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    Unsere Kritik zu "Lost In Space": Düsterer Netflix-Spaß für die ganze Familie?

    Mit „Lost In Space“ feiert die moderne Netflix-Neuauflage des Sci-Fi-Serienklassikers „Verschollen zwischen fremden Welten“ nun ihre Online-Premiere. Wir verraten euch pünktlich zum Start, ob sich der gefährliche Trip ins All lohnt.

    Netflix

    Im stetig wachsenden Angebot von Netflix finden sich sowohl allerlei düster-grimmige Serien für Erwachsene als auch familienfreundlichere Formate, bei denen wiederum jüngere Zuschauer bedenkenlos losstreamen können. Dass beides allerdings so geschickt zusammenkommt wie beim Sci-Fi-Abenteuer „Lost In Space“ ist gerade in der Größenordnung der Produktion wohl nicht nur für den Streaming-Dienst eher eine Seltenheit. Zwar geht es beim Remake der 60er-Jahre-Kultserie „Verschollen zwischen fremden Welten“ natürlich nicht so heftig zur Sache wie bei schonungsloser Netflix-Genre-Kost der Marke „Altered Carbon“, doch steht auch hier eine Menge auf dem Spiel. „Lost In Space“ wird so im wahrsten Sinne des Wortes zu einer reifen Familienserie, mit der Jung und Alt gleichermaßen viel Spaß haben können.

    30 Jahre in der Zukunft hat die Menschheit damit begonnen, andere Welten zu kolonisieren. Auch die Familie der Raumfahrt-Ingenieurin Maureen Robinson (Molly Parker) gehört zu den Auserwählten, die solch einen Neuanfang wagen können. Gemeinsam mit ihrem Noch-Ehemann John (Toby Stephens), auf den sie nicht mehr sonderlich gut zu sprechen ist, und ihren drei Kindern Judy (Taylor Russell), Penny (Mina Sundwall) und Will (Maxwell Jenkins) bricht sie ins Weltall auf. Doch bei der Reise geht etwas gehörig schief: Zusammen mit anderen Kolonisten kommen die Robinsons weit vom Kurs ab und müssen auf einem fremden Planeten notlanden. Inmitten von allerlei Gefahren setzen sie alles daran, die todbringende Welt so schnell wie möglich wieder zu verlassen...

    Abkehr vom Original

    Mit dem quietschbunten und (nicht erst aus heutiger Sicht) höchstalbernen „Lost In Space“-Original hat das Netflix-Reboot abgesehen von der Prämisse (zum Glück) nicht mehr allzu viel gemein. 50 Jahre nach der naiven Euphorie für die unbegrenzt scheinenden Möglichkeiten, die die Menschheit womöglich im All haben würde, ist die Herangehensweise an das Thema Raumfahrt und Kolonisierung fremder Welten nun weitaus geerdeter. Aber auch abseits dessen gelingt den Serien-Schöpfern Burk Sharpless und Matt Sazama („Dracula Untold“, „The Last Witch Hunter“) die dringend nötige Modernisierung spielend – gerade auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Figuren und ihre Beziehungen zueinander.

    Während Maureen Robinson im Original oftmals nur dafür zuständig war, ihrer Familie das Essen zuzubereiten oder die Wäsche zu waschen, hat die dreifache Mutter jetzt eindeutig die Hosen an. Smart und tough gibt sie nicht nur in ihrer Familie, sondern auch beim Überlebenskampf den Ton an – und das nicht zuletzt dank der resoluten Molly Parker („House Of Cards“) keinesfalls forciert, sondern mit einer beiläufigen Selbstverständlichkeit, wie man sie in der Film- und Serienlandschaft gern noch viel öfter sehen würde. Klassische Geschlechterrollen gehören in der Zukunft von „Lost In Space“ weitestgehend der Vergangenheit an. Blitzt doch nochmal ein Funke dieser vergangenen Tage auf, wird er meistens mit einem sympathischen Gag elegant ad absurdum geführt. Als Mechaniker Don West (Ignacio Serricchio) nach einer waghalsigen Aktion etwa Judy Robinson imponieren will, fragt diese auf seinen Macho-Kommentar „I'm a badass, princess“ (zu Deutsch: „Ich bin ein harter Typ, Prinzessin“) nur entwaffnend „You're a badass princess?“ („Du bist eine knallharte Prinzessin?“).

