Während Filmadaptionen von Videospielen bereits eine umfangreiche (und eher unrühmliche) Geschichte haben, ist die Liste der Realserien, die auf Videospielen basieren, noch ziemlich überschaubar. Doch könnte sich das schon bald ändern. Mit „The Witcher“ befindet sich bereits eine Netflix-Serie in der Mache, die zwar primär auf den Büchern von Andrzej Sapkowski beruht, sich aber auch bei Elementen der gleichnamigen Videospiel-Trilogie bedienen wird. Und nun wurde laut Variety außerdem eine Serienadaption des gefeierten Action-Adventures „Alan Wake“ angekündigt.
"Twin Peaks" trifft Stephen King
In „Alan Wake“, das nach langjähriger Entwicklung 2010 für die Xbox 360 und 2012 für den PC erschien, schlüpft der Spieler in die Haut des titelgebenden Bestseller-Autors, den es gemeinsam mit seiner Frau in eine verschlafene Kleinstadt verschlägt – in der Hoffnung, dort eine anhaltende Schreibblockade zu überwinden. Nachdem seine Frau spurlos verschwindet, häufen sich aber schon bald die mysteriösen Vorkommnisse, die einem von Alans Romanen zu entspringen scheinen – obwohl er sich nicht daran erinnern kann, diesen je geschrieben zu haben.
Setting und Handlung von „Alan Wake“ sind dabei offensichtlich von gleich mehreren großen Vorbildern inspiriert. Abseits vieler Hitchcock- und „Twilight Zone“-Anleihen erinnern vor allem Schauplatz und Figuren-Ensemble an den Mystery-Meilenstein „Twin Peaks“. Der an seinem eigenen Verstand zweifelnde Schriftsteller könnte derweil direkt aus einem Stephen-King-Roman stammen. Wohl nicht ohne Grund wird das Spiel auch mit einem Zitat des Horrorpapstes eröffnet.
TV-Serie statt "Alan Wake 2"?
Sam Lake, Chef der finnischen Spielefirma Remedy Entertainment, die neben „Alan Wake“ vor allem für ihre „Max Payne“-Reihe und den Zeitreise-Thriller „Quantum Break“ bekannt ist, hat bereits mehrfach angekündigt, sein „Alan Wake“-Universum erweitern zu wollen. Obwohl sich das Spiel nach guten Kritiken ordentlich verkauft hat und Lake und sein Team viele Ideen für eine Fortsetzung hätten, ist ein „Alan Wake 2“ bislang nicht erschienen. Mit „Alan Wake’s American Nightmare“ wurde lediglich ein tonal etwas anders gelagerter Ableger veröffentlicht.
In der geplanten Serie könnten nun aber einige dieser Sequel-Ideen Verwendung finden, wie Lake, der als Ausführender Produzent aktiv in die Adaption involviert sein soll, in Aussicht stellte. Wie die Geschichte des Spiels auf die Serie übertragen wird und wo genau deren Handlung ansetzt, ist noch nicht bekannt, doch soll es wohl keine haarkleine Eins-zu-eins-Adaption werden: „Die Story des Originalspiels ist unser Ausgangspunkt, die Saat, aus der die größere Geschichte wachsen wird, die wir in der Serie erforschen wollen“, so Lake. „Wir werden die Hintergründe dieses verrückten und düsteren Universums ausweiten und tiefer in bestimmte Aspekte abtauchen, als es das Spiel je getan hat.“
Die geeignete Erfahrung
Als Produktionsfirma ist Contradiction Films an der „Alan Wake“-Serie beteiligt, die schon mit der Web-Serie „Mortal Kombat: Legacy“ und den beiden „Dead Rising“-Filmen für vielbeachtete Videospiel-Adaptionen verantwortlich zeichneten. Contradiction-Chef Tomas Harlan outete sich nun nicht nur als riesiger „Alan Wake“-Fan, sondern glaubt auch, dass eine Serie ein wesentlicher besserer Weg sei, Videospiele zu adaptieren, als etwa Filme: „Wie kann man eine zehn- bis 40-stündige Erfahrung auf 90 Minuten runterbrechen?“, fragt Harlan, nur um direkt selbst zu antworten: „Ich glaube nicht, dass das geht“.
Hinzu kommt, dass schon die Spielvorlage in Sachen Struktur wie eine TV-Serie daherkommt. So sind die einzelnen Abschnitte in mehrere Episoden eingeteilt, an deren Beginn stets noch einmal zusammengefasst wird, „was bisher geschah“. Auch abseits dessen (und der fiktiven TV-Shows innerhalb der Spiele) hat Remedy übrigens schon ein wenig Serien-Erfahrung vorzuweisen. Für „Quantum Break“ ließ das Studio seinerzeit längere Zwischensequenzen mit echten Schauspielern produzieren, die die Geschichte des Spiels ergänzen.
Bislang steht noch nicht fest, wann und wo „Alan Wake“ erscheinen wird. Wie Harlan aber verriet, wird man sich im Oktober 2018 mit einem von TV-Autor Peter Calloway („Legion“, „Under The Dome“) ausgearbeiteten Konzept an mehrere mögliche Anbieter wenden. Verschiedene Studios hätten Harlan zufolge außerdem schon jetzt Interesse an dem Projekt bekundet.