Platz 7: Sam Rockwell in „Moon“ (2009)
Über die Doppelrolle von Sam Rockwell in Duncan Jones' kleiner Sci-Fi-Perle „Moon“ zu schwärmen, bedeutet gleichzeitig, den großen Twist des Films zu spoilern. Denn der von Rockwell gespielte Astronaut Sam Bell muss im Verlauf der Geschichte erkennen, dass er doch nicht der einzige Mensch auf dem Mond ist, sondern nach seinem Ableben von einem Klon ersetzt werden wird. Gelingen kann so ein nahezu vollständig auf eine Person ausgerichteter Film natürlich nur mit dem passenden Darsteller: Rockwell war von Beginn als Hauptdarsteller eingeplant und bekam von Regisseur Jones und Autor Nathan Parker die Rolle(n) auf den Leib geschneidert – und das hat sich ausgezahlt! Mit seinem äußerst facettenreichen, glaubwürdigen und intensiven Spiel erinnert er uns einmal mehr an sein oft unter Wert verkauftes Talent und trägt den Film mühelos im Alleingang!
Platz 6: Alec Guinness in „Adel verpflichtet“ (1949)
Sage und schreibe acht (!) Rollen übernahm Schauspiellegende Alec Guinness („Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung“) in der schwarzhumorigen Ealing-Komödie „Adel verpflichtet“, eine der filmhistorisch bekanntesten und frühesten Produktionen, in denen diese Art multiples Rollenspiel zum Tragen kommt. Ursprünglich sollte Guinness eigentlich „nur“ vier Mitglieder der Familie D'Ascoyne spielen, doch nachdem er das Drehbuch las und nach der ersten Seite vor Lachen die Lektüre vorzeitig beendete, soll er direkt Regisseur Robert Hamer ein Telegramm geschickt haben, in dem er fragte: „Warum nur vier Rollen? Warum nicht acht?“ Übermut tut zwar selten gut, doch in diesem Fall war es genau das Richtige: Denn wir verdanken Guinness acht urkomische, herrlich überzeichnete Figuren ganz unterschiedlicher Art (neben einem Lord und einem Admiral spielte er immerhin auch eine richtige Lady), in denen der Brite sein Talent für seine Verwandlungskünste voll und ganz auskosten darf.
Platz 5: Nicolas Cage in „Adaption“ (2002)
Egal in wie vielen mittelprächtigen Filmen man Nicolas Cage in den vergangenen Jahren zu sehen bekam, eines steht dennoch ohne Zweifel fest: Cage gehört nach wie vor zu den ganz Großen Hollywoods! Auch in Spike Jonzes nach einem Drehbuch von Charlie Kaufman („Being John Malkovich“) inszeniertem Drama „Adaption“ zeigte sich Cage von seiner besten Seite – und das gleich zwei Mal! Er spielt nicht nur den neurotischen Charlie Kaufman selbst, sondern auch den arbeitslosen (und frei erfundenen) Zwillingsbruder des Drehbuchautors. Cage ist grandios in seiner Doppelrolle – sowohl als aus der Welt gefallener Melancholiker als auch als naives Enfant Terrible. Dazu ist sein Doppelspiel so glaubhaft, dass man nach kurzer Zeit wirklich der Überzeugung ist, zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten vor sich zu haben. Eine zurecht oscarnominierte Leistung!
Platz 4: Deborah Kerr in „Leben und Sterben des Colonel Blimp“ (1943)
Das erste Bild, was einem durch den Kopf geht, wenn man an Deborah Kerr denkt, ist wohl die berühmte Kussszene in „Verdammt in alle Ewigkeit“, in der sie und Burt Lancaster am Strand von Hawaii von den Wellen umspült werden. Dass Kerr allerdings noch weitaus mehr als die umwerfende Schönheit sein kann, zeigte sie der Welt bereits zehn Jahre zuvor in gleich drei spannenden Rollen. Für Michael Powells und Emeric Pressburgers Kriegsdrama „Leben und Sterben des Colonel Blimp“ spielte die damals gerade mal 22-jährige Kerr gleich alle drei Lebensgefährtinnen des englischen Lieutenant Clive Wynn-Candy (Roger Livesey), die er zwischen 1902 und dem Zweiten Weltkrieg kennenlernt. Kerrs Meisterleistung versinnbildlicht das zentrale Thema der Liebe und deren Verlust im Strom der Zeit auf einnehmende Weise. Und natürlich ist Kerr so unwiderstehlich, dass man sich auch als Zuschauer in ihre drei Figuren verlieben muss.
