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    "Stranger Things" Staffel 4 ist die epischste Season des Netflix-Hits – aber auch die beste? Unsere Kritik zu den neuen Folgen
    Markus Trutt
    Markus Trutt
    -Redakteur
    Vom Spurenverwischen mit Dexter bis zu Weltraum-Abenteuern mit Picard. Markus hat ein Herz für Serien aller Art – und schüttet es gern in Artikeln aus.

    Die vierte Staffel von „Stranger Things“ steht endlich vor der Netflix-Tür. Wir haben alle sieben Folgen des ersten Teils vorab geschaut und verraten euch, ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat oder dem Upside Down langsam die Puste ausgeht.

    Netflix

    Fast drei Jahre liegt die dritte Staffel des gefeierten Netflix-Retro-Hits „Stranger Things“ inzwischen zurück – was sich besonders bei einer solch Cliffhanger-lastigen Mystery-Geschichte gerne mal doppelt so lang anfühlt. Obwohl die neue Season schon früh angekündigt wurde, haben die aufwändige Produktion und Verzögerungen in Folge der Corona-Pandemie den Start immer weiter hinausgezögert – und die Erwartungen der vielen Fans in der Zwischenzeit in schwindelerregende Höhen getrieben.

    Nun ist es aber endlich so weit: Die vierte und bis dato größte „Stranger Things“-Staffel findet ihren Weg zu Netflix. Doch können die neuen Folgen der aufgebauten Erwartungshaltung überhaupt gerecht werden? Das können wir nur mit einem ganz lauten „Ja – und wie!“ beantworten.

    Zurück in Hawkins – und anderswo...

    Über ein halbes Jahr nachdem Eleven (Millie Bobby Brown) und ihre Freunde dem mächtigen Gedankenschinder aus der finsteren Parallelwelt des Upside Down den Garaus gemacht haben, ist die Clique nach langer Zeit erstmals getrennt. Eleven hat nach den traumatischen Ereignissen der vergangenen Jahre zusammen mit Will (Noah Schnapp) und dessen Familie Hawkins hinter sich gelassen und ist nach Kalifornien gezogen, wo sie allerdings Schwierigkeiten hat, Anschluss zu finden.

    Aber auch den in der Kleinstadt verbliebenen Kids geht es nach dem Wechsel auf die Highschool ganz ähnlich. Doch ist das schon bald ihre geringste Sorge. Denn schnell stellt sich heraus, dass die Bedrohung aus dem Upside Down noch nicht gebannt ist und sich eine neue Gefahr erhebt, die die Leben mehrerer Schülerinnen und Schüler fordert. Ohne die Hilfe von Eleven, die noch immer ihre Kräfte verloren hat, scheint jede Hoffnung verloren. Dennoch suchen Dustin (Gaten Matarazzo), Max (Sadie Sink) und Co. gemeinsam nach einer Lösung – während Wills Mutter Joyce (Winona Ryder) zur selben Zeit einem Hinweis nachgeht, dass Sheriff Hopper (David Harbour) doch noch am Leben ist...

    XXL-Ausmaße ...

    Die für „Stranger Things“ verantwortlichen Brüder Matt und Ross Duffer haben die vierte Staffel „ihres Babys“ im Vorfeld mehr oder weniger scherzhaft als ihre „Game Of Thrones“-Staffel bezeichnet – und spielten damit bereits auf die epischen Ausmaße von Story, Aufwand und Figurenensemble an. Tatsächlich haben sie dabei auch keineswegs übertrieben. Die neun neuen Folgen sollen insgesamt sagenhafte 270 Millionen Dollar verschlungen haben, ein neuer Rekord im Serienbereich (der schon bald aber durch die erste Staffel von „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ eingestellt werden dürfte).

    Schon die (sehr verknappte!) obige Inhaltsangabe deutet zudem an, mit wie vielen parallelen, sich aber immer wieder überlappenden und ergänzenden Handlungssträngen an verschiedenen Schauplätzen die Duffers diesmal hantieren. Das schlägt sich auch in der Laufzeit der Folgen nieder, was letztlich sogar zu einer Zweiteilung der Staffel geführt hat, die verhindern soll, dass das Publikum direkt vom geballten „Stranger Things“-Nachschub erschlagen wird.

    Während am 27. Mai 2022 die ersten sieben Folgen erscheinen (die mit einer Gesamtlaufzeit von über neun Stunden aber bereits länger gehen als die vorherigen Staffeln), folgen am 1. Juli dann die letzten beiden Episoden mit Laufzeiten von anderthalb (!) und zweieinhalb (!!) Stunden.

    Aber nur weil man den ungeschriebenen Fortsetzungsgesetzen gefolgt ist und alles (eine ganze Spur) größer ausfällt, heißt das natürlich nicht zwangsläufig, dass davon auch die Qualität profitiert. Doch können wir hier alle etwaigen Bedenken beiseite wischen!