    Familienangelegenheit

    All das bedeutet aber nicht, dass andere Figuren nichts mehr zu tun oder nichts drauf haben. Gerade innerhalb der Familie Robinson wird jedes der sehr individuellen Mitglieder sinnvoll in die Handlung eingebunden. Auch der hervorragend gecastete Nachwuchs, der regelmäßig in Lebensgefahr schwebt, bekommt immer wieder die Gelegenheit (oftmals auch ohne die Hilfe der Eltern), über sich hinauszuwachsen und damit auf Augenhöhe mit den Erwachsenen zu agieren. Lediglich das mittlere Robinson-Kind Penny verkommt mit ihren zahllosen One-Linern manchmal etwas zu sehr zum bloßen Comic Relief.

    Vater John, dem „Black Sails“-Captain Toby Stephens jede Menge rauen Charme verleiht, mag derweil zwar selbst kein Wissenschaftler mehr sein, durch seinen militärischen Background und die damit verbundenen langen Abwesenheiten von zu Hause bekommt er aber eine viel komplexere Beziehung zu seiner Frau und seinen Kindern. Plakativ idealisiert wird hier wenig, in der Welt des neuen „Lost In Space“ gibt es auch in einer eingeschworenen Familie wie den Robinsons Reibungen. Die im Zusammenspiel stets spürbare Chemie zwischen den Darstellern sorgt für eine wunderbar natürliche und greifbare Familiendynamik, dank der es ein Leichtes ist, sich als Zuschauer fast schon selbst als Teil dieses Clans zu fühlen und ihm so die Daumen zu drücken – zumal man mit ihm direkt ins dramatische Geschehen hineingeworfen wird und erst im Nachhinein durch wiederholt assoziativ eingestreute kurze Rückblicke mehr über die Hintergründe der Kolonisierungsmission und ihrer Teilnehmer erfährt.

    "Gefahr, Will Robinson!"

    Die Gefahren, die den Weg der Robinsons pflastern, sind dabei meist nicht nur todbringend, sondern auch wirklich schön anzusehen. Visuell lässt sich Netflix auch bei seiner neuesten Serien-Großproduktion nicht lumpen. Reale Aufnahmen, Sets und praktische Effekte werden häufig fast nahtlos mit computergenerierten Elementen kombiniert. Angefangen bei der spektakulären Absturz-Sequenz, über die opulenten Landschaften bis hin zum Alien-Roboter, zu dem der junge Will eine ganz besondere Bindung aufbaut, lässt das Ergebnis optisch kaum zu wünschen übrig.

    Kleiner Wermutstropfen ist aber, dass sich das turbulente Abenteuer trotz der immer wieder suggerierten Weite der Umgebung insgesamt seltsam klein anfühlt. Das eigentliche Geschehen findet gerade für eine Sci-Fi-Serie, die auch den Entdeckerdrang der Menschheit zum Thema hat, auf einem doch recht überschaubaren Raum statt, wirkliche Schauplatzwechsel bleiben aus. Hinzu kommt, dass die Robinsons aufgrund vieler Nebenfiguren die meiste Zeit gar nicht ganz auf sich alleine gestellt sind, was ein wenig an der beklemmenden Verloren-im-Weltall-Atmosphäre kratzt und das auch heute noch spannende Konzept einer Familie, die sich fernab ihres vertrauten Umfelds in einer Extremsituation wiederfindet, streckenweise ein wenig untergräbt. Staffel eins soll hier ganz offensichtlich erst einmal als eine Einführung zu einer größeren Geschichte fungieren.

    Fazit

    Die Familie Robinson mag zwar vom Kurs abgekommen sein, ihre Serie verfehlt ihr Ziel aber nicht. „Lost In Space - Verschollen zwischen fremden Welten“ ist eine in ein leichtfüßig-modernes Gewand gehüllte klassische Abenteuergeschichte, die zwar durchaus düstere Anstriche (allein schon aufgrund der aussichtslosen Ausgangssituation) hat, im Kern aber stets Hoffnung durch familiären Zusammenhalt großschreibt und sich nicht zuletzt dadurch auch an ein jüngeres Publikum richtet. Schade ist nur, dass der turbulente Trip dann so abrupt endet – und das gerade, als er wirklich Fahrt aufnimmt. Bleibt also zu hoffen, dass Netflix die Robinsons noch ein paar weitere Runden im All drehen lässt.

    Alle zehn Folgen der ersten Staffel „Lost In Space“ stehen ab dem 13. April 2018 zum Abruf auf Deutsch und Englisch bei Netflix bereit.

     

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