Als Netflix im November 2017 bekanntgab, dass die finale sechste Staffel von „House Of Cards“ neu konzipiert und nun ohne Kevin Spacey entstehen werde, war es nur eine Randnotiz: Auch das gerade abgedrehte Biopic „Gore“, das für Netflix entstand, werde nicht auf dem Streamingdienst veröffentlicht.
Wie Buzzfeed nun herausfand, war Netflix bereit, mit dieser Entscheidung viel Geld zu verlieren. Insgesamt 39 Millionen Dollar soll es Netflix gekostet haben, alle Geschäftsbeziehungen mit Spacey zu beenden und das sind vor allem die Kosten von „Gore“. Denn der Streamingdienst zahlte für die Produktion, wird aber mit dem Film keinerlei Geld verdienen, da man ihn komplett aufgegeben hat. Bislang hat sich auch niemand anderes gefunden, der das von Michael Hoffman („Zeit der Sinnlichkeit“, „Ein Sommernachtstraum“, „The Best Of Me“) inszenierte Biopic über den Schriftsteller, Drehbuchautor, Schauspieler und Politiker Gore Vidal veröffentlichen will. Das verwundert aufgrund einiger Szenenbeschreibungen allerdings auch nicht, die die Kollegen von Buzzfeed aus dem Drehbuch des Films zitieren.
Überlagert Spacey den Film?
So zeige „Gore“ unter anderem wie die von Kevin Spacey gespielte Hauptfigur versuche, herauszufinden, wie ein junger Autor (gespielt von Douglas Booth) zu Sex mit Männern steht. Es scheint dabei offensichtlich, dass er diesen jungen Mann verführen will. In einer späteren Szene bringe Gores Diener den Männern zwei Prostituierte, die lasziv vor ihnen tanzen, während Gore den Blick des jungen Autors auf eine Darstellung auf einer alten römischen Lampe lenkt. Auf dem Bild nehme ein älterer Mann einen Jüngeren von hinten, was Gore zu einer Erzählung über Sex im alten Rom und die Bedeutung von Macht in diesem Zusammenhang ausführt – mit dem Schluss, dass Sex mit einem Mann damals kein Stigma war, solange man der Penetrierende war, solange man die Macht über den anderen hatte. Anschließend lüfte Gore die Röcke der beiden Prostituierten und zeige, dass die jeweils über einen Penis verfügen, also transsexuell sind. Er rate dann noch richtig, dass sein jüngerer Begleiter einen Ständer bekommen hat.
Die Kollegen von Buzzfeed führen dabei treffend aus, dass es schwer sein dürfte, sich diese Szenen anzuschauen, ohne an die Vorwürfe gegen Spacey zu denken. Schließlich begannen diese damit, dass der Schauspieler Anthony Rapp („Star Trek: Discovery“) öffentlich machte, wie Spacey ihm zugesetzt haben soll, als er selbst noch minderjährig war und ihm dabei unter anderem zwischen die Beine gegriffen hat, um festzustellen, ob er einen Ständer hat. Auch bei den weiteren Vorwürfen gegen Spacey, die von verschiedenen Seiten im Anschluss an diese Enthüllung geäußert wurden, hieß es immer wieder, dass der Schauspieler versucht habe, seine Machtposition zu nutzen, um junge Männer zu verführen – scheinbar ganz wie Gore in dem Biopic.
"Gore" erscheint womöglich nie
Ob „Gore“ jemals erscheint, ist daher mehr als unwahrscheinlich. Netflix hat wie gesagt deutlich gemacht, den Film niemals zeigen zu wollen. Dass jemand die Rechte übernimmt, ist bislang nicht abzusehen, was natürlich auch ein herber Schlag für alle anderen Beteiligten an dem Projekt ist. Neben Spacey und dem bereits erwähnten Douglas Booth standen unter anderem noch Michael Stuhlbarg, Freya Mavor und Nikolai Kinski für „Gore“ vor der Kamera.