Als einer der vielen Filmemacher, die den Sprung vom Horror-Genre ins Blockbuster-Fach vollbrachten (neben u. a. Francis Ford Coppola, Peter Jackson, James Gunn oder Zack Snyder) ist Sam Raimi einerseits natürlich für seine „Tanz der Teufel“-Reihe bekannt, andererseits aber auch für seine Superhelden-Abenteuer – die „Spider-Man“-Trilogie mit Tobey Maguire und nun auch „Doctor Strange In The Multiverse Of Madness“, mit dem der Horror im Marvel Cinematic Universe Einzug hält. Ein Film, in dem Raimi seine beiden Kernkompetenzen ganz besonders stimmig in Einklang bringt, wird hingegen oft vergessen: „Darkman“.
Die Uncut-Version des Superheldenfilms mit Liam Neeson in der Titelrolle landete in Deutschland sogar auf dem Index und durfte demnach bis 2013 nicht einmal offen beworben und verkauft werden. Über 20 Jahre nach dem Kinostart zeigte sich die FSK im Zuge einer Neuprüfung immerhin umso gnädiger und gab die ungekürzte Fassung sogar ab 16 Jahren frei. Heute ist der Film so praktisch überall, wo es Filme gibt, in voller Länge verfügbar – etwa auf DVD oder Blu-ray sowie bei diversen Streaming-Anbietern wie Amazon Prime Video.
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Ähnlich wie „Doctor Strange 2“ trägt auch „Darkman“ die unverkennbare Handschrift von Sam Raimi, der es wie kaum ein anderer versteht, zwischen Zwerchfellattacke und schaurigem Terror zu springen und dabei die Vorzüge beider Aspekte ins jeweils andere Fach zu übertragen. In „Darkman“ erwarten euch aber natürlich auch noch jede Menge weitere Raimi-Markenzeichen, die auch im Marvel-Blockbuster ihren Moment bekamen – vom Gastauftritt von Bruce Campbell über albtraumhafte Sequenzen inklusive Dutch-Angle-Einsatz bis hin zum Oldsmobile Delta 88. Der cremefarbene V8-Klassiker darf seit jeher in keinem Raimi-Film fehlen.
Kurz gesagt: Gefällt euch Raimis jüngste Comic-Verfilmung, stehen die Chancen gut, dass ihr auch mit seinem ersten Superhelden-Abenteuer voll auf eure Kosten kommt.
Das ist "Darkman"
„Darkman“ unterscheidet sich maßgeblich von klassischen Superheldenfilmen – ganz egal ob nun „Avengers“, „Superman“ oder „Sin City“. Denn der sogenannte „Mann mit der Gesichtsmaske“ entspringt nicht etwa einem berühmten Comic, sondern einer Kurzgeschichte Raimis, die er in jungen Jahren als Hommage an die legendären Universal-Horrorfilme aus den 1930ern wie „Frankenstein“, „Dracula“ oder „Der Unsichtbare“ schrieb.
Im Zentrum der Geschichte steht der Wissenschaftler Peyton Westlake (Liam Neeson), der an der Herstellung künstlicher Haut tüftelt – dem der große Durchbruch aber einfach nicht gelingen will. Immer wieder unternimmt er neue Versuche, die zum immer gleichen Ergebnis führen: nach 99 Minuten tritt der Zerfall der künstlichen Haut ein. Eines Tages kommt ihm dann jedoch die Erleuchtung, und zwar ausgerechnet in der Dunkelheit: Denn offenbar war es all die Zeit die Lichteinstrahlung, die dem Wunschergebnis im Wege stand. Blöd nur, dass Westlakes Labor gerade zum Zeitpunkt jener Erkenntnis vom fiesen Durant (Larry Drake) und seinen Schergen überfallen wird.
