+++ Meinung +++
2008 haben „Iron Man“ und speziell Robert Downey Jr. mit seiner grandios-schmierigen Performance als zunächst noch ziemlich arschlochhafter Tony Stark das Superheldenkino revolutioniert. Das hat einfach unglaublich viel Spaß gemacht – und die Andeutungen, dass da noch viel, viel mehr kommen könnte, fand selbst ich als Gar-nicht-Comic-Fan unheimlich aufregend. Heute ist das natürlich längst gang und gäbe, aber „damals“ war das bei Produktionen dieser Größenordnung noch etwas vollkommen Neues.
Wohl gerade deshalb bin ich zwei Jahre später auch in eine Falle getappt, die man als Filmkritiker möglichst vermeiden sollte: Ich wollte unbedingt, dass „Iron Man 2“ super wird – und habe mich dann schon beim ersten Schauen unbewusst so sehr auf die Elemente konzentriert, die gut funktionieren, etwa Downeys erneut tolle Performance oder der erste Auftritt von Scarlett Johansson als Black Widow, dass am Ende in der offiziellen FILMSTARTS-Kritik starke 4 Sterne mit dem folgenden Fazit dabei herausgekommen sind:
„Es wäre vermessen gewesen zu erwarten, dass Jon Favreau im zweiten Anlauf noch einmal ein ebenso fulminanter Wurf wie ‚Iron Man‘ gelingen würde. Trotzdem ist ‚Iron Man 2‘ näher an den grandiosen Vorgänger herangekommen, als es viele Skeptiker vorab befürchtet hatten.“
Iron Man 2Überfrachtet und einfach nicht rund
Beim zweiten Sehen habe ich mich dann aber doch ganz schön erschreckt: Klar, die gelungenen Elemente sind immer noch super und machen auch Spaß – aber insgesamt wirkt „Iron Man 2“ einfach nicht wie aus einem Guss. Stattdessen fühlt er sich über weite Strecken an, als hätten die Verantwortlichen hier überhastet alle möglichen Themen, Figuren und Erzählstränge zusammengeschmissen und am Ende nur zu einer gerade noch kohärenten Handlung zurechtgebogen. Ganz nach dem Handwerker-Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht!
Das fällt gerade dann negativ auf, wenn man (wie mein Kollege Tobias Mayer vor einziger Zeit) alle Filme des MCU mehr oder weniger am Stück durchschaut. Klar gibt es da mehr und weniger gelungene Filme – aber die Reihe wird durchaus zu Recht immer wieder dafür gelobt, wie rund und stimmig MCU-Mastermind Kevin Feige und seine Mitstreiter*innen das Avengers-Universums über so viele verschiedene Blockbuster hinweg aufgebaut haben. Aber „Iron Man 2“ sollte man explizit aus diesem Lob ausnehmen – da wurden viele Fehler gemacht, aus denen die Verantwortlichen dann aber zum Glück sofort gelernt haben.
Sternewertung herabgesetzt – aber was ist die "richtige" Wertung?
In der Regel ändern wir bei alten Kritiken weder die Texte noch die Wertungen. Selbst wenn etwas inzwischen überholt ist oder wir unsere Meinung zu einem Film ändern, sehen wir die Kritiken als Zeitdokumente, die eben den damaligen Stand reflektieren und nicht nachträglich verfälscht werden sollten. Es ist doch auch irgendwie auch ganz amüsant, in einer im Jahr 2003 erschienen Kritik von einer „anhaltenden Superheldenschwemme“ zu lesen.
Speziell bei den Marvel-Filmen haben wir 2018 aber eine Ausnahme gemacht und mit einem Schlag eine ganze Reihe von Wertungen angepasst, um auch einfach eine gewisse innere Kohärenz innerhalb des Rankings der MCU-Blockbuster und sonstigen Marvel-Filme herzustellen. Inzwischen sieht unsere Rangliste nun so aus:
In diesem Zug wurde auch die Wertung von „Iron Man 2“ von 4 auf 3,5 Sterne reduziert. Persönlich liege ich aber inzwischen wohl sogar noch tiefer – eher bei 3 Sternen, wenn ich mich an die unterhaltsamen Momente erinnere, oder gar bei 2,5 Sternen, wenn mir wieder die unter all der Last der Überfrachtung auseinanderbrechende Handlung in den Sinn kommt. Vielleicht sollte ich ihn mir also doch noch ein weiteres Mal angucken, um mir eine endgültige Meinung zu bilden? Nee, die abermalige Enttäuschung wäre es mir einfach nicht wert…
PS: Dazu, dass ich den bei vielen durchaus umstrittenen „Iron Man 3“ bis heute ganz toll finde, stehe ich übrigens weiterhin. Daran hat auch ein Wiedersehen absolut gar nichts geändert ;-)
Warum "Avengers: Endgame" ein gigantisches Problem für "Avengers 5" istDies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits anlässlich einer früheren TV-Ausstrahlung auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.