Früher war alles ganz einfach. Die Studios machten viel Werbung – und dann haben sich einen Film am Eröffnungswochenende auch viele Menschen angesehen. Ob sich ein Film dann in den folgenden Wochen gut gehalten hat oder nicht, hing wiederrum in erster Linie mit der aus dem Eröffnungswochenende resultierenden Mundpropaganda zusammen. Aber inzwischen wird es immer schwieriger, Leute davon zu überzeugen, dass sie ihren Hintern hochkriegen und ins Kino gehen sollten. Deshalb setzen Hollywoodstudios nun zumindest bei Filmen, bei denen sie sich eine positive Reaktion der Zuschauer erwarten, auf ein neues Konzept.
So wurde „Aquaman“ im Dezember in zahlreichen US-Kinos exklusiv für Kunden von Amazon Prime eine Woche vor dem offiziellen Kinostart gezeigt. Die „Bumblebee“-Produzenten waren sogar noch selbstbewusster und zeigten das „Transformers“-Spin-off sogar zwei Wochen vor dem eigentlichen Release, womit sie die DCEU-Konkurrenz sogar noch einmal überboten. In beiden Fällen ist der Plan aufgegangen: Die Filme kamen bei den Zuschauern größtenteils sehr gut an und so verbreitete sich bereits vor dem Eröffnungswochenende eine sehr positive Mundpropaganda.
Bei "Glass" ist das Risiko viel höher
Auch bei „Glass“ gibt es nun so eine spezielle Preview-Vereinbarung: Das Crossover von „Unbreakable“ und „Split“ wird am 12. Januar in den USA in 25 Kinos der Kette Alamo Drafthouse gezeigt (das sind die tollen Kinos, in der man tatsächlich rausgeschmissen wird, wenn man während des Films sein Handy rausholt). Bei einer der Vorstellungen in New York wird M. Night Shyamalan anschließend auch anwesend sein. Und wir, die bisher nur die ersten 25 Minuten des Films gesehen haben, gehen fest davon aus, dass anschließend auch diesmal wieder die positiven bis begeisterten Stimmen über die sozialen Medien hinwegschwappen werden. Aber „Glass“ ist nun mal kein typischer Action-Blockbuster wie „Bumblebee“ oder „Aquaman“, wo man wegen dem Humor oder der Action reingeht, sondern der neue Film des „The Sixth Sense“-Masterminds...
... und damit geht es hier eben auch darum, dass die Fans den erwarteten zentralen Twist am Eröffnungswochenende mit als erstes (und möglichst ungespoilert) erleben wollen. Und nun müssen die meisten eben doch damit leben, dass sie nicht zu den ersten gehören, die den nächsten (hoffentlich) wieder genialen Einfall von Shyamalan zu sehen bekommen. Es besteht zudem natürlich auch die reale Gefahr, dass einige der Preview-Zuschauer bei ihren Reaktionen nicht ganz so vorsichtig sein werden, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Zumindest kleine Anspielungen oder provokante Hinweise werden sich kaum vermeiden lassen. Deshalb können wir allen Shyamalan-Jüngern nur den Tipp geben, ab dem 12. Januar unbedingf einen einwöchigen Twitter-Hiatus einzulegen.
„Glass“ startet am 17. Januar in den deutschen Kinos. Die spoilerfreie FILMSTARTS-Kritik erscheint mit Ablauf des internationalen Embargos am kommenden Mittwoch, den 9. Januar, gegen 23.00 Uhr.