vergleich mit Wag The Dog wirkt Levinsons neue Produktion zu glatt gebügelt. „Inside Hollywood“ fehlt es an der für eine Satire so wichtigen Prise geistreichen Witzes. Oft wirken die Dialoge albern oder – noch schlimmer – belanglos. Der Zuschauer vermisst unweigerlich den scharfen Humor des „Vorgängers“. Schuld daran ist das Drehbuch von Art Linson: Während seine Autobiografie noch treffend die Hollywood-Branche aufs Korn nahm, entschied der Autor, seinem Skript einen fiktiven Protagonisten zu spendieren. Herausgekommen ist ein einfühlsames Porträt des Filmproduzenten Ben, der zwar ein typisches Produkt Hollywoods ist, aber trotzdem vielen Amerikanern ähnelt. Ein Mann, der verzweifelt versucht, seine zerbrechende Familie und einen chaotischen Job unter einen Hut zu bringen. Es macht viel Freude, Ben dabei zuzusehen, wie er versucht, sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Den Anspruch, eine Satire auf die Verrücktheiten der Traumfabrik zu sein, erfüllt „Inside Hollywood“ so aber nicht.
Im Endeffekt ist „Inside Hollywood“ einfach zu sehr „Hollywood“ und zu wenig „inside“. Die verschiedenen Handlungsebenen folgen allesamt einer linearen Dramaturgie, die schon früh ein Happy End erwarten lässt. Unerwartete Wendungen sind rar gesät. Auch optisch besticht „Inside Hollywood“ nicht gerade durch Originalität. Der Film wurde in klassischer Independent-Manier in nur 33 Tagen abgedreht und die sonnendurchfluteten L.A.-Bilder heben ihn nicht merklich von anderen Genre-Vertretern ab. Lediglich in den Freeway-Szenen, in denen Ben im Auto permanent an seinem Telefon klebt, blitzt die handwerkliche Finesse des Kameramanns Stéphane Fontaine (Talk To Me) auf. Mithilfe gekonnt platzierter Zeitraffer-Aufnahmen vermittelt der Franzose die Hektik und Energie auf den monströsen Straßenzügen des endlos pulsierenden Los Angeles. So bekommt das Publikum ein Gefühl für die Rastlosigkeit des Filmgeschäfts. Apropos Auto: Bei seinen Fahrten hört sich Ben den Soundtrack seiner neuen Produktion „Fiercely“ an. Ein geschickter Einfall, da Bens Autoradio so auf subtile Weise den Klangteppich für den Film stiftet. Kinofans dürfen sich außerdem auf ein Ratespiel freuen – der eine oder andere Song aus berühmten Filmklassikern ist nämlich auch dabei.
Für die Rolle des Produzenten kam für Levinson nur eine Person in Frage: Robert De Niro (Taxi Driver, Der Pate II, Heat). De Niro stand schon bei Wag The Dog für den Regisseur vor der Kamera. Ben, der jeden Morgen sorgfältig seine grauen Schläfen tönt, wirkt trotz Designer-Anzug und Luxusschlitten verbraucht und in dem unüberschaubaren Ellenbogen-Business irgendwie verloren. An De Niros Seite tummelt sich eine beachtliche Anzahl Hollywoodstars. Mut zur Selbstironie beweist Bruce Willis (The Sixth Sense, Sin City) als unverschämt arrogante und extrem bärtige Version seiner selbst. Ähnliches gilt für Sean Penn (Mystic River, 21 Gramm) in der Rolle des selbstgefälligen Stars von „Fiercely“. Die beiden sorgen für die wenigen Lacher des Films. Als vermeintlich visionärer Regisseur im Hippie-Outfit zaubert der ewige Nebendarsteller Michael Wincott (The Doors, Seraphim Falls) einen ergreifenden Wutanfall auf die Leinwand.
Fazit: „Inside Hollywood“ ist ein unterhaltsames Produzenten-Porträt, das nicht konsequent genug die Hand beißt, die es füttert. Als klassische Hollywood-Satire geht Barry Levinsons neuer Film daher nur schwer durch. Stattdessen überzeugt „Inside Hollywood“ durch einen hervorragenden Cast. Vor allem De Niro ist in Höchstform und die Kinokarte wert. Auf die bissigen Spitzen eines „Wag The Dog“ muss der Zuschauer aber verzichten.