Der Ganove hat es auf ein Memo abgesehen, das Westlakes Freundin Julie (Frances McDormand) bei ihm ließ. Also nehmen sich die Gangster jetzt den Wissenschaftler vor. Er wird mit Säure gefoltert und erleidet schwere Verbrennungen, doch er kann entkommen – und überlebt. Äußerlich entstellt und mit toten Nervenenden, die ihm jegliches Gefühl von Schmerz nehmen, sieht er sich gezwungen, sein altes Leben mitsamt Labor und Liebe hinter sich zu lassen. Von nun an zieht er als dunkler Rächer durch die Straßen, um sich diejenigen vorzuknöpfen, die sein Leben für immer zerstörten. Einen nach dem anderen…
Bei all den Gemeinsamkeiten mit „In The Multiverse Of Madness“ – die Filmmusik lieferte in beiden Fällen übrigens Altmeister Danny Elfman – ist „Darkman“ am Ende vor allem für diejenigen sehenswert, denen Raimis jüngster Kinohit am Ende doch zu sehr den eingefahrenen Regeln des MCU folgt. Bei all den Horror-Anleihen, die immer wieder positiv hervorgehoben werden, wird „Doctor Strange 2“ nämlich auch oftmals kritisiert: Raimi liefere seine Version offenbar nur mit angezogener Handbremse, um am Ende doch nur in das Korsett der altbekannten MCU-Blaupause gezwängt zu werden. Und tatsächlich drehte der Superhelden-affine Horror-Experte ohne diese Fesseln vor 30 Jahren ganz anders auf.
Noch irrsinniger, noch fieser, noch brutaler: „Darkman“ mag mit „Doctor Strange 2“ vieles gemeinsam haben, doch dort, wo der Marvel-Blockbuster spürbar gedrosselt wurde, geht er mindestens einen oder gleich mehrere Schritte weiter. Das beginnt bereits auf sprachlicher Ebene – der Film musste nicht auf eine jugendgerechte Freigabe getrimmt werden, sodass hier oft verpönte Ausdrücke wie „fuck“ hier immer wieder fallen, wenn sie eben auch angebracht sind – und geht natürlich bis hin zu jeder Menge gemeiner, brutaler Einlagen, die dem Film einst seine Indizierung einbrachten.
Im 90er-Jahre-Sepia-Filter, den Action-Fans vor allem auch von Michael Bay oder Tony Scott kennen, lässt es Raimi ganz gewaltig krachen: Handgemachte Matschereien und Explosionen, die eben nicht aus dem Computer stammen, machen „Darkman“ zu einem greifbar-finsteren Action-Abenteuer, das mit surrealen Albtraumsequenzen und verrückten Ideen wie einer Beinprothese als Maschinenpistole („Planet Terror“ lässt grüßen!) eben auch Horror-Fans glücklich macht.
Inwiefern „Doctor Strange In The Multiverse Of Madness“ nun tatsächlich der erste Horrorfilm im MCU ist und was die Rückkehr von Benedict Cumberbatch als selbstgefälliger Weltenbummler sonst so zu bieten hat? Genau darüber sprechen wir unter anderem auch in der jüngsten Folge unseres Podcasts Leinwandliebe:
Demnächst ungekürzt im Heimkino: "Darkman II+III"
Wer mit dem Film auf den Geschmack kommt, kann seinen „Darkman“-Durst demnächst übrigens auch mit den Sequels stillen. Denn die beiden Fortsetzungen erscheinen am 14. Juli 2022 erstmals einzeln komplett ungekürzt auf Blu-ray:
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Im Gegensatz zum Vorgänger sind die ab 18 Jahren freigegebenen „Darkman II - Durants Rückkehr“ sowie „Darkman III - Das Experiment“ allerdings nicht fürs Kino produziert worden, sondern in den 90ern Direct-to-Video erschienen. Der größte Unterschied zum kultigen Original ist jedoch die Besetzung: Auf dem Regiestuhl nahm nicht mehr Sam Raimi, sondern Bradford May Platz und auch Peyton Westlake wurde neu gecastet: In die Rolle des Wissenschaftlers, der zum dunklen Rächer wird, schlüpfte beide Male „Die Mumie“-Star Arnold Vosloo.
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