Ob es das wert war? Nachdem Will Smith die Aufmerksamkeit bei den Oscars mit einer Backpfeife auf sich zog, die er Moderator Chris Rock live auf Sendung und mitten auf der Bühne gab, lief für den Superstar vorerst alles weiter nach Plan. Die Academy zeigte sich unbeeindruckt vom Geschehen (oder vielleicht auch nur zu schockiert, um sofort zu handeln) und verlieh dem Schauspieler wenig später seinen ersten Oscar als bester Hauptdarsteller für seine Darbietung in „King Richard“, nachdem er 2002 („Ali“) und 2007 („Das Streben nach Glück“) leer ausging. Einige Monate später sieht es für Smith und dessen Karriere aber nicht allzu rosig aus.
Der Hollywoodstar zog nach seinem Fehlverhalten zwar auch selbst die ein oder andere Konsequenz, vor allem aber die Studios, mit denen er aktuelle Zusammenarbeiten plante sowie teilweise sogar schon umsetzte, kehrten ihm den Rücken. Welche Projekte nun überhaupt noch aufgenommen werden, ist vorerst ungewiss. Und so ist „King Richard“ zumindest der vorerst letzte Film mit Will Smith, den wir zu sehen bekommen – und zwar ab dieser Woche auch auf DVD und Blu-ray.
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Das Biopic um den Vater der beiden legendären Tennisspielerinnen Venus und Serena Williams (im Film gespielt von Saniyya Sidney und Demi Singleton) wurde vielerorts durchaus dafür kritisiert, zum bloßen Oscar-Vehikel von Smith umfunktioniert worden zu sein, während es in Wahrheit um die beeindruckende Geschichte des weltberühmten Schwesternpaares geht. Autor Janick Nolting lobte Will Smith zwar für seine bislang beste Schauspielleistung, vergab in der FILMSTARTS-Kritik am Ende aber dennoch nicht mehr als 3 von 5 möglichen Sternen für zweieinhalb Stunden „schnörkellos inszeniertes und in seiner Aussage generisches American-Dream-Kino“.
Der Autor dieses Artikels muss jenem Fazit zwar ein Stück weit zustimmen, zeigte sich am Ende aber doch ähnlich begeistert wie große Teile der Fachpresse sowie des Publikums: 90 Prozent positive Kritiken auf Rotten Tomatoes sowie 76 von 100 Punkten bei MetaCritic hat der Film seiner Meinung nach also durchaus verdient, weil Regisseur Reinaldo Marcus Green („Joe Bell“) schlicht ganz genau weiß, welche Knöpfe er drücken muss, um sein Publikum emotional abzuholen. Das ist zwar recht reaktionär, aber eben auch ziemlich wirksam…
Nach "King Richard": Diese Will-Smith-Projekte sind in Gefahr
„Fast & Loose“: Netflix legte den Action-Thriller um einen Mann ohne jegliche Erinnerung, der versucht herauszufinden, wer er wirklich ist, endgültig auf Eis. Nachdem zuvor bereits Regisseur David Leitch abhanden kam, begab man sich eigentlich direkt auf die Suche nach einem Ersatz für den „John Wick“-Macher. Als Antwort auf die Oscar-Watsche legte der Streaming-Riese das Projekt nun aber endgültig still. Ohne Regisseur und Hauptdarsteller bleibt abzuwarten, ob Netflix das Projekt vielleicht mit völlig neuer Besetzung irgendwann doch noch angeht, ob man wartet, bis Gras über die ganze Sache gewachsen ist und dann vielleicht doch nochmal auf Smith zurückgreift oder ob man „Fast & Loose“ einfach sein lässt.
„Bad Boys 4“: Nach dem Riesenerfolg von „Bad Boys For Life“ zeigten sich die Macher rund um Produzent Jerry Bruckheimer begeistert von dem Revival, das eigentlich mit „Bad Boys 4“ fortgeführt werden sollte – und zwar zeitnah. Teil 3 war nicht nur ein Hit an den Kinokassen, sondern kam auch richtig gut an, sodass mit Hochdruck an einer weiteren Fortsetzung gearbeitet wurde. Laut Quelle des Hollywood Reporter habe Smith vor den Oscars bereits 40 Seiten des Drehbuchs erhalten, bevor Sony das Projekt nach dem Oscar-Ausraster offiziell auf Eis legte.
„Bright 2“: Netflix stampfte außerdem auch die Fortsetzung des Fantasy-Actioners „Bright“ ein, in dem Smith als Gesetzeshüter in einer Welt voller Fabelwesen für Gerechtigkeit sorgt. Laut dem Streaming-Anbieter soll es für die Absage des Projekts zwar andere Gründe, welche, ist aber nicht bekannt. Mit dem animierten Spin-off „Bright: Samurai Soul“ durften sich Fans vergangenen Herbst aber wenigstens über einen Ableger freuen.
„Emancipation“: Das mit Spannung erwartete Sklaverei-Thriller-Drama von Antoine Fuqua („Equalizer“) wurde bereits 2021 abgedreht, um eigentlich im Laufe dieses Jahres bei Apple TV+ zu erscheinen. Hier scheint man allerdings darauf zu hoffen, dass in den kommenden Monaten Gras über die unschöne Oscar-Aktion wachsen wird. Der Start wurde jedenfalls schon mal verschoben, erst einmal auf 2023.
„Pole To Pole“: Nach „One Strange Rock“ und „Welcome To Earth“ sollte Smith mit „Pole To Pole“ demnächst eine weitere Naturdoku mit Disney-Tochter National Geographic umsetzen, in der Smith sowohl zum Südpol als auch zum Nordpol reist. Das Format sollte ursprünglich ab Mai 2022 gedreht werden, wurde aber ebenfalls verschoben.
Zehn Jahre keine Oscars: Darüber hinaus schwebt auch über anderen Filmen – Anfang März wurde gerade erst verkündet, dass Smith in „I Am Legend 2“ zurückkehren soll – reichlich Ungewissheit. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) schließt Smith zudem für zehn Jahre von der Oscarverleihung aus. Klingt dramatisch, ist am Ende aber viel Lärm um nichts: Der Schauspieler darf in jener Zeit zwar nicht an dem prestigeträchtigen Event teilnehmen, kann theoretisch aber durchaus nominiert und ausgezeichnet werden.
Fakt ist, dass Will Smith am 27. März 2022 nicht nur seinen bislang größten Erfolg feierte, sondern seine Karriere im selben Atemzug zumindest vorübergehend killte. Wann wir ihn wiedersehen werden, lässt sich aktuell nur schwer sagen – wohl aber schneller im Kino als auf dem roten Teppich der Oscars…
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