Angst vor Terrorismus ist ein wohl vor allem in den USA sehr weit verbreitetes Phänomen. Doch die Amerikaner wären keine solchen, wüssten sie nicht um Vermarktung und Kompensation solcher Ängste. Das Kino war und ist in gewisser Weise ein exzellenter Ort, um sich kurzfristig in Schockzustände zu versetzen, langfristig jedoch Ängste zu überwinden. „Typisch“ amerikanisch ist dabei ein Mittel: Wenn’s drauf ankommt, halten wir zusammen. Ich meine dies nicht einmal zynisch. Es ist was dran an dieser Methode. Und sie ist auch Ausgangspunkt des 1994 von Jan de Bont („Twister”, 1996; „Lara Croft Tomb Raider: Die Wiege des Lebens”, 2003) inszenierten Thrillers „Speed“, der alles hat, was ein knapp zweistündiger Film an Spannung haben sollte.
Howard Payne (Dennis Hopper) glaubt sich auf der sicheren Seite. Ein halbes Dutzend Leute in einem Fahrstuhl, den er steuert und an dem er eine komplizierte Bombe montiert hat, hängen irgendwo zwischen zwei Stockwerken fest. Payne verlangt ein paar Millionen Dollar Lösegeld. Kein Geld, und der Fahrstuhl ist einer ins Jenseits. Den beiden Bomben-Spezialisten der L.A.P.D Jack (Keanu Reeves) und Harry (Jeff Daniels) allerdings gelingt die Befreiung der Geiseln. Payne selbst scheint bei einer Explosion kurz danach ums Leben gekommen zu sein.
Denkste! Kurze Zeit Später jagt Payne einen Bus samt Fahrer hoch und meldet sich bei Jack telefonisch. Er verlangt dieses Mal 3,7 Mio. Dollar. Wofür? Payne hat einen Linienbus mit mehreren Bomben ausgestattet. Falls der Bus schneller als 50 Meilen fährt, werden die Bomben aktiviert, fährt er dann weniger als 50, gehen sie hoch. Payne hat den Bus, in dem sich ein knappes Dutzend Passagiere befinden, jederzeit im Visier. Jack gelingt es, in den fahrenden Bus zu gelangen, und schon steht er vor dem nächsten Problem: Ein bewaffneter Fahrgast, der offensichtlich Angst vor Festnahme hat, verletzt den Busfahrer. Annie Porter (Sandra Bullock), ein weiterer Fahrgast, setzt sich ans Steuer und muss zusehen, wie sie durch zum Teil dichten Verkehr die Geschwindigkeit auf über 50 mph hält.
Harry und sein Vorgesetzter Lt. McMahon (Joe Morton) müssen sich außerhalb der mobilen Zeitbombe überlegen, wie sie aus der brenzligen Situation herauskommen. Denn kein Fahrgast darf den Bus verlassen, sonst sprengt ihn Payne in die Luft ...
„Speed” macht Fahrt! Auch wenn der Film des Directors of Photography (u.a. „Die Hard”, 1988) und Regisseurs Jan de Bont alle bekannten Mittel aus Verfolgungsjagd-Movies reproduziert – es soll uns recht sein. Denn handwerklich ist dies alles bestens in Szene gesetzt. „Speed” hält kaum den Atem an. Ein gewöhnlicher Linienbus jagt über verkehrsreiche Straßen einer Großstadt, und man könnte sich fragen, ob es möglich ist, dass ein solcher Bus ein fehlendes Stück Straße mir nichts dir nichts überfliegen kann. Aber man fragt sich das nicht. Denn wie andere „Hochgeschwindigkeitsfilme” der besseren Art auch jagt uns die Crew in spannungsgeladener Atmosphäre davon – die Bombe im Kreuz (bzw. unter dem Bus) und die Schauspieler in bester Laune. Die Zeit von fast zwei Stunden vergeht wie im Fluge.
Keanu Reeves sehen wir in einer seiner besten Rolle. Er spielt einen Cop, der konzentriert bei der Sache ist, aber nichtsdestotrotz auch bei den Leuten, die da im Bus das Muffensausen kriegen angesichts der hochexplosiven Situation. Sandra Bullock als Frau von nebenan lenkt den Bus, als wenn es um ihr Leben gehe, und darum geht es ja schließlich auch. Dennis Hopper beweist einmal mehr, dass er den intelligenten, teils zynischen, teils ironischen psychopathischen Killer am besten spielen kann. Mrs. Porter und Officer Jack haben alle Hände voll zu tun, um die Fahrgäste bei Laune zu halten und nicht durchzudrehen. Draußen liefern Joe Morton und Jeff Daniels entsprechend solide schauspielerische Unterstützung, um die ganze Sache abzurunden – und um die Identität des skrupellosen Erpressers zu ermitteln, der sich zudem an Jack wegen der verlorenen Schlacht um den Fahrstuhl rächen will: „Die Hard” auf der Straße, im Bus, im Fahrstuhl und last but not least in einem Zug.
What else do you want?
„Speed” gehört zu jener Sorte selten guter Action-Movies, bei denen man in brenzligen Situationen die Hand neben einem greift und drückt, ständig auf den Tacho des Busses schaut und ab und an die Bewegungen der Fahrgäste simuliert. „You’re sitting in the bus, baby! Don’t worry, Keanu will save you!” Action am laufenden Meter, ein paar der berühmten Windungen und Wendungen und viel Erleichterung am Ende. Also, Speed!