Das deutschsprachige Genre-Kino genießt bei vielen Filmfans einen ungerechtfertigt schlechten Ruf. Dennoch lässt sich nicht verleugnen, dass die kreativen Kleinode aus dem deutschsprachigen Raum selten an den Kinokassen die ihnen gebührende Beachtung erhalten. Das wurde auch vergangenes Jahr wieder einmal mit Nachdruck vorgeführt, ging der kreative Psychothriller „Hinterland“ auf der großen Leinwand doch brutal unter.
Der österreichische Regisseur Stefan Ruzowitzky, der unter anderem den deutschen Slasherhit „Anatomie“ und den Oscar-Gewinner „Die Fälscher“ verantwortete, mischt in diesem Geheimtipp die Ästhetik diverser Horrorklassiker mit modernen Filmmethoden. Wer das einprägsame Ergebnis dieser Fingerübung im Kino verpasst hat, kann den Geheimtipp nun zuhause nachholen. „Hinterland“ gibt es nun endlich auch auf DVD und Blu-ray sowie als Video-on-Demand.
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Der Plot von "Hinterland"
Wien, 1920: Der frühere Spitzenermittler Peter Perg (Murathan Muslu), der sich lange in russischer Gefangenschaft befand, will nicht in seinen ehemaligen Beruf zurückkehren. Und doch wird er wieder in einen Fall verwickelt. Denn der junge Kommissar und überzeugte Sozialdemokrat Paul Severin („Fack Ju Göhte“-Mime Max von der Groeben) hält Perg für den Top-Verdächtigen in einem ruchlosen Mord. Alsbald wird die Stadt von einer brutalen Mordserie heimgesucht – und Severin schwört, dass all diese Morde auf das Konto derselben Person gehen. Doch die Beweissuche ist brandgefährlich...
Krumm und schief und ganz schön heftig
Muslu war zuvor bereits in der Serienadaption des Filmklassikers „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ zu sehen – ein wundervoller Zufall, denn „Hinterland“ ist auch eine passionierte Verneigung vor den Ursprüngen des deutschen Films. Die Schauplätze des Films sind allesamt im krummen, verbogenen Stil des Deutschen Expressionismus gehalten – vor allem Horrormeilensteine wie „Das Cabinet des Dr. Caligari“ verdanken ihm ihre eindringliche Atmosphäre.
Diesen stilistischen Rückgriff auf zum Teil 100 Jahre alte Filme ergänzt Ruzowitzky mit einer Prise jüngerer Ästhetik: Teils sind die Welten in „Hinterland“ derart verzerrt, dass sie eher an das geknickte Paris aus Nolans „Inception“ oder die Spiegelwelten aus „Doctor Strange“ erinnern. Umgesetzt wurde dieser Look am Computer, denn „Hinterland“ wurde vornehmlich vor Blue Screen gedreht – ähnlich wie das große Retro-Sci-Fi-Experiment „Sky Captain and the World of Tomorrow“, bloß mit dem Vorteil, dass sich seither die Computeranimation enorm weiterentwickelt hat.
Mehr als reiner Schein
„Hinterland“ lebt aber nicht allein von seinem denkwürdigen Produktionsdesign, sondern auch von seiner durch und durch düsteren Stimmung. Zudem profitiert dieses filmische Experiment davon, dass Ruzowitzky nicht vor ebenso gewagten sowie schonungslosen Schreckensbildern zurückschreckt.
In der FILMSTARTS-Kinokritik heißt es daher konsequenterweise, dass dieser Thriller zwar „ganz schön merkwürdig, aber dann spannend und makaber“ daherkommt. Denn selbst, wenn die formalen Aspekte besonders in Erinnerung bleiben, ist der Film dennoch auch als historischer Thriller mit einem „düster-abgründigen Sog“ sehenswert.
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Dies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.