Es hat 2015 alles so vielversprechend angefangen: Mit den ersten Staffeln von „Daredevil“ und „Jessica Jones“ hat Netflix sein eigenes Marvel-Universum aus dem Stand als spannenden Gegenpol zum Kino-MCU in Stellung gebracht! Die Serien waren – im Gegensatz zu den Marvel-Serien der klassischen TV-Sender - gefühlt in aller Munde. Einer rosigen Streaming-Zukunft stand also eigentlich nichts mehr im Wege…
Aber dann zeigten sich irgendwann erste Risse in der strahlend-düsteren Antihelden-Fassade. Der Auftakt von „Luke Cage“ fuhr nur noch mittelmäßige Kritiken ein und die ersten Staffeln von „The Defenders“ und vor allem „Iron Fist“ wurden sogar schwach bis sehr schlecht besprochen. Auch die Lautstärke, mit der vor allem im Netz über die neuen Serien oder Staffeln der Netflix-Marvel-Serien diskutiert wurde, ließ immer mehr nach.
Disney sitzt am längeren Hebel
Aber neben der nachlassenden Qualität gab es zuletzt auch immer mehr Entwicklungen, die Fans der Netflix-Serien durchaus beunruhigen sollten. So hat Disney ja bekanntermaßen angekündigt, 2019 seinen eigenen Streaming-Service als Netflix-Konkurrenten an den Start bringen zu wollen. Und da dort auch MCU-Spin-off-Serien etwa über Loki (Tom Hiddleston) und Scarlett Witch (Elizabeth Olsen) laufen sollen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Marvel keine neuen Lizenzen mehr an Netflix vergeben werden wird (schließlich gehört Marvel zum Disney Konzern).
Zugleich wurde vergangene Woche zum ersten Mal eine Marvel-Serie auf Netflix abgesetzt: Für „Iron Fist“ wird es keine dritte Staffel mehr geben – und das, obwohl die zweite Staffel bei Fans und Kritikern zumindest deutlich besser angekommen ist als die schwache erste, die Serie also auf einem richtigen Weg war.
Jetzt spricht der Netflix-Boss
Nach ersten Spekulationen, ob das Ende aller Marvel-Serien auf Netflix womöglich kurz bevorstehen könnte, hat sich nun auch Netflix’ Chief Content Officer Ted Sarandos selbst zu Wort gemeldet und ein zwar kurzes, aber vermeintlich klares Statement abgegeben:
Es ist allein unsere Entscheidung, was wir absetzen, und bisher sind wir mit der Performance der Serien super happy.
Das klingt ja erst mal gut. Aber was heißt die Aussage wirklich? Eigentlich bestätigt Sarandos damit nur noch einmal, dass Netflix das Recht dazu hat, die bisher gestarteten Marvel-Serien so lange weiter fortzusetzen, wie es der Streamingdienst will, und Marvel bzw. Disney hierauf auch keinen Einfluss habe. Nur muss natürlich befürchtet werden, dass von Staffel zu Staffel jeweils ein Teil der Zuschauer abspringen wird – vor allem dann, wenn nicht wie bisher durch neue Helden frischer Wind in das Serien-Universum geblasen wird.
Es ist also alleine die Entscheidung von Netflix, wann sie welche ihrer verbliebenen Marvel-Serien canceln. Aber dass das Netflix-Marvel-Universum irgendwann in den kommenden Jahren sterben wird, ist nach dem jetzigen Stand trotzdem ausgemachte Sache. Es gibt eigentlich nur ein Szenario, in dem wir uns einen anderen Ausgang vorstellen können: Wenn der eigene Streaming-Dienst floppt, könnte es natürlich sein, dass Disney wieder zurück zu Netflix gekrochen kommt. Aber das erscheint uns zum jetzigen Zeitpunkt als nicht sehr wahrscheinlich.