Am 6. April 2018 lief „Can Feda“ in den türkischen Kinos an – und wurde dort auf mehr Leinwänden gestartet als aktuelle Hollywood-Ware wie „Rampage“, „A Quiet Place“ oder „Ready Player One“. Am 12. April 2018 folgte der deutsche Kinostart, der nicht nur viel kleiner ausfiel als ursprünglich geplant, er wurde zum Teil auch von Protesten pro-kurdischer Demonstranten begleitet. Dass Kinos Familien den Eintritt verweigerten und nur Erwachsene in den Saal ließen, setzte schnell erste Verschwörungstheorien in Gang.
Der hochpolitische Kriegsfilm zeigt eine türkische Spezialeinheit, die in einem Bürgerkrieg in eine Falle gerät. Von vielen Türken wird der Film gefeiert – rund die Hälfte der Nutzer auf unserer türkischen Schwesternseite beyazperde.com geben 4 oder 5 Sterne. Aber es gibt auch eine große Gegenbewegung, denn „Can Feda“ basiert – selbst wenn der Name des Landes im Film nie genannt wird – ziemlich offensichtlich auf den diversen türkischen Militäroffensiven in Syrien, die auch von einigen internationalen Juristen als völkerrechtswidriger Angriffskrieg bewertet werden. So erreichte auch uns eine E-Mail mit der Aufforderung, den Film nicht mehr auf unserer Seite zu listen, weil er „kriegsverherrlichende Propaganda“ und „geistige und kulturelle Brandstiftung“ sei. In dieser E-Mail gab es sogar die Ankündigung von Anzeigen wegen Volksverhetzung gegen Kinos, die den Film aufführen.
Darum dürfen aktuell nur Erwachsene den Film sehen
Die meist pro-kurdischen Kritiker von „Can Feda“ jubilieren aktuell. Die Seite anfdeutsch.com berichtet etwa, dass der Kriegsfilm in Deutschland „wegen Gewaltverherrlichung […] mit einer Altersgrenze von 18 Jahren für die Zuschauer belegt“ worden sei. Doch das ist genauso falsch wie Verschwörungstheorien der nationalistischen Gegenseite, dass die türkeikritische deutsche Regierung Druck gemacht habe, um „Can Feda“ nur zu unpopulären Uhrzeiten und nur für Erwachsene in den Kinos zu zeigen.
Dass aktuell nur Erwachsene den Film sehen dürfen, hat dabei einen ganz simplen Grund: Es gibt noch keine FSK-Freigabe für „Can Feda“ und damit dürfen automatisch keine Personen unter 18 Jahren in den Film. Bisher liegt lediglich eine FSK-12-Freigabe für den Trailer vor. Auf Anfrage der Kollegen von Blickpunkt:Film bestätigte der Sprecher der Film- und Videowirtschaft bei der FSK, dass die Prüfung aktuell noch „nicht abgeschlossen“ sei. Warum die Prüfung noch läuft, verrät die FSK hingegen nicht.
Eine mögliche Variante ist, dass der deutsche Verleih AF-Media mit der ersten Entscheidung nicht einverstanden war und in Berufung gegangen ist. Der Verleih selbst, der „Can Feda“ auch in weiteren europäischen Kinos vertreibt, will noch keine finale Stellungnahme abgegeben. Stattdessen teilte er nur mit, dass man sich „noch in der Entscheidungsfindung“ befinde. Aber auch der Verleih selbst widerspricht den türkischen Berichten, dass die FSK eine bereits erteilte Freigabe (auf Druck von außen) wieder zurückgenommen habe.
Ohne FSK-Freigabe trotzdem in den Kinos
Trotz fehlender FSK-Freigabe läuft „Can Feda“ aktuell in den deutschen Kinos und das ist so auch rechtmäßig. Eine FSK-Freigabe ist nicht per se Voraussetzung für einen Kinostart – allerdings haben sich viele Kinos selbst verpflichtet, nur Filme mit Altersfreigabe zu zeigen. Das dürfte auch der wahre Grund sein, warum „Can Feda“ nun in deutlich weniger Kinos läuft als ursprünglich geplant. Mangels Altersfreigabe müssen Kinos, die den Film zeigen, allen minderjährigen Zuschauer den Eintritt verweigern. Es ist übrigens auch nicht so, dass Filme ohne FSK-Freigabe nur nachts gezeigt werden dürfen. Kinos können auch tagsüber Vorführungen ansetzen - aber auch dann nur für Erwachsene. Es ist nur eben üblich, Filme ohne Jugendfreigabe erst spät zu zeigen, das hat sich etwa auch bei Horrorfilmen mit FSK-Freigabe so eingebürgert.
Schlussendlich bleibt also festzuhalten: Es gibt weder eine deutsche Verschwörung gegen den türkischen Film noch haben die pro-kurdischen Kritiker triumphiert: „Can Feda“ ist auch nicht verboten worden, sondern hat einfach noch keine FSK-Freigabe und darf – solange diese nicht erteilt wurde – nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.