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Top 10 von Jens Balkenborg
(freier Kritiker)
1. „I Am Not Your Negro“
30 Jahre nach dem Tod von James Baldwin verleiht Regisseur Raoul Peck dem Bürgerrechtler und Autor erneut eine Stimme, und was für eine! „I Am Not Your Negro“ ist eine so noch nicht dagewesene Abrechnung mit dem amerikanischen Rassismus. Mehr als viele andere so benannte Filme verdient er dank seiner geschickten Konstruktion und seiner reflexiven Wucht das Prädikat Essayfilm. Peck leistet hier in mehrfacher Hinsicht Großes: einerseits erzählt er anhand des Porträts eines Einzelnen von den Ungerechtigkeiten gegen große Teile der amerikanischen Bevölkerung im 20. Jahrhundert. Weiterhin reflektiert er diese Ungerechtigkeiten durch den scharfen Verstand eines Mannes, der zu Lebzeiten mittendrin war und zugleich als deren Chronist fungierte. Schließlich zeigt „I Am Not Your Negro“, dass es auch heute, ein halbes Jahrhundert später, genug Grund zur Besorgnis gibt. Dass ein Donald Trump an der Macht ist, sorgt in dieser Hinsicht nicht eben für Entspannung. Wie beschreibt es Baldwin gleich zu Beginn des Films: „It’s not the question what happens to the negro here, to the black man here, (...) the real question is what’s gonna happen to this country.“
2. „Dunkirk“
Christopher Nolans „Dunkirk“ ist ein filmischer Schlag in die Magengrube, der fast physisch wehtut, ein audiovisueller Anschlag auf den Kinogänger. Und das ist gut so! Nolan fügt der Geschichte des Kriegs- bzw. Antikriegsfilms ein neues Kapitel hinzu. Mit „Dunkirk“ unterwandert er die gängigen Muster des Genres und zeigt den Krieg in verstörenden Bildern als das, was er ist: Als schrecklichstes Treiben, in dem der Mensch entmenschlicht und auf die reine Physis reduziert wird, rhythmisiert durch Maschinen, die für nichts anderes gemacht sind, als dafür, den Tod zu bringen. Und das lässt Nolan den Zuschauer fühlen, nicht zuletzt durch Hans Zimmers nervenaufreibende Dauerbeschallung samt Uhrticken. Dass viele Kritiker dem Regisseur reine Effekthascherei vorwarfen, verstehe ich bis heute nicht. Denn wie kann man einem Filmemacher vorwerfen, dass er die Mittel des Kinos kongenial nutzt, um dem Zuschauer die Schrecken des Kriegs vor Augen zu führen und ihn zu erschüttern? Ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, dass irgendwer beim Anschauen von „Dunkirk“ einfach seine Schaulust befriedigt sieht...
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3. „Logan Lucky“
„Logan Lucky“ ist für mich der sympathischste Film des Jahres. Es ist einfach zum Schreien komisch, wie Steven Soderbergh seine exzentrischen White Trash-Ganoven in „Ocean‘s Eleven“-Manier einen Coup auf ein NASCAR-Rennen planen und durchführen lässt, samt doppeltem und dreifachem Boden. Und dass „Logan Lucky“ mit seiner unabhängigen Finanzierung und dem nur für eine Gewinnbeteiligung aufspielenden prominenten Ensemble auch ein Coup gegen Hollywoods Studiosystem ist, macht den Film noch sympathischer. Hier geben sich Wirklichkeit und Film die Klinke in die Hand und Soderbergh wird zum Danny Ocean der Regisseure. Für mich werden sie unvergessen bleiben: Adam Driver als einarmiger Veteran, Channing Tatum als humpelnder Ex-Footballer, Riley Keough als Kaugummi kauendes Hillbilly-Mädchen und ganz besonders Daniel Craig als verrückter Safeknacker mit blondgefärbter Meckifrisur und Knasttätowierungen. Einfach herrlich!
4. „Die Wunde“
5. „La La Land“
6. „The Big Sick“
7. „Happy End“
8. „Blade Runner 2049“
9. „Die Hannas“
10. „Borderland Blues“
Besondere Erwähnungen:
„The Meyerowitz Stories“ (Noah Baumbach, USA 2017)
„The 13th“ (Ava DuVernay, USA 2016)
„Das Verschwinden“ (Hans-Christian Schmid, Deutschland 2017)
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