Es gibt wohl kaum eine andere Fanbase, die Ungenauigkeiten innerhalb der Film- und Serienkontinuität so haarklein auseinandernimmt wie die von „Star Wars“. Was wurden etwa schon Debatten darüber geführt, weshalb Obi-Wan den Droiden R2D2 in „Episode 4 - Eine neue Hoffnung“ scheinbar nicht wiedererkennt, obwohl dieser doch einst Anakin Skywalker gehörte und auch Obi-Wan regelmäßig mit ihm zu tun hatte? Die aktuelle Disney+-Serie „Obi-Wan Kenobi“ schien bis vor Kurzem noch ein weiteres Logikloch aufzureißen.
Denn in „Star Wars: Episode 4“ sagt Darth Vader: „Endlich begegnen wir uns wieder. Der Kreis schließt sich. Als ich euch verließ, war ich der Schüler. Jetzt bin ich der Meister.“ Diese Aussage suggerierte, dass Obi-Wan und Anakin sich zwischen „Episode 3“ und „Episode 4“ nie gesehen hatten.
Doch in „Obi-Wan Kenobi“ Folge 3 kam es zum vorzeitigen Rematch und Obi-Wan war seinem ehemaligen Schüler so dermaßen unterlegen, dass das obige Zitat von Vader überhaupt keinen Sinn mehr ergab.
» "Obi-Wan Kenobi" bei Disney+*
Ähnliche Kontinuitäts-Probleme gibt es aufgrund von „Obi-Wan Kenobi“ mit mehreren Zitaten aus der Original-Trilogie, weshalb sich Joby Harold, der Autor der Disney-Plus-Serie zuletzt genötigt sah, die Fans in einem Interview mit Entertainment Weekly um Geduld zu bitten:
„Wir freuen uns darauf, wenn die Serie in ihrer Gesamtheit ausgestrahlt wurde, sodass dann hoffentlich alle Fragen vollständig beantwortet sind.“ Und siehe da: Wir mussten nicht mal bis zum Staffelfinale warten, damit das Obi-Wan-vs.-Vader-Problem gelöst wird.
So geschickt stopft Folge 5 das Logikloch
Folge 5 von „Obi-Wan Kenobi“ nutzt eine elegante Metapher, um die Beziehung zwischen Obi-Wan (Ewan McGregor) und Anakin (Hayden Christensen) bzw. Darth Vader zu analysieren.
Über die gesamte Folge hinweg sehen wir kleine Ausschnitte aus einem Übungskampf zwischen Obi-Wan und Anakin, den die beiden miteinander geführt hatten, als diese im buchstäblichen Sinne Meister und Schüler waren. Damals versuchte der Padawan seinen Lehrer mit aller Macht in die Knie zu zwingen. Doch er ließ sich von seinem eigenen Ehrgeiz blenden und wurde von Obi-Wans Gelassenheit spielend leicht geschlagen.
Parallel dazu folgen wir in „Obi-Wan Kenobi“ dem Angriff des Imperiums auf den Stützpunkt des Pfades in Jabiim. Doch an den Vorläufer*innen der Rebellen ist Darth Vader weniger interessiert als an seinem ehemaligen Jedi-Meister. Von seinen Emotionen getrieben, zerstört er ohne zu Zögern das Raumschiff, in dem er Obi-Wan vermutet. Erneut ist ihm sein Meister einen Schritt voraus. Er wusste genau, wie Vader agieren würde, ließ ein leeres Raumschiff als Ablenkung starten, um dann mit einem zweiten zu entkommen.
"Obi-Wan Kenobi": Folge 5 liefert endlich den Moment, der uns "Star Wars"-Fans seit Monaten versprochen wurde!Selbst zehn Jahre nach der Order 66 und der Transformation des jungen Skywalker in eine Cyborg-Killermaschine hat Anakin seine Lektion also noch immer nicht gelernt. Vader ist und bleibt der Schüler und Obi-Wan der Meister. Das ist die Kernaussage der gesamten Folge 5.
Mit dieser Interpretation fügt sich auch Vaders Zitat in „Episode 4“ wieder harmonisch in die Gesamt-„Star Wars“-Handlung ein. Folge 5 hat das von Folge 3 aufgerissene Logikloch also bereits geflickt. Bleibt zu hoffen, dass Folge 6, die am 22. Juni 2022 auf Disney+ erscheint, kein neues aufreißt.
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