+++ Meinung +++
Ich gebe zu: Ich liebe es, wie etwa Jack Nicholson mit (fast) jedem seiner Leinwand-Auftritte mehr oder weniger Jack Nicholson mimt. Es kann aber mindestens genauso schön, wenn nicht sogar noch spannender sein, neue überraschende Aspekte im Spiel der von mir favorisierten Darsteller*innen zu entdecken – so auch im Fall von „Fifty Shades Of Grey“-Star Jamie Dornan.
Bevor Dornan als superreicher, umwerfend charismatischer S&M-Connaisseur Christian Grey der globale Durchbruch gelang, verkörperte er auf fast erschreckend glaubhafte Weise einen gnadenlosen Serienkiller in „The Fall - Tod in Belfast“. Mich persönlich hat Dornan mit dieser Rolle bis heute am meisten beeindruckt. Aktuell sind alle drei Staffeln der Serie bei Netflix im Programm.
Darum geht es in "The Fall - Tod in Belfast" auf Netflix
Alle, die ihn kennen, beziehungsweise glauben, dies zu tun, würden Paul Spector (Jamie Dornan) als ruhigen, bescheidenen und zuvorkommenden Mann beschreiben. Sie würden sagen, er sei der liebende Ehemann von Sally Ann (Bronagh Waugh), ein fürsorglicher Vater seiner beiden kleinen Kinder und ein erfolgreicher, weil engagiert auf seine Klienten eingehender Psychotherapeut. Was sie alle nicht wissen: Wenn es dunkel wird, mutiert der am Tage noch so harmlos wirkende Spector zum brutalen, rituell vorgehenden Frauenmörder.
Dabei geht er so umsichtig und effizient vor, dass die Polizei von Belfast bis jetzt keine Ahnung hat, wer hinter den Taten stecken könnte. Damit es endlich Fortschritte gibt, holt der Leiter der Mordkommission Burns (John Lynch) die ihm aus seiner Zeit in London bekannte Top-Ermittlerin Stella Gibson (Gillian Anderson) in die nordirische Hauptstadt, um den einheimischen Kollegen unter die Arme zu greifen. Und tatsächlich kommt Gibson der Identität des Killers schnell näher. Was diesen dazu veranlasst, sich immer besessener auf seine Verfolgerin zu fixieren. Ein perfides Katz-und-Mausspiel beginnt…
Nicht London, sondern Belfast
Erfrischenderweise ist es hier einmal nicht die für BBC-Serien meist als Kulisse herhaltende, britische Hauptstadt oder gegebenenfalls noch Manchester oder Birmingham, die wir als Ort des Geschehens präsentiert bekommen. Es ist Belfast in Nordirland. Ansonsten fast ausschließlich für Verfilmungen von Geschichten rund um den dort über Dekaden ausgetragenen Konflikt zwischen der von den Briten eingesetzten lokalen Regierung und der für einen Anschluss an den Rest Irlands kämpfenden IRA genutzt, zeigt die Stadt ein attraktives, modernes Gesicht. Sie hat in „The Fall“ aber offenbar auch eine düstere Seite.
Apropos düster: Die Macher der Serie um Erfinder, Produzent, Drehbuchautor und ab der zweiten Staffel Regisseur Allan Cubitt („Heißer Verdacht“) halten sich nicht zurück, wenn es darum geht, Spectors grausame Verbrechen für die Kamera aufzubereiten. Das geschieht allerdings nicht auf eine sensationalisierende oder gar in Richtung Horror tendierende Weise. Vielmehr wirkt das Ganze sachlich-nüchtern und deshalb oft erschütternd authentisch ins Bild gesetzt.
Dadurch und durch das oft geschickt gebremste Erzähltempo und die somit erzeugte Slowburner-Atmosphäre erinnert die 2013 gestartete Serie mehr an skandinavische Thriller-Reihen denn an typisch britische oder gar US-amerikanische Krimi-Kost. Dabei wurde dem Ganzen ein individueller Charme beziehungsweise Look verpasst und sich nicht einfach nur plump an nordische Hits wie „Die Brücke - Transit in den Tod“, „Mankells Wallander“ oder „Kommissarin Lund“ drangehängt.
Und dann wäre da ja auch noch Gillian Anderson...
Für diese Eigenständigkeit sorgen nicht nur die unverbrauchten Locations und die oft sehr dicht herangehende, so gelegentlich für eine nahezu körperliche Intensität sorgende Kameraarbeit, sondern zudem die durch die Bank glaubhaft agierenden Darsteller. Neben Dornan, dessen finsteres Schauspiel den Zuschauer*innen kalte Schauer über den Rücken jagt, wäre da natürlich der einstige „Akte X“-Star Gillian Anderson zu nennen. Die seit 20 Jahren in Großbritannien lebende und kürzlich mit einem Golden Globe für ihre Arbeit an „The Crown“ ausgezeichnete Chicagoerin legt ihre Rolle sehr selbstbewusst und kompetent, aber durchaus auch emotional an, so dass wir uns schnell und gern mit ihr identifizieren.
Wer noch keinen Netflix-Account hat, kann sich die Serie auch in Form einer schön aufgemachten Blu-ray- oder DVD-Komplettbox ins Haus holen. Hier sind alle 17 Episoden in ungeschnittener FSK-16-Fassung enthalten. Erhältlich bei Online-Versendern wie u. a. Amazon:
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„The Fall“ ist eine clever geschriebene und eigenständig umgesetzte Thriller-Serie, die nicht gerade leichte Kost bietet. Weshalb sie zu schade ist, um sie einfach so nebenher wegzuschauen. Es lohnt sich hier wirklich, ein paar Abende zu investieren. Denn obwohl wir von Anfang an wissen, wer der Täter ist, wird die Spannungsschraube immer wieder geschickt angezogen. Ich empfehle die Reihe staffelweise zu schauen, da diese inhaltlich jeweils auf einen finalen Höhepunkt hinarbeitend konzipiert sind.
Erfreulich ist zudem, dass die Serie mit dem Ende der dritten Season einen echten Abschluss findet und nicht etwa in einem niemals aufgelösten Cliffhanger endet wie manch andere. Krimi-Fans sollten also unbedingt mal reinschauen, ob auf Netflix oder via DVD/Blu-ray bleibt euch überlassen. Aber wundert euch nicht, wenn ihr danach Jamie Dornan in seiner nächsten Rolle erst einmal mit Misstrauen begegnet. Denn er ist verdammt überzeugend als ebenso berechnender wie brutaler Creep.
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