Greta Thunberg und ihre Unterstützer*innen der Fridays-For-Future-Bewegung zeichnen sich durch ihren Einsatz, ihren Durchhaltewillen und ihren Durchblick aus – sonderlich humorvoll aber kommen sie bei ihren Auftritten und Protestaktionen nicht rüber. Und man kann ja auch sehr gut verstehen, warum den jungen Menschen nicht nach Lachen zumute ist:
Der Planet heizt sich immer weiter auf, weil die Älteren einen Lebensstil etabliert haben, der die Umwelt zerstört und einen größeren CO2-Ausstoß verursacht, als es unsere Erde vertragen kann. Die Älteren verpesten die Zukunft der Jüngeren.
Klimakampf in lustig
Doch ein ernstes Thema kann trotzdem lustig sein. Humor entsteht durch Reibung, durchs schonungslose Offenlegen von Schwäche und Scheinheiligkeit – und so gesehen gibt es kaum ein lustigeres Thema als den Kampf gegen den Klimawandel, bei dem sich die Jungen mit Politikern, Lehrern oder Eltern anlegen, die glauben, entweder einfach so weiterleben zu können wie bisher, oder die Erdenrettung durch ein paar mehr Einkäufe im Bio-Markt zu wuppen.
In der Familien-Serie „Mirella Schulze rettet die Welt“ ist es die 13-Jährige Mirella (Tilda Jenkins), die sich als Klimaaktivistin gegen die Erwachsenen stellt. Ihr mühsamer Kampf fürs Klima ist dabei ausgesprochen witzig, ohne dass man den Eindruck gewinnen würde, Showrunner Ralf Husmann mache sich hier über die Zielsetzung der jungen Klimaschützer*innen lustig.
Mirella legt sich mit allen an
Darum geht’s: Andere Mädchen in ihrem Alter haben ein Hobby, Mirella Schulze aber hat eine Berufung: Die 13-jährige Schülerin möchte, dass die Menschen in ihrem Umfeld und auf der ganzen Welt anfangen, sich endlich anders zu verhalten: umweltbewusster nämlich! Wie Greta Thunberg hat sie dabei überhaupt keine Lust, sich von Erwachsenen vereinnahmen oder beschwichtigen zu lassen. Sie stellt sich so nicht nur gegen ihre eigene Familie, vor allem gegen Mama Pia (Jördis Triebel) und Papa Mike (Moritz Führmann).
Gleich in der ersten Folge legt sie sich auf der Bühne einer Preisverleihung und damit vor Publikum auch mit dem anwesenden Chef des Chemiekonzerns Winterfeld AG, Holger Joosten (Harald Schrott) an. Blöd nur, dass Joosten der Boss von Mutter Schulze ist und überhaupt einer der wichtigsten Arbeitgeber im Ort…
Jugendlicher Idealismus trifft in „Mirella Schulze rettet die Welt“ auf erwachsene Besitzstandswahrung oder auf die „Ist mir doch egal“-Haltung von Mirellas älterer Schwester Maya (Ella Lee). Die junge Klimaaktivistin hat dabei die Wahrheit voll auf ihrer Seite, argumentiert sie doch auf der Basis von wissenschaftlichen Fakten und fundierten, erschreckend düsteren Zukunftsszenarien. Andererseits hat auch ihre Mutter Pia einen Punkt, wenn sie darauf verweist, dass die Familie auf das Einkommen angewiesen ist, das der Chemiekonzern Winterfeld AG überweist.
Familienserie mit Tiefgang
Dieser fundamentale Generationenkonflikt entfaltet sich in „Mirella Schulze rettet die Welt“ auf turbulente, lockere Art. Wie bei vielen anderen Serien-Familien auch gibt es bei den Schulzes ständig Kabbeleien und Konflikte, nur steckt dahinter in der TVNOW-Originalserie eben deutlich mehr, als dass sich die Familienmitglieder gegenseitig nur mit ihren Marotten auf die Nerven gehen würden.
Wenn Mirella ihrer Schwester Maya vorwirft, dass die sich mit ihren Make-up-Produkten Plastik ins Gesicht schmiert, hat das eine politische Dimension und damit einfach mehr Tiefe als die sonst üblichen Geschwister-Streitereien aus anderen Serien – und ist trotzdem mindestens genauso witzig.
Dafür ist nicht zuletzt Ralf Husmann verantwortlich, der als Showrunner von „Mirella Schulze rettet die Welt“ die Richtung vorgab und die Serie gemeinsam mit Henning Wagner („Frau Jordan stellt gleich“), Helena Hofmann („Wild Republik“) und Christian Martin („Frau Jordan stellt gleich“) geschrieben hat. Husmann war für „Stromberg“ zuständig und auch wenn die kultige Büro-Satire auf den ersten Blick nicht viel mit der neuen quirligen Familienserie gemeinsam zu haben scheint, ist Husmanns Stil auch in „Mirella Schulze rettet die Welt“ spürbar.
Die Schulzes haben sich trotzdem lieb
Ralf Husmann versteht es einfach vortrefflich, sehr unterschiedliche Figuren in einem alltäglichen Mikrokosmos aufeinanderprallen zu lassen, ob nun im Büro oder in der Familie, und dabei sowohl die Eigenarten als auch die liebenswürdigen Seiten der Charaktere herauszuarbeiten. Es mag sich bei „Mirella Schulze rettet die Welt“ in der Familie viel gestritten werden, doch an der Liebe zueinander besteht trotzdem kein Zweifel: Der Bruder mag nicht verstehen, warum Mirella eigentlich so genau ein Problem damit hat, vom Bürgermeister vereinnahmt zu werden, aber er kapiert, dass die kleine Schwester bedrückt ist und eine Umarmung braucht.
Und wer an „Stromberg“ vor allem die trockenen, originellen Sprüche mochte, der wird in „Mirella Schulze rettet die Welt“ ebenfalls bestens bedient. „Dieses Mädchen tut immer so, als würden wir hier zum Heizen Eisbären verbrennen“, sagt die genervte Rektorin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums über Mirella – einer von vielen typischen Husmann-Sprüchen in der sehr spaßigen Familien-Serie.
Alle acht Folgen von „Mirella Schulze rettet die Welt“ können auf TVNOW gestreamt werden.