Platz 62: „Rashomon“
(Akira Kurosawa, Japan 1950)
Im Rashômon, dem japanischen Wald der Dämonen, geschieht ein abscheuliches Verbrechen: Vier Personen schildern die Gewalttat aus ihrer jeweils unterschiedlichen Perspektive. Aber welche Geschichte ist wahr? Gibt es überhaupt so etwas wie eine objektive Wahrheit? Akiro Kurosawas Schwarz-Weiß-Meisterwerk, dessen vollständiger deutscher Titel „Rashomon – Das Lustwäldchen“ aus einem Übersetzungsfehler resultiert, basiert auf Akutagawa Ryūnosukes Kurzgeschichten „Rashomon“ und „Im Dickicht“ und war zu Beginn der 50er Jahre eine echte Revolution: Der japanische Regisseur und Drehbuchautor bricht mit den gängigen Erzählstrukturen, weil er gleich drei verschiedene Handlungsebenen installiert und zum ersten Mal überhaupt traditionelle asiatische Motive mit der europäischen Filmmethodik verbindet. Seine innovative Erzähltechnik und das clevere Spiel mit Blickwinkeln, das heute längst im Mainstream-Kino angekommen ist, bescherte Kurosawa 1952 den Ehren-Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film und war der Startschuss zu seiner internationalen Karriere. Auch Schauspieler Toshirō Mifune, der den Banditen Tajōmaru mimt und noch in vielen weiteren Kurosawa-Filmen wie „Die sieben Samurai“ Hauptrollen übernahm, wurde dank „Rashomon“ zum Weltstar.