Er ist ein bewährtes Mittel, um das Publikum auch über Folgen- und Staffelenden hinweg bei der Stange zu halten: der Cliffhanger. Man denke etwa an das Finale der zweiten Staffel von „Sherlock “. Dort taucht der von Benedict Cumberbatch gespielte Titelheld nach einem vermeintlich tödlichen Sprung vom Dach eines Krankenhauses plötzlich quicklebendig wieder auf. Aber wie hat er das gemacht? Es folgten zwei lange Jahre des Wartens, ehe zu Beginn von Staffel 3 endlich erklärt wurde, wie Sherlock Holmes das gottverdammt noch mal angestellt hat. Für Fans eine Tortur, die mit Frust aber auch mit viel Lust verbunden ist. Kinder dagegen können mit einer solchen unaufgelösten Spannung noch gar nicht richtig umgehen. Aus dieser durch diverse Untersuchungen unterfütterten Erkenntnis ziehen die Programmverantwortlichen bei Super RTL nun Konsequenzen und schneiden diverse Netflix-Serien kindgerecht um. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Betroffen sind davon Serien wie „Ninjago“, „Dragons – Auf zu neuen Ufern“ oder „Trolljäger“. Die Folgen enden in der Regel mit einem Cliffhanger und der wird für die Ausstrahlung bei Super RTL „entfernt“, indem das Episodenende einfach etwas früher angesetzt und die aufregende Finalsequenz mit dem offenen Ausgang an den Anfang der nächsten Folge gestellt wird. Die Konsequenz: Die Auflösung des Konflikts (der ursprüngliche Beginn der Episode) erfolgt unmittelbar danach statt nach langer Pause. Alternativ gibt es bei Super RTL nach dem Cliffhanger-Ende direkt eine ausführliche Vorschau, in der verraten wird, wie es weitergeht.
Mit solchen Eingriffen erspart man den kleinen Zuschauern, dass sie sich lange mit ungelösten TV-Konflikten herumplagen müssen. Und die Eltern werden ebenfalls geschont. Denn laut Alexander Betzler, Leiter der Programmplanung bei Super RTL, schauen viele Kinder „auch vor dem Schlafengehen fern. Die Eltern wären sauer, wenn die Kinder danach wegen eines Cliffhangers völlig überdreht wären.“ Im Normalfall käme die nächste Folge und somit die Auflösung des Rätsels erst eine Woche später. Aber dieser Abstand entspricht für Kinder einer gefühlten Ewigkeit, der Cliffhanger ist psychologisch schwer zu verarbeiten. Laut Maya Götz, Leiterin des Internationalen Instituts für Jugend- und Bildungsfernsehen, ist das, was bei erwachsenen Zuschauern zum Nachdenken und natürlich auch zum Weiterschauen anregen soll, im Kinderfernsehen problematisch.
Wie die Süddeutsche Zeitung weiter berichtet, entscheidet Super RTL im Einzelfall, ob und wie die Cutter die Cliffhanger von Kindersendungen bearbeiten. Andere Sender wie Nick umgehen diese Problematik und senden nur vertikal erzählte Geschichten, also Serien, bei denen die Handlung in jeder Folge abgeschlossen ist. Frei von Cliffhangern. Kika setzt hingegen auf Eigenproduktionen, bei denen eine nachträgliche Schneidearbeit nicht nötig ist.
So findet also jeder seinen eigenen Weg, die Kinder beruhigt schlafen zu lassen.