Dass Walt Disney im Konkurrenzkampf keine halben Sachen macht, dürfte längst jedem bekannt sein. Große Marken wie Marvel und „Star Wars” hat der Mäusekonzern kurzerhand eingekauft und sogar das traditionsreiche Hollywood-Studio Twentieth Century Fox will sich das Unternehmen für eine Rekordsumme einverleiben, die sogar dem milliardenschwerden TV-Konzern und Mitbieter Comcast zu hoch wurde. Während dieser Deal nach wie vor noch nicht ganz in trockenen Tüchern ist, ist schon seit geraumer Zeit sicher, dass Disney auch im Streaming-Geschäft ernsthaft mitmischen will. Statt hier jedoch auch die Konkurrenz wie Netflix aufzukaufen (was wohl selbst für Disney etwas zu teuer werden würde), probiert es Bob Igers Firma mit einem ganz eigenen Streaming-Dienst. Schon im August 2017 wurde das große Vorhaben bekannt, im Jahr 2019 soll die Plattform schließlich online gehen. Nun steht offenbar schon der Name: Wie aus einem ausführlichen Bericht von Variety hervorgeht, nennt sich die hauseigene Streamingplattform Disney Play.
Disney-Boss Iger bezeichnet den geplanten Launch als „höchste Priorität des Unternehmens im Kalenderjahr 2019“. Mit der eigenen Online-Videothek, die ebenfalls über ein Abo-Modell funktionieren soll, zielt Disney natürlich ganz klar auf Hauptkonkurrent Netflix, welchen es vom VOD-Thron zu stoßen gilt. Seit der Verkündung einer eigenen Plattform fiel Disney immer mit klaren Kampfansagen gegen den Streaming-Riesen auf, etwa als direkt mal das Ende der Zusammenarbeit verkündet wurde: Walt-Disney-Produktionen wie die Pixar-Werke oder auch Zeichentrickfilme wie „Der König der Löwen“ werden demnach ab 2019 gänzlich von Netflix verschwinden.
Bei Netflix wird aussortiert
Im April 2018 kam der nächste Schlag: Sämtliche „Star Wars“-Episoden wurden bereits von Netflix entfernt. Grund ist das allmähliche Auslaufen der Lizenzverträge zwischen den beiden Parteien, die Disney wohl auch nicht mehr verlängern wird. Mit „Rogue One: A Star Wars Story“ landet zwar bald noch ein Spin-off aus der weit, weit entfernten Galaxis auf dem Streaming-Dienst, doch dürfte sich das 2019 auch wieder von dort verabschieden. Ähnliches gilt auch für die MCU-Filme wie „Avengers“, „Captain America“ und Co.: Viele Titel aus dem Marvel-Universum sind zwar derzeit noch auf Netflix verfügbar (und mit „Doctor Strange“ gab es auch hier erst jüngst einen Neuzugang), aber wohl auch nur solang, bis die Kooperation zu Ende geht. Im März 2019, wenn „Captain Marvel“ im Kino erscheint, soll „Ant-Man And The Wasp“ der letzte MCU-Titel auf Netflix werden. Danach wird die Zusammenarbeit aufgelöst und Disney-Titel dürften auf der Plattform damit endgültig passé sein (via New York Times).
Walt Disney möchte aber nicht einfach nur eine Online-Videothek sein, ganz wie beim großen Konkurrenten sollen auch unter dem eigenen Dach Filme und Serien entstehen, die dann exklusiv auf der Plattform laufen. Den Anfang macht gleich mal die zehnteilige „Star Wars“-Realserie, die sage und schreibe zehn Millionen Dollar gekostet haben und zeitnah zum Start des Streamingdienstes anlaufen soll. Mit so einem Zugpferd zum Launch von Disney Play könnte Bob Igers Imperium gleich direkt zahlreiche Kunden gewinnen, nicht zuletzt da die kommenden Kino-Kracher wie „Captain Marvel“, der „König der Löwen“-Realfilm oder „Toy Story 4“ in Zukunft alternativ zu den DVD- und Blu-ray-Veröffentlichungen daheim ausnahmslos auf der eigenen Plattform zu sehen sein werden.
Doch was ist, sobald Disney tatsächlich den Fox-Mega-Deal über die Bühne kriegt? Denn dann könnten ja noch sehr viel mehr Marken und Titel exklusiv zu Disney Play wandern. Laut Variety sei das aber derzeit nicht die Intention des Unternehmens, denn für all diese Filme neue Verträge abzuschließen oder aufzulösen, wäre „logistisch schwierig und extrem kostenintensiv“. Auch in Sachen Angebot will man bei Disney erst einmal nicht zu sehr aufs Gas drücken und sich damit auch von Netflix unterscheiden. Anders als dort sollen nämlich nicht in kurzer Zeit unzählige, hauseigene Film- und Serienproduktionen erscheinen. Während bei Netflix etwa im Jahr 2018 gleich 80 Original-Filme angepeilt wurden, gehe bei Disney Qualität vor Quantität.
Weniger ist bei Disney mehr
Zum Vergleich: Disney hat für dieses Jahr gerade mal zehn Filmstarts angesetzt und auch wenn Walt Disney der größte und wertvollste Medienkonzern der Welt ist (was Netflix sogar für ganz kurze Zeit überbieten konnte), investierte kein Unternehmen im Jahr 2018 in die Produktion von Filmen und Serien so viel Geld wie der Streaming-Gigant Netflix. Über zwölf Milliarden Dollar sollen ausgegeben worden sein, mit solchen Summen wird der Micky-Maus-Konzern dagegen wohl eher nicht spielen, doch das muss er auch gar nicht. Mit nur acht Produktionen konnten im vergangenen Jahr an die sechs Milliarden US-Dollar eingespielt werden und 2018 brachten es alleine „Black Panther“ und „Avengers 3“ zusammen auf über drei Milliarden Dollar Umsatz.
Disney weiß also in der Regel, sein Geld klug anzulegen (auch wenn dieses Jahr schon „Solo: A Star Wars Story“ und „Das Zeiträtsel“ floppten) und auch das Zugpferd Play könnte so eine rentable Investition werden. Dennoch: Mit rund 130 Millionen Abonnenten weltweit legt Netflix eine beachtliche Marke vor. Ein großer Wermutstropfen ist zudem, dass man die originalen „Star Wars“-Episoden zum Start der Plattform wohl noch gar nicht dort finden wird, da die entsprechenden Auswertungsrechte noch bis mindestens 2022 exklusiv bei der Firma Turner Broadcasting liegen.
Sehr interessant dürften aufgrund all dessen auch die monatlichen Kosten sein, welche die Nutzer bei Play tragen müssten. Details sind dazu zwar noch nicht bekannt, doch sollen die Preise auch aufgrund des (zunächst) überschaubaren Angebots günstiger als bei der Konkurrenz ausfallen. Zunächst wird Disney Play 2019 nur in den USA an den Start gehen. Wann die Streamingplattform in Deutschland veröffentlicht wird, ist noch nicht bekannt.