Worüber viel geredet wird, ist bestimmt auch sehr erfolgreich, oder? Im Falle der Netflix-Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ musste man sich den Erfolg zumindest der ersten Staffel noch über diesen Umweg herleiten. Denn auch wenn diese für jede Menge Kontroversen sorgte und sich rasch zur meistdiskutierten Serie 2017 bei Twitter entwickelte, gab es keine offiziellen Zuschauerzahlen, da sich der Streaming-Gigant in dieser Hinsicht traditionell konsequent bedeckt hält. Nun wurde die zweite Season veröffentlicht und übereinstimmenden Berichten der Branchenmagazine Deadline und Variety zufolge, hat nun zwar nicht Netflix selbst, aber das auch für die TV-Quoten zuständige Unternehmen Nielsen Media erste Zahlen zum Erfolg der Serie - zumindest in den USA - veröffentlicht.
Die nackten Zahlen
Demnach haben allein in den ersten drei Tagen mindestens sechs Millionen Menschen in die erste Episode der zweiten Staffel reingeschaut. Diese Zahl konnten die anschließenden Folgen nicht mehr erreichen. Aber das muss nicht automatisch heißen, dass viele der Zuschauer anschließend einfach keine Lust mehr hatten. Vielleicht hatten viele auch einfach keine Zeit, in den ersten Tagen die ganze Season in einem Rutsch durchzugucken. Im Durchschnitt sahen so 2,6 Millionen Personen die neuen Enthüllungen rund um den Selbstmord von Hannah Baker (Katherine Langford) in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung.
65 Prozent aller erfassten Zuschauer sollen den Zahlen von Nielsen nach weiblich gewesen sein und von allen Personen, die reingeschaut haben, waren 75 Prozent 34 Jahre alt oder jünger. Durchschnittlich wurden am ersten Wochenende vier Folgen pro Person angeschaut.
Die Probleme mit den Zahlen
Mit sechs Millionen Zuschauern zu Beginn reiht sich die neue Runde von „Tote Mädchen lügen nicht“ allerdings hinter anderen großen Netflix-Hits der jüngeren Vergangenheit ein: Der teure Fantasyfilm „Bright“ mit Will Smith in der Hauptrolle zog im gleichen Zeitraum elf Millionen Zuschauer an, die zweite Staffel „Stranger Things“ wollten sogar stolze 15,8 Millionen Personen ansehen. In Wahrheit dürften all diese Zahlen aber sogar noch viel höher liegen, denn Nielsen erfasst lediglich die Werte von am Internet angeschlossenen Fernsehern in den USA – andere Endgeräte wie Computer oder Tablets oder Zuschauer im Rest der Welt spielen (noch) keine Rolle.
Doch nicht nur deswegen sollte man die herausgegebenen Quoten nur mit Vorsicht genießen: Seit dem Herbst 2017 bietet Nielsen die Quotenmessung für Inhalte auf Netflix an und hat sich dafür mit verschiedenen Produktionsstudios zusammengeschlossen, die ein dringliches Interesse an einem Einblick in ihre Zuschauer auf dem VoD-Markt haben. Wie genau das technische Prozedere zur Erfassung von Netflix-Zuschauerzahlen vonstattengeht, ist allerdings nicht ganz klar. Einem Artikel von Variety zufolge besteht ein Schritt darin, dass die produzierenden Sender und Studios digitale Marker in ihren Inhalten platzieren, die verfolgt werden können. Damals konnte aber nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob diese Strategie wirklich zutrifft.
Was sagt Netflix dazu?
Ferner gab Netflix schon damals zu verstehen, dass man sich an den neuen Bemühungen von Nielsen nicht beteiligen werde und die vermittelten Daten nicht einmal annähernd korrekt und damit repräsentativ seien. Was „Tote Mädchen“ betrifft: Zu den Produktionsfirmen zählt unter anderem auch die TV-Sparte von Paramount, die sicher, wie andere auch, einen Deal mit Nielsen abgeschlossen haben dürfte, um die oben aufgeführten Zahlen zu erhalten. Das ist zwar an dieser Stelle Spekulation, aber dennoch sehr wahrscheinlich.
Interessant dürfte auch sein, wie Netflix in Zukunft damit umgehen wird, dass Produktionspartner gegen den Willen des Streaming-Dienstes mit Nielsen zusammenarbeiten, um vermeintlich unkorrekte Daten zu erhalten und zu verbreiten. Bislang sah es aber nicht danach aus, dass Netflix harsche Konsequenzen daraus ziehen würde, schließlich wird man es sich nicht mit jenen verscherzen wollen, die die so beliebten und erfolgreichen Inhalte überhaupt realisieren, ehe sie auf der Streaming-Plattform landen.
Die zweite Staffel „Tote Mädchen lügen nicht“ ist seit dem 18. Mai 2018 verfügbar. Während wie nach den ersten Folgen einen eher mäßigen ersten Eindruck hatten, hat sich dieser durch die weiteren Folgen nur noch bestätigt. Eine durchaus noch mögliche dritte Staffel fänden wir deshalb ziemlich überflüssig.