Von nun an ist nichts mehr wie zuvor. Anders als in Solofilmen wie „Iron Man“, „Ant-Man“ oder „Captain America – The First Avenger“, in denen Marvel zwar auch neue Figuren einführt und vielleicht noch ein wenig Charakterentwicklung betreibt, erinnert der dritte „Captain America“-Film eher an einen weiteren „Avengers“-Teil mit einschneidenden Auswirkungen für das gesamte Marvel-Kinouniversum (MCU) – dafür sorgt der tückische Plan des rachsüchtigen Zemo (Daniel Brühl).
Zemos Beweggründe sind simpel (seine Familie kam bei der Schlacht von Sokovia ums Leben, wofür er nun die Avengers verantwortlich macht), doch sein Plan ist dafür umso gerissener: Er will Iron Man (Robert Downey Jr.) und Captain America (Chris Evans) gegeneinander aufhetzen - denn sollte eine dieser beiden verehrten Ikonen die andere töten, dann würde die Menschheit wohl endgültig den Glauben an Superhelden verlieren.
Dazu kommt es in „The First Avenger: Civil War“ zwar nicht, aber zumindest teilweise hat Zemo dennoch Erfolg: Die beiden einstigen Verbündeten sind entzweit, von nun an gibt es im MCU zwei Superhelden-Teams. Die von Tony Stark angeführten Avengers arbeiten fortan ganz offiziell für die Vereinten Nationen, so wie es das Sokovia-Abkommen verlangt. Gleichzeitig führt Captain America aus dem Untergrund ebenfalls ein Team von Superhelden an.
„Entzweit gehen wir zugrunde“, lautet einer der Werbesprüche, mit denen „Civil War“ vermarktet wird - und genau das ist die Gefahr, die Iron Man, Captain America & Co. dank Zemo nach wie vor droht. Denn sollte die Erde erneut von einer großen Gefahr (Stichwort: Thanos) bedroht werden, steht nun kein geeintes Team von zwölf Helden mehr zur Rettung bereit, sondern nur zwei rivalisierende, von moralischen Konflikten zerfressene Parteien.
Das Ende von „Civil War“ ist zwar relativ versöhnlich geraten (immerhin bietet Captain America Iron Man in einem Brief - wenn benötigt - seine Hilfe an), doch damit ist der Konflikt zwischen den Kontrahenten noch lange nicht aus der Welt geschafft. Zu widersprüchlichen Meinungen in Hinsicht auf die moralischen Fragen nach Kontrolle und Verantwortung von Superhelden kommt nämlich noch der Umstand, dass Tonys Eltern einst von Steve Rogers bestem Freund Bucky (Sebastian Stan) ermordet wurden. Selbst wenn der Winter Soldier während der Tat nicht Herr seiner Sinne war, wird Iron Man ihm diese Tat nicht so schnell vergeben können. Die Avengers werden sich also wohl erst wieder zusammenraufen, wenn sie es in „Avengers: Infinity War – Part I“ oder gar erst in „Part II“ mit Thanos aufnehmen müssen.
Bis dahin wird dieser zentrale Konflikt erst einmal ruhen (bzw. nur ganz nebenbei eine Rolle spielen): In „Doctor Strange“ werden eine neuer Superheld (gespielt von Benedict Cumberbatch) und die Magie in das MCU eingeführt, während die Handlung von „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ und „Thor: Ragnarok“ weit abseits der Erde angesiedelt ist. Allenfalls in „Spider-Man: Homecoming“, für den Robert Downey Jr. kürzlich bestätigt wurde, könnte der Konflikt eine größere Rolle spielen: Vielleicht entbrennt darin zwischen Iron Man und Captain America ganz wie in der Comicvorlage zu „Civil War“ ein Kampf um Spider-Mans Seele, bei dem beide versuchen, den jugendlichen Superhelden für ihre Seite zu gewinnen. Aber die Chancen dazu sind eher gering, weil es Sony und Marvel in „Spider-Man: Homecoming“ wohl erst einmal darum gehen wird, den neuen Spidey als eigenständigen Helden zu etablieren.
Auch in „Black Panther“ könnte das Thema wieder aufgegriffen werden. Schließlich zeigt die Mid-Credit-Szene von „Civil War“, wie sich der Zankapfel (in Person von Bucky Barnes) in Black Panthers Heimat Wakanda auf Eis legen lässt. Auf Captain Americas Warnung, dass man nach dem Winter Soldier suchen wird, antwortet Black Panther (Chadwick Boseman) nur, dass sie ruhig kommen sollen. Könnten die Avengers also in „Black Panther“ von ihren Vorgesetzten gezwungen werden, in Wakanda einzumarschieren, oder wird Iron Man gar auf eigene Faust nach dem vermeintlichen Mörder seiner Eltern suchen?
Wahrscheinlich werden sich die Helden jedoch in „Infinity War – Part I“ wieder vereinen. Der erste Teil des großen Marvel-Finales könnte demnach ähnlich wie die erste Hälfte von „The Avengers“ aufgebaut sein: Irgendjemand trommelt die zerstrittenen und (im Fall von Thor und dem Hulk weit verstreuten) Helden wieder zusammen. Diese Rolle könnte erneut dem in „Civil War“ verdächtig abwesenden Nick Fury (Samuel L. Jackson) zukommen. Oder ein die unendlichen Weiten des Weltalls bereisender Held wie Thor (Chris Hemsworth) oder Star-Lord (Chris Pratt) könnte die Erde vor der drohenden Gefahr durch Thanos warnen und die verschiedenen Helden dadurch wieder zusammenschweißen – beide wurden von den Regisseuren Joe und Anthony Russo bereits für „Infinty War“ bestätigt!