Platz 3: Jeremy Irons in „Die Unzertrennlichen“ (1988)
In Barbet Schroeders „Die Affäre der Sunny von B.“ lieferte Jeremy Irons vielleicht eine seiner besten Leistungen als Schauspieler ab. Der Oscar ist absolut verdient. Doch er hätte ihn schon zwei Jahre vorher bekommen müssen (als er nicht einmal nominiert war) für seine Rollen in David Cronenbergs verstörendem Body-Horror-Kammerspiel „Die Unzertrennlichen“. Dabei war Irons nur dritte Wahl. Robert De Niro verzichtete, weil es ihm unangenehm war, einen Frauenarzt zu spielen, und William Hurt fand es laut Irons schon schwer genug, eine Rolle zu spielen, weshalb das Drehbuch schließlich bei dem Briten landete. Zum Glück! Irons erdet die skurrile Prämisse der Geschichte mit seiner glaubwürdigen und einnehmenden Performance der Zwillinge. Skurril ist übrigens auch der ursprünglich Produktionsansatz des Films: Irons bekam eigentlich zwei separate Umkleidekabinen, um auch hinter der Kamera in seinen verschiedenen Rollen zu bleiben. Doch weil er die Verwirrung unterstreichen wollte, die ein Zwillingsdasein auch im wahren Leben stiften kann, schmiss er kurzerhand die Kostüme und Requisiten seiner beiden Umkleiden zusammen, um die Zwillinge noch unzertrennlicher zu machen!
Platz 2: Charlie Chaplin in „Der große Diktator“ (1940)
Eine der wohl besten Gelegenheiten, um eine Doppelrolle in einem Film unterzubringen, ist das beliebte Szenario mit den ausgewechselten Identitäten. Das filmhistorisch wohl berühmteste und beste Beispiel für diese Prämisse ist der 1940 gedrehte Kinomeilenstein „Der große Diktator“ von und mit dem großen Charlie Chaplin. Chaplins Kriegssatire ist nicht nur aufgrund des Mutes des Filmemachers legendär: Der brachte seine Abrechnung mit Adolf Hitler und Nazi-Deutschland auf der Höhe des Zweiten Weltkrieges trotz Beschwerden seitens der auf Beschwichtigung pochenden Regierung Großbritanniens in die Kinos. Heute ist es aber vor allem Chaplins phänomenale Doppel-Performance, die ins Auge sticht: als Hitler-Karikatur Adenoid Hynkel und als jüdischer Friseur, der eine Variation seines ikonischen Tramps ist. Die Stärke seines Spiels zeigt sich besonders in der berühmten Szene, in der Hynkel mit der Weltkugel tanzt. Nicht nur verbildlicht Chaplin hier Hitlers Wahnsinn, er gewährt zugleich einen bildgewaltigen Einblick in die machtbesessene Persönlichkeit des Diktators. Chaplins bewegende Rede am Ende des Films, in der er als falscher Führer an unsere Menschlichkeit und den Weltfrieden appelliert, ist daneben auch heute noch genauso relevant und bedeutungsvoll wie vor 75 Jahren!
Platz 1: Peter Sellers in „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ (1964)
Wohl kaum ein anderer Schauspieler spielte so oft und so brillant zwei oder mehr unterschiedliche Rollen in ein und demselben Film wie der begnadete Peter Sellers. Nachdem er 1959 bereits in der Komödie „Die Maus, die brüllte“ in gleich drei urkomische Rollen schlüpfte, wiederholte Sellers dies fünf Jahre später für Stanley Kubricks bitterböse Kriegssatire „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“, die für uns das beste Werk der Regielegende ist. Was Sellers Darbietung der unterschiedlichen Figuren so bemerkenswert macht, ist die subtile Weise, in der er für jede von ihnen eine ganz andere Art von Humor entwirft: trockener, steifer Witz der feinen englischen Art für Captain Mandrake, jämmerliche Gags zum Fremdschämen für den völlig machtlosen U.S.-Präsident Muffley und brachiale, urkomische Slapstick für den verrückten Nazi-Doktor Seltsam. Gerade bei Sellers einmaliger Verkörperung der Titelfigur ertappt man sich immer wieder dabei, wie einem das Lachen ob der vollkommen weltfremden und abscheulichen Machenschaften des Doktors im Halse stecken bleibt. Allein für diese Meisterleistung hätte Sellers seinerzeit den Oscar als Bester Hauptdarsteller, für den er zumindest von der Academy nominiert wurde, voll und ganz verdient! Ursprünglich sollte Sellers übrigens auch die Figur des Major „King“ Kong spielen, doch aufgrund einer (möglicherweise nur vorgetäuschten) Beinverletzung ging jene schließlich an Slim Pickens.