Obwohl der Autorenfilmer Terrence Malick bis 2011 nur einen Kurzfilm und fünf Spielfilme inszenierte, gilt er als einer der größten Kino-Poeten des amerikanischen Kinos. Immer wieder verschwand der medienscheue Filmemacher zwischen seinen Projekten von der Bildfläche, so dass sich eine regelrechte Mythenbildung um seine Person entwickelte. Aber auch ohne diese Begleitmusik sind Malicks Filme – vom Debüt "Badlands" über das meditative Kriegsdrama "Der schmale Grat" bis zum philosophischen Rundumschlag "The Tree of Life" – außergewöhnliche Werke eines wahrhaft unvergleichlichen Filmkünstlers.
Making Malick
Terrence Malick verbrachte seine Kindheit auf einer Farm in Texas, bevor er in Harvard Philosophie studierte. Ein Stipendium führte Malick nach Oxford – eine Doktorarbeit über Heidegger und Wittgenstein vollendete er nicht. In New York lebte Malick zunächst als freier Journalist, bis ein Filmkurs sein Interesse am Kino weckte. Sein folgendes Filmstudium am amerikanischen Filminstitut AFI, das der Texaner 1962 in Los Angeles begann, finanzierte er mit der Überarbeitung von Drehbüchern. Seinen Abschluss-Kurzfilm "Lanton Mills" mit Warren Oates und Harry Dean Stanton stellte Malick 1969 fertig, die siebzehnminütige Komödie über zwei Cowboys, die eine Bank ausrauben wollen, ist bis heute so gut wie unbekannt geblieben. 1972 schrieb Malick gemeinsam mit John Gay das Skript für den Western "Zwei glücklose Cowboys" von Stuart Rosenberg, in dem Paul Newman und Lee Marvin auftraten, außerdem war er ungenannter Mitarbeitern an einigen weiteren Drehbüchern, darunter auch "Dirty Harry", Don Siegels Auftakt der Erfolgsreihe mit Clint Eastwood.
Badlands
Für seinen Debütfilm "Badlands" aus dem Jahr 1973 gewann Terrence Malick auf eigene Faust mehrere Kleininvestoren, er beschränkte sich auf ein schmales Budget, um seine Unabhängigkeit zu wahren. Auch das Drehbuch zu dem von Arthur Penns Gangsterballade "Bonnie and Clyde" sowie von wahren Ereignissen in Wyoming inspirierten Roadmovie schrieb Malick selbst. Martin Sheen und Sissy Spacek spielen ein Liebespaar auf der Flucht: Nachdem Kit (Sheen) den Vater (Warren Oates) seiner geliebten Holly (Spacek) erschossen hat, flieht das Paar zunehmend ziellos durch die amerikanische Landschaft. Die zeitgenössische Kritik war gespalten: Während die einen in "Badlands" einen grandiosen und kraftvollen Debütfilm sahen, zeigten sich andere von der scheinbaren Emotionslosigkeit der Darstellung irritiert. In der Tat verzichtet Malick auf offensichtliche Bewertungen und auf eine klare Einordnung der Ereignisse, zeigt aber bereits ein besonderes Talent für Zwischentöne und Stimmungen. Inmitten des Aufbruchs der jungen Wilden des New Hollywood legte er einen eher unaufgeregten Film vor und zeigte auch damit seine Unabhängigkeit. Mittlerweile gilt "Badlands" – auch wegen der grandiosen Kameraarbeit – längst als Klassiker des amerikanischen Kinos.
