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    Am Set von "The First Avenger: Civil War": Das FILMSTARTS-Interview mit den Regisseuren Joe und Anthony Russo

    Bei unserem Besuch am Leipziger Filmset des dritten „Captain America“-Solofilms im August 2015 treffen wir die regieführenden Russo-Brüder, die bald auch die nächsten beiden „Avengers“-Teile inszenieren werden…

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    FILMSTARTS: Es spielen in „Civil War“ so viele Superhelden mit – seid ihr den Film eher als „Captain America 3“ oder als „Avengers 2,5“ angegangen?

    Joe Russo: Ganz klar als „Captain America 3“ – er ist Teil der Trilogie und wir wollten unbedingt Caps Story ehren. Es kommen zwar eine Menge Charaktere vor, aber der Großteil des Films wird aus seiner Perspektive erzählt – er beginnt mit ihm und er endet mit ihm, er ist definitiv der zentrale Fokus des Films.

    FILMSTARTS: Der zweite Teil „Return Of The First Avenger“ wurde oft mit politischen Thrillern aus den 1970ern in Verbindung gebracht. Wie würdet ihr im Vergleich den Stil von „Civil War“ beschreiben?

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    Anthony Russo: Stilistisch wollen wir an das anschließen, was wir in „Return Of The First Avenger“ gemacht haben, denn selbst wenn er zwei Jahre später spielt, ist „Civil War“ in gewisser Weise eine direkte Fortführung der Geschehnisse aus dem vorherigen Film. Allerdings ist „Civil War“ für uns mehr ein psychologischer als ein politischer Thriller – er ist sehr charakterbasiert und emotional sehr komplex. Der große Vorteil dieses Films ist, dass es zwei Fronten gibt und auf beiden Seiten Charaktere stehen, die wir in früheren Filmen als Helden kennengelernt haben. Es sind solche komplexen Beziehungen, nach denen wir in all unseren Geschichten streben.

    FILMSTARTS: Wie kam es zu der Entscheidung, hier in Deutschland zu drehen?

    Anthony Russo: Die Entscheidung basiert auf kreativen Erwägungen. Für uns ist „Civil War“ der Abschluss der Charakterentwicklung von Captain America als Superheld – und seine Anfänge liegen in vielerlei Hinsicht ja auch in Deutschland und Europa.

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    Joe Russo: Cap ist eine schwierige Figur. Wenn wir als Kinder die Comics gelesen haben, war uns seine Moral in vielen Fällen zu offensichtlich. Er war eben ein Werkzeug der amerikanischen Propaganda, dafür wurde er während des Krieges erschaffen. Wir wollten aus der Figur aber thematisch mehr rausholen – und ihn auf eine mehrere Filme umfassende Reise schicken. Der erste Teil spielt zu einem gutem Teil auf dem europäischen Kriegsschauplatz – und auch wenn Deutschland im Film jetzt nur ein thematischer Hintergrund und ansonsten inhaltlich nicht relevant ist, fanden wir das sehr spannend. Zugleich ist „Civil War“ aber auch ein sehr moderner Film – und für die Charaktere ist es wichtig, nach Berlin in die Seele der EU zu kommen, um dort mit verschiedenen europäischen Nachrichtendiensten zu interagieren.

    FILMSTARTS: Bevor ihr nach Deutschland gekommen seid, habt ihr lange in Atlanta gedreht. Wie sehr unterscheidet sich die Arbeit an den beiden Orten für euch?

    Anthony Russo: Was uns in Atlanta wirklich gefehlt hat, war die Reale-Welt-Textur von Deutschland, denn hier spielt nun mal ein Großteil unseres Films. In Atlanta mussten wir uns mitunter ganz schön ins Zeug legen, damit bestimmte Sets als Deutschland durchgehen – aber es verleiht den Szenen viel mehr Energie, wenn wir hier vor Ort drehen und reale Locations zur Verfügung haben.

    FILMSTARTS: Wie schwer ist es, mit all diesen Charakteren und Schauspielern in der Story zu jonglieren? Es stand ja zum Beispiel lange nicht fest, ob Spider-Man nun wirklich im Film auftauchen wird oder nicht…

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    Joe Russo: Man muss eine Menge Pläne parat haben! Wir hatten eine Version mit Spider-Man und eine Version ohne Spider-Man – so muss man bei einem Film dieser Art einfach vorgehen. Wir denken die Entwicklungen der einzelnen Figuren sehr präzise durch und viele der Charaktere kennen wir auch schon durch die Arbeit an „The Return Of The First Avenger“ sehr gut. Deshalb ist es gar nicht so schwer, eine der Figuren wieder rein- oder rauszunehmen, wie man vielleicht glauben könnte. Mit so vielen Charakteren hat man automatisch einen langen Film – wenn man dann eine Figur rausstreicht, kürzt man praktisch nur einen Film, der eigentlich eh schon zu lang ist.