    ... und das zu Recht!

    Mit Bravour und Selbstsicherheit halten die Duffer-Brüder all ihre Handlungsfäden immer fest in der Hand. Und wenn sie dann einen Großteil der Stränge am Ende von Folge 7 absolut meisterlich (und mit einigen Überraschungen gespickt) zusammenführen, macht sich der behutsame Aufbau davor endgültig bezahlt – von der Rückkehr ins gebeutelte Hawkins, die sich dank der gewohnt ansteckenden Figurendynamik sofort wie eine Heimkehr in den Kreis guter alter Freunde anfühlt, bis hin zur nach und nach aufgebauten und entschlüsselten neuen Bedrohung.

    Trotz der stolzen Folgenlänge ist dabei kaum eine Minute zu viel. Das liegt zum einen daran, dass die Geschichten die ganze Zeit wohlportioniert nebeneinander her erzählt und vorangetrieben werden, sich also nicht erst eine Folge der einen Story und die nächste Folge einer anderen Story widmet. So ist immer etwas los und obendrein für jede Menge Abwechslung gesorgt, auch wenn nicht alle Geschichten immer gleich stark sind (gerade der Russland-Handlungsstrang um den totgeglaubten Hopper hat wie schon der Sowjet-Subplot in Staffel 3 mit einigen unnötigen Albernheiten zu kämpfen und braucht so etwas länger, um wirklich zu zünden).

    Netflix

    Auf der anderen Seite wird die zusätzliche Zeit auch innerhalb der jeweiligen Handlungsstränge mit Bedacht in tolle Charaktermomente und spannende neue Facetten der alles durchziehenden Mythologie investiert.

    So ziemlich alle Figuren (auch die Neuzugänge) bekommen das nötige Futter für ihre (Weiter-)Entwicklung und werden so schließlich auch sinnvoll in den Gesamtkontext eingebettet – ob nun Eleven mit ihren wiederholten Mobbing-Erfahrungen, Dustin, Mike (Finn Wolfhard) und Lucas (Caleb McLaughlin) mit ihren ganz eigenen Versuchen, dazu zu gehören, Max mit ihrem Trauma nach dem Verlust ihres Bruders oder Nancy (Natalia Dyer), Robin (Maya Hawke) und Steve (Joe Keery) mit ihren Liebesquerelen. Da reißt es einen anfangs höchstens etwas aus dem ansonsten so mitreißenden Geschehen, dass gerade die jüngeren Teenies wegen der langen Produktionszeit nun plötzlich schon so erwachsen aussehen.

    Gewohnte Stärken und noch mehr Horror

    Spätestens wenn alle auf ihre Weise wieder mit dem Upside Down und den damit zusammenhängenden Regierungsverschwörungen in Berührung kommen, fällt es aber nicht schwer, jedem einzelnen von ihnen die Daumen zu drücken (mit Ausnahme des noch blasser als sonst bleibenden Jonathan vielleicht). Zumal der Ton diesmal noch ein ganzes Stück rauer und die Horror-Einschübe noch unheimlicher ausfallen.

    Letzteres geht vor allem auf die Kappe der neuen bösen Macht aus dem Upside Down, die wesentlich greifbarer als die übernatürlichen Antagonisten der vorherigen Staffeln ist und in ihrem äußerst grausamen und unaufhaltsam scheinenden Vorgehen für eine ständige Bedrohung sorgt. Aber auch für menschliches Grauen ist gesorgt, etwa durch die gefährliche Eigendynamik, die sich nach den Morden in Hawkins entwickelt und beklemmend an die Auswirkungen populistischer Wahrheitsverdreher der echten Welt erinnert.

    Trotz all dem bleiben aber auch das nostalgische 80er-Abenteuerfeeling, das die Serie seit jeher auszeichnet, und der Humor zum Glück nicht auf der Strecke (die Kabbeleien zwischen Dustin und Steve gehören hier einmal mehr zu den herrlichen Comedy-Highlights). Die vierte „Stranger Things“-Staffel setzt so noch immer auf bewährte Stärken – und fügt ihnen noch einige weitere hinzu.

    Fazit

    Spaßig, gruselig und absolut episch: Größer ist im Fall von „Stranger Things“ tatsächlich auch besser! Zwei Folgen stehen nach dem fulminanten Gänsehaut-Zwischenfinale von Staffel 4 zwar noch aus, jedoch hat die smart aufgebaute und geschickt erzählte Season definitiv das Potenzial, die beste Staffel der Hit-Serie zu werden – oder zumindest mit dem grandiosen Auftakt gleichzuziehen. Runder und fesselnder als die zwei (ebenfalls gelungenen) vorherigen Staffeln ist sie jedenfalls schon jetzt.

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