Kaum eine neue Serie hat in der jüngeren Vergangenheit für mehr Schlagzeilen gesorgt als „Tote Mädchen lügen nicht“. In der Serie von Netflix erfährt der Zuschauer, warum die Schülerin Hannah Baker (Katherine Langford) sich umgebracht hat. Die Inhalte der Sendung, in deren Mittelpunkt besonders das Thema Selbstmord steht, sorgten für jede Menge Kontroversen. An einer Schule wurde der Verleih der Buchvorlage gestoppt, an einer anderen sogar ein Redeverbot erteilt. Nun haben sich auch Wissenschaftler in den USA der Serie angenommen und untersucht, inwieweit das Interesse von Internetnutzern am Thema Selbstmord durch die Serie beeinflusst wurde (via CNN).
"Tote Mädchen lügen nicht": Deutsche Kinderärzte fordern Verbot der Netflix-SerieFür die Untersuchung, die jüngst im JAMA Internal Medicine publiziert wurde, hat man sich das Suchvolumen von passenden Begriffen anhand von Google Trends genauer angeschaut. Für größtmögliche Genauigkeit wurden themenfremde Wortpaarungen wie zum Beispiel „Suicide Squad“ (die DC-Comicverfilmung) und ähnliche irreführende Optionen ignoriert. Ferner wurde der Untersuchungszeitraum genau und nur knapp bemessen: Es wurden nur Daten vom 31. März 2017, dem Tag der „Tote Mädchen“-Premiere, bis zum 18. April herangezogen. Nur einen Tag später tötete sich nämlich der ehemalige Football-Spieler Aaron Hernandez selbst, weshalb sein Fall die Untersuchung verwässert hätte. Verglichen wurden die Ergebnisse mit dem Suchvolumen, das Rechnungen zufolge eingetroffen wäre, wenn „Tote Mädchen“ niemals auf Sendung gegangen wäre.
Mehr „Selbstmord“-Suchen durch „Tote Mädchen“?
Das Ergebnis: Alle Begriffe in Bezug auf Selbstmord wurden öfter gesucht, als erwartet wurde. Das schließt Suchbegriffe wie „Selbstmordprävention“ und „Selbstmord Hotline“ ein, bei denen die Suche um jeweils 23 und 21 Prozent höher als die Prognose lag. Den meisten Zuwachs schien „Teen Selbstmord“ mit 34 Prozent zu erhalten. Alarmierend ist jedoch, dass auch nach Wegen zur Selbsttötung vermehrt gegooglet wurde. „Wie begehe ich Selbstmord“ erfuhr einen Anstieg von 26 Prozent im Vergleich zu den erwarteten Ergebnissen, „Selbstmord begehen“ 18 Prozent und „Wie man sich selbst umbringt“ neun Prozent. Alle Suchbegriffe zusammengenommen stiegen um 19 Prozent an, was in etwa 900.000 bis 1,5 Millionen Suchen bei Google entspricht.
Mehr Untersuchungen folgen
Die neue Untersuchung legt somit einen direkten Zusammenhang zwischen „Tote Mädchen lügen nicht“ und dem hohen Suchvolumen nach Selbstmord-Themen nahe und dass durch die Serie sowohl die Aufmerksamkeit zum Thema, aber leider auch die Ideenfindung für Selbstmorde gestiegen sind. Ultimativ kann sie aber nicht beweisen, dass die Sendung direkt für die Suchen verantwortlich ist. Auch wird durch die Ergebnisse nicht ersichtlich, ob tatsächliche Selbstmordversuche vor und nach der Suche stattfanden oder nicht.
Einen Denkanstoß liefert sie jedoch allemal. Zudem legt der federführende Wissenschaftler John Ayers nahe, dass Produktionen wie „Tote Mädchen“ in Zukunft Tests durchführen könnten, um ihren Effekt auf die Gesundheit der Öffentlichkeit zu überprüfen, ehe sie ausgestrahlt werden. Weitere Untersuchungen werden lauter Ayers noch folgen. Zu „Tote Mädchen lügen nicht“ wurde übrigens mittlerweile eine zweite Staffel bestätigt, die bestimmt ebenfalls für viele Diskussionen sorgen wird.
Suizid ist kein Ausweg. Wenn deine Gedanken darum kreisen, dir das Leben zu nehmen, dann empfehlen wir dringend, dass du das Gespräch mit anderen Menschen suchst. Sprich mit deiner Familie oder deinen Freunden, einem Arzt oder Psychologen oder mit einer anderen Vertrauensperson darüber. Wenn du anonym bleiben willst, dann gibt es mehrere Angebote der TelefonSeelsorge, die nicht nur kostenfrei, sondern auch absolut vertraulich sind (und zum Beispiel auch nicht auf der Telefonrechnung auftauchen). Unter den Nummern 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 wird dir geholfen. Alternativ kann man sich auf der Webseite der TelefonSeelsorge auch einen Chattermin vereinbaren oder die Mailberatung in Anspruch nehmen. Auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention gibt es zudem eine Übersicht über weitere Beratungsstellen.