Zwei grundverschiedene Menschen verlieben sich ineinander, müssen aber zunächst einmal alle möglichen Hindernisse niederreißen, die einer Beziehung im Wege stehen. Doch dann, oh Graus, ergibt sich plötzlich ein neues Problem, das die Liebe wieder zu entzweien droht. Und zum Schluss haben sich dann doch alle wieder ganz doll lieb und Leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. So oder so ähnlich ist jede romantische Komödie aufgebaut. Und Pierre Jolivets „Kann das Liebe sein?“ ist da keine Ausnahme. Im Gegenteil, der Film hält sich geradezu kadavertreu an dieses Schema. Die grundverschiedenen Typen sind ein kontollsüchtiger Geschäftsmann und eine freigeistige Künstlerin. Und auch im weiteren Verlauf der Geschichte kann man an wirklich jeder Szene die zugrunde liegende Systematik ablesen. Obwohl handwerklich solide inszeniert, kann man „Kann das Liebe sein?“ so kaum von Hollywoods 08/15-Komödienvertretern unterscheiden. Wäre da nicht Sandrine Bonnairs spezieller Charme, würde man wohl überhaupt nicht merken, dass der Film aus Frankreich stammt.
Der erfolgreiche Geschäftsmann Lucas (Vincent Lindon) hat trotz Reichtum, Geschmack und gutem Aussehen ein großes Problem – er ist ein absoluter Kontrollfreak. In seiner Wohnung ist alles elektronisch reguliert und die chinesischen Geschäftspartner werden mit modernster Technik ausspioniert. Als er sich in die hübsche Künstlerin Elsa (Sandrine Bonnaire) verguckt, ist so auch das Erste, was er tut, seinen leicht durchgeknallten Sicherheitschef Roland (Francois Berléand) auf die potentielle Geliebte anzusetzen. Die ersten Dates scheitern jedoch trotz Insiderinformationen an Armbanduhren, Katzenhaarallergien und einem übergewichtigen Sumoringer. Doch dann klappt es endlich, selbst eine klemmende Badezimmertür stellt für Lucas´ starke Schultern plötzlich kein größeres Problem mehr dar. Eitel Sonnenschein bestimmt am folgenden Tag das Leben der beiden Turteltäubchen. Doch es kommt, wie es kommen muss. Als Lucas Roland dazu anhält, Elsas Überwachung abzubrechen, bekommt diese Wind von der Sache. Und die Kameras in ihrer Wohnung gefallen ihr so gar nicht…
Trotz solider Inszenierung und einem insgesamt überzeugenden Cast können sich die positiven Seiten des Films im Endeffekt nie dauerhaft gegen das aus Komödienklischees zusammengeschusterte Skript durchsetzen. Die asiatischen Geschäftspartner, die das ein oder andere Culture-Clash-Element mit einbringen sollen, wurden schon in den deutschen Beziehungskomödien zur Hochzeit des Genres Mitte der 90er Jahre ausgiebig ausgelutscht. Es dauert lange, bis die Liebesgeschichte zwischen Elsa und Lucas selbst endlich in Fahrt kommt, kann dann aber zumindest in altbekannten Genrebahnen angemessen unterhalten. Wirkliches Komödienpotential ergibt sich so nur aus dem Überwachungsplot, aber auch hier zieht Regisseur Jolivet bei weitem nicht alle Register. Außer dass Elsa gerne Sushi ist, findet Lucas bei den Überwachungsaktionen überhaupt nichts Interessantes heraus, das meiste – von Elsas magersüchtigen Cousine bis hin zu ihren Problemen mit dem Kinderkriegen – hat gar überhaupt keine weitere Bedeutung für das Filmgeschehen. Ähnlich verhält es sich mit den anderen Subplots, sowohl Lucas´ Kampf um seinen Sohn als auch das Aufdecken einer firmeninternen Intrige interessieren nicht die Bohne, zerfasern lediglich die eigentliche Liebesgeschichte unnötig.
Sandrine Bonnaire („Die Frau des Leuchtturmwärters“, Der Hals der Giraffe) spielt in „Kann das Liebe sein?“ die charmant-schlagfertige, freigeistige Künstlerin Elsa. Eine eigentlich simple Rolle, aber gerade dieser Umstand macht eine Bewertung der schauspielerischen Leistung so schwer. Entweder man ist begeistert, weil sich Bonnaire einmal mehr brillant in ihrer Paraderolle präsentiert. Genauso gut kann sich aber auch ein klein wenig Enttäuschung breit machen, gerade weil Bonnaire nun wieder einmal in ihrer Paraderolle zu sehen ist, man so kaum eine neue Nuance an ihr entdecken wird. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Spiel von Vincent Lindon („Die Studentin“, Das Zauberflugzeug). Sicherlich gibt er den verliebten Geschäftsmann mit ausreichend Esprit, aber neu ist daran auch nichts. Auf jeden Fall hoch anrechnen muss man ihm aber, dass er die Kontrollfreak-Seiten seiner Figur glaubhaft verkörpert, ohne dabei jemals ins Lächerliche abzugleiten. Als gelungener Sidekick erweist sich Francois Berléand (Deep In The Woods, The Transporter, Geheime Staatsaffären). Seinen Seitenhieben auf Politiker, Geheimdienste und Umweltverbände sind die wenigen lauteren Lacher des Films zu verdanken.
Fazit: „Kann das Liebe sein?“ ist eine charmante, aber auch extremst seichte romantische Komödie, die weder langweilt noch begeistert, die zwar mit einem überzeugenden Darsteller-Duo auftrumpft, das jedoch auch nur einmal mehr das Übliche zeigt.