+++ Meinung +++
Lange Zeit habe ich Serien einfach mal Serien sein lassen. Denn die haben mir ohnehin immer zu viel Zeit geraubt, während haufenweise gute Filme nur darauf warteten, von meiner Watchlist gestrichen zu werden. Eine wollte ich aber dennoch schon immer sehen: „Spaced“.
Denn ich wurde mit „Shaun Of The Dead“ praktisch auf einen Schlag zum ultimativen Edgar-Wright-Fanboy, der seitdem jedem neuen Film des Briten entgegenfiebert – und der bis heute noch nie von ihm enttäuscht wurde. Da will ich natürlich wissen, was das Comedy-Genie vor seinem großen Kino-Durchbruch so getrieben hat. Vor allem natürlich, weil sich sein legendäres Darsteller-Gespann um Simon Pegg und Nick Frost mit der Serie eben schon Jahre vor seinen Kino-Hits formierte.
Und trotzdem habe ich es lange nicht geschafft, „Spaced“ nachzuholen. Da half es auch nichts, die DVD-Box beim britischen Amazon-Ableger jahrelang im Warenkorb vor sich hin stauben zu lassen (die deutsche DVD* kam erst 2018). Dank Amazon Prime Video* habe ich’s nun aber endlich geschafft, diese Bildungslücke zu schließen. Und ich könnte mich dafür in den Hintern beißen, das nicht schon vor langer Zeit getan zu haben...
Das ist "Spaced"
Der erfolglose Comic-Zeichner Tim (Simon Pegg) und die Autorin Daisy (Jessica Stevenson) suchen beide eine neue Bleibe – und geben sich schließlich als Pärchen aus, um auf dem harten Londoner Wohnungsmarkt überhaupt eine Chance zu haben. Und der Plan geht tatsächlich auf, die beiden haben nach kurzer Zeit ein Dach über dem Kopf! Doch damit beginnen die Probleme erst. Denn jetzt gilt es, die Maskerade für ihre Vermieterin Marsha (Julia Deakin) und ihren schrulligen Nachbarn Brian (Mark Heap) aufrecht zu erhalten.
Edgar Wright etablierte mit „Spaced“ seinen Stil, den er später in Hollywood (unter anderem mit „Scott Pilgrim“ oder „Baby Driver“) auf die Spitze trieb. Verschrobene Figuren, die man umgangssprachlich als „Nerds“ bezeichnen könnte, ebenso unkonventionelle wie fetzige Schnitt- und Kameratechniken und natürlich jede Menge pechschwarzer britischer Humor – nur eben ohne den ganzen Hochglanz-Schnickschnack.
Und genau den braucht „Spaced“ auch nicht. Deshalb kam das geplante US-Remake ja auch nie zustande. Denn dafür sollten damals gravierende Änderungen an dem Format vorgenommen werden, um es dem amerikanischen Publikum anzupassen – sodass am Ende kaum noch etwas vom rauen Nordlondoner Charme der Single-Camera-Sitcom übrig geblieben wäre. Geschweige denn von dem gewohnt zügellosen Humor der Briten.
Doch genau der macht „Spaced“ auch aus. Comedy ist für viele Filmemacher bekanntlich die absolute Königsdisziplin, denn es muss schon vieles zusammenspielen, damit nicht nur die einzelnen Gags zünden, sondern gleichzeitig auch die Geschichte ein stimmiges Ganzes ergibt. Dass Wright eben das meisterhaft beherrscht, bekamen wir im Kino zwar immer wieder zu sehen – nichtstdestotrotz wage ich zu behaupten, dass Wright nie lustiger war als um die Jahrtausendwende.
Ich habe in der ersten Folge jedenfalls öfter als fünfmal lauthals gelacht (irgendwann hört man auf mitzuzählen). Bei einer Episodenlänge von knapp 25 Minuten ist das nicht nur ein verdammt guter Schnitt, sondern obendrein auch noch wesentlich öfter als bei sämtlichen Kino-Komödien der vergangenen Jahre...
Einen Nachteil gibt's aber... (nicht die fehlende Synchro!)
Wer mit Edgar Wrights Filmen und britischem Humor grundsätzlich etwas anfangen kann, kommt an „Spaced“ einfach nicht vorbei – oder verpasst eben eines der Comedy-Highlights um die Jahrtausendwende (beide Staffeln wurden übrigens für den britischen TV-Preis BAFTA nominiert).
„Spaced“ gibt es allerdings nur im englischen Originalton. Während das bei Synchro-Verfechtern seit Jahren für Empörung sorgt, dürften sich O-Ton-Freunde aber längst einig sein: Wer britische Comedy nicht im Originalton schaut, verpasst ohnehin das Meiste.
Das eigentlich Problem ist aber ein anderes: Es gibt insgesamt gerade einmal 14 Episoden, die sich an einem verregneten Sonntag ganz locker (und viel zu schnell) weggucken. Und auf Nachfragen von Fans und Journalisten stellten Edgar Wright und Co. in den vergangenen gut 20 Jahren regelmäßig klar, dass die Zeit für Staffel 3 endgültig abgelaufen sei – auch wenn man ursprünglich noch einige weitere Ideen gehabt hätte...
So bitter das für Fans wie mich auch sein mag, muss man es einem Filmemacher heutzutage aber auch einfach mal zugute halten, wenn er einen Hit eben nicht fortsetzt, nur weil er könnte...
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