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    Aufregende neue Richtung bei "Star Wars": So gut ist die neue Serie "Star Wars: Visionen"
    Tobias Mayer
    Tobias Mayer
    -Redakteur
    Tobias liebt „Star Wars“ so sehr wie keine andere Filmreihe, von „Die dunkle Bedrohung“ bis zu „Der Aufstieg Skywalkers“ und mit allen Macken.

    Ab heute gibt es die neue Serie „Star Wars: Visions“ auf Disney+. Neun Folgen „Star Wars“ im Anime-Stil, die nicht zum Kanon gehören, aber darum umso interessanter sind. Wir haben die komplette Staffel bereits gesehen.

    The Walt Disney Company (Screenshot aus Trailer)

    +++ Meinung +++

    2003, als die „Star Wars“-Prequelfilme noch nicht vollständig waren und die beliebte computeranimierte Serie „The Clone Wars“ noch längst nicht erschienen war, präsentierte sich der Sternenkrieg erstmals in einem völlig neuen Look: Unter der Leitung des „Samurai Jack“-Machers Genndy Tartakovsky wurde eine Animationsserie über die Klonkriege produziert: „Clone Wars“, deren kantiger, abstrakter Zeichenstil die Fangemeinde spaltete. So hatte „Star Wars“ bis dahin noch nie ausgesehen. Auch die Länge der Folgen – drei Minuten in den Staffeln 1-2, zwölf Minuten in Staffel 3 – irritierte. Doch ohne die heute nahezu vergessene Serie „Clone Wars“ hätte es „The Clone Wars“ nie gegeben. Das Experiment war der Beginn von etwas Neuem. Fast 20 Jahre später erscheint nun „Star Wars: Visionen“ auf Disney+ – und man darf gespannt sein, was diese Serie lostreten wird.

    Darum geht es in "Star Wars: Visionen"

    „Star Wars Visionen“ ist durchgehend im japanischen Anime-Stil gehalten, erzählt aber keine durchgehende Handlung: Jede Folge spielt in einer anderen Zeit in der „Star Wars“-Timeline und hat andere, bisher völlig unbekannte Figuren. Manche der zwischen 13 und 22 Minuten langen Episoden sind zeitlich klar verortet (etwa zur Zeit des Bürgerkriegs zwischen Imperium und Rebellen), andere nicht. Es geht um Jedi, die Dörfer befreien, um Familienkonflikte und um eine Rockband, die für Ober-Gangster Jabba spielt.

    Nichts davon muss mit dem bisherigen Kanon von „Star Wars“ zusammenpassen. Die sieben japanischen Anime-Studios, die hinter „Star Wars: Visionen“ stehen, mussten nicht darauf achten, dass die Folgen sich zwischen die Ereignisse der Kinofilme und Serien wie „The Mandalorian“ einfügen. Sie hatten demnach eine Freiheit, wie sie wohl nur dem Gestaltungsspielraum von „Star Wars“-Schöpfer George Lucas selbst nahekommt, dessen Prequel-Trilogie unter Disney-Hoheit ganz bestimmt nicht in ihrer ausgefallenen Form zustande gekommen wäre.

    ›› "Star Wars: Visionen" bei Disney+*

    Insofern ist es ein bisschen schade, dass sich die Macher*innen von „Star Wars: Visions“ gar nicht so weit von der bewährten Formel wegbewegen, wie es zunächst scheint (es darf vermutet werden, dass Lucasfilm trotz aller gewährter Freiheiten dann eben doch merklichen Einfluss genommen hat oder in vorauseilendem Gehorsam gehandelt wurde). Gleichwohl bietet die Serie eine abwechslungsreiche, neue Optik, die trotzdem perfekt mit den bekannten „Star Wars“-Designs harmoniert. Und sie ist eine Brutstätte für neue Ideen, die in der Zukunft hoffentlich noch ausführlich weitergedacht werden.

