+++ Meinung +++
Seit dem gestrigen 11. Februar ist „Red Dot“ auf Netflix verfügbar – pünktlich zum Valentinstag also. Doch auch wenn es für Nadja (Nanna Blondell) und David (Anastasios Soulis) in den Liebesurlaub in die Natur geht, ist der Netflix-Film von Alain Darborg ein eiskalter Thriller. Damit ist er vielleicht nicht unbedingt die perfekte Wahl für einen romantischen Filmabend ...
... und wahrscheinlich ist er nicht die beste Wahl für irgendeinen Filmabend.
„Red Dot“ ist die jüngste Gelegenheit für das europäische Kino, sich auf der globalen Netflix-Bühne zu beweisen. Immerhin erreichen Filme aus Spanien, Polen oder eben Schweden dank des Streaming-Riesen ein größeres Publikum als je zuvor. Ähnlich wie zuletzt schon im spanischen Thriller „Unter Null“ geht’s auch in „Red Dot“ in den tiefsten Winter, auch hier wird auf düstere Stimmung und brutale Action gesetzt, und auch hier ist all das nicht spannend.
Dumm ist der, der Dummes tut
„Red Dot“ hat zweifelsohne einige starke Einstellungen, ist handwerklich gut gemacht und suggeriert auch nicht nur optisch, sondern auch akustisch, dass das hier ein Thriller ist. Aber selbst brutale Morde, düster-dröhnende Musik und ein erbarmungsloses Setting helfen am Ende nichts, wenn einem einfach egal ist, was hier gerade passiert. Und vor allem, wem es passiert.
Nadja und David sind von Anfang an keine wirklichen Sympathieträger. Das liegt einerseits daran, dass die Chemie zwischen den beiden einfach nicht stimmt. Man kauft ihnen das verliebte Paar zu Beginn schon nicht ab, sodass einen der Streit kurz darauf schon gar nicht mehr kümmert.
Wilder Sex, blutige Action und totales Chaos: Dieser neue Netflix-Film ist Eskalation purAndererseits werden sie durch hirnverbrannte Drehbuchideen aber nicht nur immer dämlicher, sondern auch noch zu kompletten Unsympathen, die einem selbst in der Hetzjagd leider egal sind.
Gleichzeitig fühlt sich der Film einfach wie ein Abhandeln von Stationen ein, die allesamt einzig und allein dem Selbstzweck dienen – begonnen von dem Beziehungs-Auf-und-Ab zwischen David und Nadja, über die blutigen Action-Einlagen bis hin zum ach so smarten Twist.
Diese Filme machen’s besser
Ich möchte an dieser Stelle aber gar nicht weiter auf die Wendung gegen Ende des Films eingehen, sondern vor allem auf die im Zentrum des Films stehende Jagd – die erst erfolgt, nachdem sich unser Pärchen mit ein paar Einheimischen anlegt.
Man macht sich lustig, zerkratzt Autos und plötzlich findet man sich im Kampf um Leben und Tod wieder. Es ist das simple Konzept eines perfiden Katz-und-Maus-Spiels, aus dem durchaus großes Kino entstehen kann – wenn man es richtig macht. Zwei starke Filme fallen mir da als allererstes ein:
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In „Joyride - Spritztour“ erlauben sich zwei Brüder (gespielt von Paul Walker und Steve Zahn) auf ihrem Roadtrip einen Spaß mit einem Trucker. Der versteht allerdings keinen Spaß und macht schon bald Jagd auf sie. Ein ganz ähnliches Szenario spielt sich in Steven Spielbergs meisterhaftem Frühwerk „Duell“ ab, nur dass hier ein Überholmanöver für einen Disput auf dem Asphalt sorgt.
Beide Filme erfinden das Rad nicht neu und sind obendrein so simpel gestrickt, wie es nur geht, holen einen mit ihren sympathischen bzw. glaubhaften Figuren aber von Anfang an ab, laden zum Mitfiebern ein – und strapazieren das Nervenkostüm ihres Publikums gerade hintenraus so sehr, dass es kaum noch auszuhalten ist. So müssen Thriller sein!
"Neues aus der Welt" im Podcast: Netflix-Western mit Helena Zengel und Tom Hanks
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