Bessere Bösewichte
von Benjamin Hecht
Von allen bisherigen MCU-Filmen ist „Civil War“ mein Favorit, weil der zentrale Konflikt zwischen Captain America und Iron Man interessanter ist als jeder Kampf, den die Helden bisher mit irgendwelchen Schurken ausgetragen haben. Er umgeht damit geschickt die größte Schwäche der Marvel-Filme: langweilige Bösewichte.
In Sachen Heldenfiguren leisten die Marvel Studios seit vielen Jahren ganz großes Kino. Charaktere wie Tony Stark (Robert Downey Jr.) und Thor (Chris Hemsworth) wachsen uns nicht nur schnell ans Herz, sondern sind auch perfekt besetzt. Doch anscheinend mühen sich die Kreativen hinter dem MCU oft damit ab, ähnlich starke Schurken zu kreieren. Ob Hela aus „Ragnarok“, Red Skull aus „Captain America“, Kaecilius (dessen Namen ich erst googlen musste) aus „Doctor Strange“ oder Schurke XY aus einem beliebigen „Iron Man“-Film: Oft sind die Bösewichte des MCUs generisch, austauschbar und uninspiriert. Doch es gibt auch Positivbeispiele.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Thors Bruder Loki (Tom Hiddleston) oder Captain Americas Kumpel Bucky (Sebastian Stan) sind eine willkommene Abwechslung, weil unsere Helden mit ihnen eben nicht das absolute Böse, sondern die eigenen Freunde bekämpfen. „Civil War“ führt dieses Konzept ins Extrem und lässt unter der Leitung von Captain America und Iron Man zwei Heldenfronten aufeinander prallen, so dass der eigentliche Schurke Zemo (Daniel Brühl) über weite Strecken des Films fast in Vergessenheit gerät. Auch „Spider-Man: Homecoming“ lieferte mit Michael Keatons Vulture einen erfrischenden Ansatz: Für sich alleine stehend war er zwar auch nicht sonderlich interessant, doch durch die Tatsache, dass es sich bei ihm um den Vater von Peter Parkers Freundin handelte, wurde dem Kampf Gut gegen Böse ein weitere Dimension verliehen.
Eine persönliche Beziehung zwischen Held und Schurke ist aber gar nicht unbedingt nötig, um das Problem des blassen Bösewichts zu umgehen. Antagonisten können auch einfach eine interessante Motivation haben. Thanos ist das perfekte Beispiel: Er strebt nicht aus egoistischen Gründen nach Macht, sondern möchte einfach nur Frieden im Universum. Dafür glaubt er, die Hälfte allen Lebens auslöschen zu müssen, um dieses vor der einem noch größeren Schaden zu bewahren, der durch Überbevölkerung entstehen könnte. Seine Beweggründe sind nachvollziehbar, auch wenn die Schlüsse, die Thanos daraus zieht, mehr als fragwürdig sind.
Ich wünsche mir, in Zukunft mehr Schurken in Marvel-Filmen zu sehen, die komplexer sind als „Pinky und der Brain“ und eben nicht nur die Weltherrschaft wollen. „Civil War“ und „Infinity War“ liefern zwei mögliche Ansätze, wie sich dieses Ziel erreichen lässt.