    FILMSTARTS: Wir haben vorhin mit euren beiden Drehbuchautoren gesprochen – und die haben uns erzählt, dass es viele Diskussionen auch mit dem Studio darüber gab, ob Zuschauer wirklich sehen wollen, wie Superhelden gegen Superhelden kämpfen…

    Anthony Russo: Das war eine der größten Fragen zu Beginn der Entwicklung. Marvel hatte da eben schon gewisse Erfahrungen, gerade von der Comic-Verlagsseite: Denn obwohl die „Civil War“-Bände zu den meistverkauften Comics aller Zeiten zählen, gab es darin so viele Konflikte zwischen den Helden, dass es anschließend eine ganze Zeit gedauert hat, bis sich die einzelnen Helden-Comic-Serien davon wieder erholen konnten.

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    Joe Russo: Aber wer träumt als Comic-Fan nicht davon? Als Kind hatte ich sogar ein Buch mit den Attributen der Helden: Der Hulk ist so stark und Iron Man ist so stark, fast wie bei einem Rollenspiel. Da hat man sich den ganzen Tag überlegt, wer nun gegen wen gewinnen würde und wer gegen wen am welche seiner Fähigkeiten einsetzen sollte. Wir waren wirklich aggressiv, als es darum ging, sich für die „Civil War“-Handlung zu entscheiden – und Marvel hat zugestimmt.

    FILMSTARTS: Als ihr die Comics gelesen habt, auf welcher Seite wart ihr da – auf der von Captain America oder auf der von Iron Man?

    Joe Russo: Ich denke, wenn wir die Frage beantworten, ruinieren wir den Film…

    Anthony Russo: Uns ist besonders wichtig, dass nach dem Film eine Diskussion ausbricht, wer nun Recht hat und wer nicht – und wir arbeiten wirklich hart daran sicherzustellen, dass man mit jeder Figur und jeder Seite emotional mitfiebern kann. Am Ende des Films haben beide Recht und beide liegen falsch - und es liegt absolut nicht auf der Hand, wie da eine Versöhnung zustande kommen soll.

    FILMSTARTS: Was sind eure Lieblingscomics?

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    Joe Russo: Ich habe eine wirkliche emotionale Verbindung zum 181. Band von „Der unglaubliche Hulk“, denn darin gibt es den ersten Auftritt von Wolverine. Als ich elf Jahre alt war, habe ich den Comic bei einem Garagenverkauf für 25 Cent in einem Schuhkarton entdeckt – dabei war die Ausgabe schon damals 100 Dollar wert, für mich war das fast wie ein Lottogewinn. Und dazu ist Wolverine auch noch mein Lieblingscharakter.

    Anthony Russo: Joe war mehr der Comic-Fan und ich habe mich mehr für Fantasy-Literatur interessiert. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, wäre es kein Marvel-Comic - ich werde hier also schön meine Klappe halten…

    FILMSTARTS: Als Marvel Studios euch angeboten hat, nach „Civil War“ auch noch die nächsten beiden „Avengers“-Filme zu inszenieren, wie leicht oder hart ist euch da die Entscheidung gefallen?

    Anthony Russo: Es war eine einfache Entscheidung, denn da hatten wir uns bereits in die Figuren verliebt. Das Angebot kam, als wir gerade in der Vorbereitung von „Civil War“ steckten – wir dachten also eh gerade über mögliche Geschichten für all diese Charaktere nach, daher hat es einfach perfekt gepasst. Zudem legt „Civil War“ den Grundstein für „Infinity War“ und wer will nicht an zwei der größten Filme aller Zeiten arbeiten?

    FILMSTARTS: Joss Whedon fühlte sich nach seinem zweiten „Avengers“-Abenteuer total erschöpft – geht euch das nicht ähnlich?

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    Joe Russo: Sehen wir nicht erschöpft aus? (lacht) Aber im Ernst: Natürlich ist es ein harter Job, wie arbeiten eine Menge Stunden, aber wir sind zu zweit und führen nur Regie. Joss hat Regie geführt und auch selbst die Drehbücher geschrieben. Gerade das Schreiben verlangt einem noch einmal emotional, psychisch und physisch eine Menge ab – man arbeitet 14 Stunden am Set, geht nach Hause und schreibt dann noch einmal vier Stunden. Wenn man das seinem Körper für sechs oder sieben Monate antut, dann ist es ganz normal, dass da auch gesundheitliche Probleme auftauchen. Wir haben aber mit Christopher Markus und Stephen McFeely zum Glück ein großartiges Duo, das alle Skripts für uns schreibt.

    The First Avenger: Civil War“ startet am 28. April in den deutschen Kinos!

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