    Die Serie sieht bezaubernd aus

    Ich hatte zwar nie eine persönliche Affinität zum Anime-Zeichenstil und „Star Wars: Visionen“ wird daran auch nichts ändern, doch ich bin trotzdem beeindruckt, wie gut der – je nach Folge durchaus unterschiedliche – Animationsstil zu den ikonischen, unverkennbaren „Star Wars“-Raumschiffen, -Waffen und -Droiden passt. Im Anime-Genre sind Landschaften oft malerisch, Figuren mitunter sehr niedlich und Gefühle werden expressiv transportiert. Insofern bringt dieser Stil von Haus aus die richtigen Elemente mit, damit die stets durch ihre Landschaften sehr eindeutig definierten „Star Wars“-Planeten in „Visionen“ gut zur Geltung kommen, die Droiden besonders putzig sind und die schicksalhaften Duelle zwischen Jedi und Sith mit der nötigen emotionalen Kraft ablaufen.

    Jede Folge sieht dennoch anders aus als die vorherige, die Palette an Möglichkeiten wird hier sichtbar genutzt, wobei insbesondere die erste Folge heraussticht: Sie ist ganz im Schwarz-Weiß eines alten Samuraifilms gehalten, wobei auffällige Farbakzente für Betonungen sorgen. Noch nie haben Lichtschwerter so geleuchtet wie in dieser Folge.

    Nicht anders genug, aber immerhin anders

    Der größte Unterschied zwischen „Star Wars: Visionen“ und allen anderen neuen „Star Wars“-Produktionen besteht darin, dass die Macher*innen sich keinen Kopf darum machen mussten, ihre Folgen mit dem großen Ganzen zu verbinden. Andernfalls hätten sie sich mit der Story-Group von Lucasfilm abstimmen müssen, die über den Kanon wacht, so aber war das nicht nötig.

    Allerdings hat diese Besonderheit nicht dazu geführt, dass wir in „Visionen“ Was-wäre-wenn?-Geschichten nach dem Vorbild von „Marvel’s What If… ?“ zu sehen bekommen, wo Thanos plötzlich zu den Guten gehört und T'Challa nicht Black Panther ist, sondern mit den Guardians durchs All reist. Ob die Anime-Studios hinter „Visionen“ ganz bewusst darauf verzichtet haben, Darth Vader & Co. einzubauen, oder Lucasfilm einen Riegel vorgeschoben hat, sei dahingestellt.

    Jedenfalls lernen wir in „Star Wars: Visionen“ ausschließlich neue Figuren kennen, die Bandbreite reicht dabei von Padawan-Teams über einen Droiden, der Jedi werden will, bis hin zu einer Rockband, die klingt wie Green Day aus einer weit, weit entfernten Galaxis. Insgesamt wäre hier noch deutlich mehr Varianz möglich gewesen, denn letztendlich ist die Serie zu Jedi-lastig, bietet zu viele der typischen „Star Wars“-Plotgerüste, die auf einen Lichtschwert-Kampf hinauslaufen und hat keine wirklich neuen „Star Wars“-Zeitalter bzw. -Designs zu bieten, so wie zuletzt die Prequel-Filme aus den späten Neunzigern und frühen Nullerjahren. Doch die eingeschlagene Richtung zählt: Es geht in „Visionen“ weg von Luke Skywalker, Han Solo und allen Charakteren, die so ähnlich sind.

    Mehr noch als neue Figuren und einen Wechsel der optischen Oberfläche aus Planeten- und -Raumschiff-Designs aber braucht das bald 45 Jahre alte Franchise einen neuen Umgang mit den Themen, um die sich die Saga seit Anbeginn dreht: die mythologische Reise eines Helden bzw. einer Heldin, der Krieg als Konfliktlösung, die mehr oder weniger deutliche Trennung von Gut und Böse.

    Darum ist „Star Wars: Visionen“ auch immer dann am spannendsten, wenn sie die Perspektive auf typische „Star Wars“-Muster verändert: In einer der Folgen etwa wird durchaus nachvollziehbar argumentiert, warum das Imperium auch Vorteile hat, in einer anderen Episode will ausgerechnet ein Droide zum Jedi werden. Und das schönste Finale besteht darin, dass zur Abwechslung mal nicht gekämpft wird, sondern die große Endparty völlig ohne vorheriges Blutvergießen passiert.

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