Die Überraschung war groß: Nachdem sich Netflix mit fünf Solo-Serien und dem Crossover-Event „The Defenders“ in den vergangenen Jahren ein eigenes kleines Marvel-Universum aufgebaut hat, wird dieses nun schon wieder merklich verkleinert. Innerhalb kurzer Zeit wurden jetzt sowohl „Iron Fist“ als auch „Luke Cage“ nach der zweiten Staffel eingestellt. Während bei der Absetzung von „Luke Cage“ auch kreative Differenzen eine Rolle gespielt haben sollen, ist generell eine Abnahme des Zuschauerinteresses an den Netflix-Marvel-Serien zu verzeichnen, was auch Auswirkungen für die Zukunft der verbleibenden Formate haben könnte – darunter „Daredevil“.
Starke Einbußen bei "Luke Cage" und "Iron Fist"
Das Magazin Business Insider belegt diesen Abfall nun mit Daten des Unternehmens Crimson Hexagon, das Konsumentenverhalten untersucht und auswertet. Zwar hat die Firma keine konkreten Abrufzahlen bei Netflix selbst vorzuweisen, da der Streamingkonzern über diese ja stets Stillschweigen bewahrt, doch hat Crimson Hexagon die Entwicklung der Social-Media-Posts bei Twitter und Instagram aufgezeichnet, die im Zusammenhang mit den Serien stehen, was heutzutage eine durchaus verlässliche Alternative zur Messung der grundsätzlichen öffentlichen Wahrnehmung eines Themas ist.
Tatsächlich ist hier der größte Einbruch der Zahlen bei den nun abgesetzten Serien „Iron Fist“ und „Luke Cage“ zu verzeichnen. Während „Luke Cage“ zum viel diskutierten Start im September 2016 noch auf einen Maximalwert von über 300.000 Beiträgen an einem Tag in den genannten Sozialen Netzwerken kam, waren es bei der Veröffentlichung von Staffel zwei im Juni dieses Jahres nur noch knapp unter 50.000. Ähnlich sah es bei „Iron Fist“ aus, wo ein Rückgang von rund 120.000 auf weniger als 20.000 Posts von Staffel eins zu Staffel zwei festzustellen war.
Bessere Zahlen für "Daredevil" und "Jessica Jones"
Bei den anderen (noch aktiven) Defenders „Jessica Jones“ und „Daredevil“ waren die Einbußen hingegen nicht ganz so massiv. Die Abenteuer der alkoholkranken Privatdetektivin begleiteten am höchsten Punkt zur ersten Staffel ebenfalls fast 300.000 Posts, bei Season zwei dann immerhin noch knapp 150.000. Dem Teufel aus Hell’s Kitchen ging nach etwa 275.000 (Season eins) und 200.000 Beiträgen (Season zwei) sogar erst jetzt bei der dritten Staffel etwas stärker die Puste aus. Hier stehen die finalen Zahlen sogar noch aus, da der Peak in der Regel erst einige Tage nach dem Start der neuen Folgen erreicht wird, ganz so aktuelle Daten aber noch nicht vorlagen. Anhand der bisherigen Werte ist aber mit einem Tages-Höchstwert irgendwo zwischen 75.000 und 100.000 Posts zu rechnen.
Obwohl sich „Jessica Jones“ und „Daredevil“ damit besser schlagen als ihre Helden-Kollegen, unterstreichen auch ihre Serien den generellen Negativ-Trend. Weitere Konsequenzen sind hier also definitiv denkbar. Während von „Jessica Jones“ trotzdem schon vor einer Weile eine dritte Season bestellt wurde, bleibt nun abzuwarten, wie es mit „Daredevil“ weitergeht. Erst kürzlich ist die dritte Staffel der allerersten Marvel-Netflix-Serie erschienen, an deren Ende eine vierte auch schon angedeutet wird, wie wir bereits ausführlich ausgeführt haben. Bestellt wurden weitere Folgen jedoch noch nicht.
Hoffnung für "Daredevil"
Die Hoffnung für die „Daredevil“-Zukunft sollte aber definitiv nicht aufgegeben werden. Denn auch wenn das Interesse hier ebenfalls nachgelassen hat und sich das auch sicherlich in den Abrufzahlen wiederspiegeln dürfte, entscheidet Netflix nicht nur anhand der absoluten Abrufe über die Fortführung einer Serie, sondern vor allem auch daran, wieviel Nutzer eine einmal begonnene Staffel auch wirklich zu Ende geschaut haben.
Hinzu kommt, dass „Daredevil“, auch jetzt in Staffel drei, ein positiveres Echo als etwa „Luke Cage“ und „Iron Fist“ bekommen hat – und das nicht nur von Kritikern, sondern offenbar auch in den Sozialen Medien, wie Crimson Hexagon ebenfalls belegt. Demnach waren die Online-Beiträge zu „Daredevil“ laut den Daten des Unternehmens zu 79 Prozent positiv, bei „Iron Fist“ hingegen nur zu etwa 53 Prozent.
"Daredevil"-Autor glaubt an 4. Staffel
Auch Erik Oleson, der in der dritten „Daredevil“-Staffel die Showrunner-Pflichten übernommen hat, zeigte sich im Interview mit Entertainment Weekly recht zuversichtlich, was das Zustandekommen einer vierten Staffel und seine eigene Beteiligung angeht. Vage Pläne, über die er allerdings noch nicht reden darf, gebe es für neue Folgen auf jeden Fall schon.
„Daredevil“-Fans dürfte das nach den jüngsten Marvel-Netflix-Schocks etwas optimistischer stimmen, dennoch hat das letzte Wort hier immer noch der Streamingdienst selbst. Allgemein bleibt zu sagen, dass Netflix laut eigener Aussage nach wie vor auch bei den Marvel-Serien alleinig über deren Schicksal entscheidet und Marvel-Mutter-Konzern Disney, der Ende 2019 ja seinen eigenen Streamingdienst an den Start bringen wird, demnach kein Mitspracherecht hat.
Von A bis Z: Welche Serien wurden abgesetzt, welche verlängert?