In der Glut des Südens
Nach seinem Debütfilm zog sich Terrence Malick für vier Jahre aus dem Filmgeschäft zurück – es sollte seine vorerst kürzeste Pause zwischen zwei Filmen bleiben. Auf "Badlands" folgte 1978 das Farmer-Epos "In der Glut des Südens" mit Richard Gere und Sam Shepard. Die Liebesgeschichte findet auf den Feldern von Texas statt, also in einer vertrauten Umgebung für den Regisseur und Drehbuchautor Malick. Die Geschichte von "In der Glut des Südens" ist äußerlich wenig spektakulär, beeindruckend ist vor allem die hervorragende inszenatorische Umsetzung. Malick drehte die meisten Szenen ohne künstliche Beleuchtung während der Morgen- und Abenddämmerung, weswegen sich die Drehzeit deutlich verlängerte. Als Anerkennung gab es 1979 einen Oscar für den Kameramann Néstor Almendros und für Malick selbst eine Auszeichnung für die Beste Regie bei den Filmfestspielen in Cannes. Der Filmemacher hätte seinen nächsten Film sicher leicht finanzieren können, doch nach dem Erfolg mit "In der Glut des Südens" verschwand Malick von der Bildfläche – auch weil das Studio Paramount ihm in den Endschnitt reingeredet hatte.
Der schmale Grat
Erst zwanzig Jahre später lief 1998 mit "Der schmale Grat" der dritte Film von Terrence Malick im Kino. In der Zwischenzeit war der Regisseur komplett untergetaucht: Der Legende nach sprach er selbst mit Bekannten nur über Münzfernsprecher, damit sein Aufenthaltsort geheim blieb. Malick gab auch keine Interviews, nicht einmal ein aktuelles Foto existierte – es ist wohl auch dieser Zeit zu verdanken, dass sich um seine Person etliche Legenden ranken und er immer wieder mit dem ebenfalls scheuen Stanley Kubrick verglichen wird – eine weitere Gemeinsamkeit besteht in dem häufig gehörten Befund einer vermeintlichen emotionalen Distanz zu ihren Figuren, was bei Malick allerdings mehr noch als beim "2001 - Odyssee im Weltraum"-Regisseur eine sehr verengte Sichtweise ist. Und so ist besonders das auf dem Roman von James Jones basierende Kriegsdrama "Der schmale Grat" ein berührendes Kinoerlebnis. Etliche Stars wie Sean Penn, Adrien Brody, Jim Caviezel, Nick Nolte oder John Cusack treten in dem auf der Insel Guadalcanal während des Zweiten Weltkriegs angesiedelten spirituellen Drama auf – in kleineren Rollen sind dazu unter anderem George Clooney und John Travolta zu sehen. Ein Star-Vehikel ist "Der schmale Grat" mit seiner kaleidoskopartig aufgefächerten Erzählung jedoch keineswegs und auch keine heroischer Film wie Steven Spielbergs "Der Soldat James Ryan", der im selben Jahr startete. Wie Malicks frühere Filme funktioniert "Der schmale Grat" vor allem über die Bilder und Stimmungen; besonders die Szenen, in denen die Kamera auf der zerstörten Natur verharrt, bleiben im Gedächtnis. Auf der Berlinale gab es für "Der schmale Grat" den Goldenen Bären, während die sieben Oscar-Nominierungen keine Trophäe einbrachten.
The New World
Nach einer erneuten Regie-Pause von sieben Jahren kehrte Terrence Malick im Jahr 2005 mit "The New World" auf die Leinwand zurück. Der vom Pocahontas-Mythos inspirierte Film spielen Colin Farrell als britischen Forscher John Smith und Q'orianka Kilcher als Pocahontas ein ungewöhnliches Liebespaar, während Christian Bale als Siedler John Rolfe Pocahontas als seine Frau mit nach England nimmt. Der teilweise im 65-mm-Format gedrehte Film ist wie gewohnt bildgewaltig. Mit sparsamen Dialogen und einem Off-Kommentar, den Malick hier wie in jedem seiner bisherigen Filme einsetzte, entwarf Malick einen eleganten Abenteuerfilm.
Mit dem surreal angehauchten Drama "The Tree of Life", in dem Brad Pitt und Sean Penn mitwirken, ist Terrence Malick im Jahr 2011 im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes vertreten. Schon 2012 soll ein noch unbetiteltes Drama mit Ben Affleck, Javier Bardem und Rachel Weisz folgen.