Obwohl er sich am Set von Ridley Scotts Bestseller-Verfilmung „Der Marsianer“ in Budapest gerade noch als Astronaut Mark durch einen gewaltigen roten Sandsturm gekämpft hat (--> zum ausführlichen Setbericht), erscheint Oscarpreisträger Matt Damon nur wenige Minuten nach dem Dreh der aufwändigen Szene noch im Raumanzug gutgelaunt zu unserem Interview.
FILMSTARTS: Wir haben gehört, dass du das Drehbuch an einem Freitag gegen 18 Uhr bekommen und schon am nächsten Morgen um sieben Uhr zugesagt hast…
Matt Damon: Nun ja, ursprünglich sollte ja Drew Goddard den Film machen. Wir trafen uns also, weil ich ihn noch nicht kannte, und ich war sofort begeistert von ihm und der Geschichte. Aber dann bekam er das Regie-Angebot für „Sinister Six“, was sein größter Traum war, und ich ging schon davon aus, dass „Der Marsianer“ damit gestorben ist. Ich hatte bereits eineinhalb Jahre Pause von der Schauspielerei gemacht und nahm auch diesen Rückschlag gelassen hin. Doch dann bekam ich einen Anruf, dass Ridley Scott übernehmen würde. Ich hatte ihn zwar noch nie persönlich getroffen, aber das war natürlich kein Grund zum Zögern. Nur der Fakt, dass ich zuletzt schon in „Interstellar“ einen Typen gespielt habe, der auf einem Planeten strandete, ließ mich kurz stutzen. (lacht) Ich fand die Vorstellung seltsam, diese Rolle in „Interstellar“ zu spielen und dann so lange Pause zu machen, nur um schließlich zurückzukommen und dieselbe Rolle noch einmal zu spielen. Aber Ridley versicherte mir, dass es ganz anders und ein riesen Spaß werden würde. Da konnte ich einfach nicht Nein sagen.
FILMSTARTS: Was hast du in der Auszeit von der Schauspielerei gemacht?
Matt Damon: Die ersten sechs Monate waren geplant, weil ich da mit meiner Familie von New York nach Los Angeles gezogen bin und nur für meine Kinder da sein wollte. Anschließend konnte ich aber einfach nichts finden was mir wirklich gefiel. Es ist eben nicht leicht, denn die Art von Filmen, die in den vergangenen 20 Jahren meine Einnahmequelle waren, wird einfach nicht mehr gemacht. Es ist heute schwerer, das Geld für solche Projekte zusammenzubekommen. Außerdem wird viel ins Fernsehen ausgelagert. Es wird lieber eine risikoarme Blockbuster-Idee als ein komplexes Drama umgesetzt. Als ich dann von „Der Marsianer“ hörte, war ich begeistert davon, wie erfrischend originell die Geschichte ist. Eben gar nicht oberflächlich, also habe ich zugesagt.
FILMSTARTS: Apropos Risiko, Mars-Filme hatten es in der Vergangenheit an den Kinokassen ja eher schwer. Beunruhigt dich das?
Matt Damon: Ich denke nicht, dass es genügend Mars-Filme gibt, als dass sie ein eigenes Genre darstellen würden. (lacht) Vielleicht wird sich das ja aber auch mit unserem Film ändern. Aber nein, dieser Gedanke ist mir nie gekommen.
FILMSTARTS: Trotzdem: Was unterscheidet euren Film von „Mission To Mars“ oder „John Carter“?
Matt Damon: Ich bin den Großteil der Zeit auf mich allein gestellt. Das ist eine große Herausforderung! Natürlich geht es auch um die NASA und das Team, das mich retten will, aber für die Hälfte des Films werdet ihr nur mich auf dem Mars erleben. Das ist also schon mal ein großer Unterschied. Es ist ein großes Rätsel, was passiert ist und wie Mark verloren gehen konnte, und dann folgt die Rettungsmission. Die Struktur des Films allein ist also schon ziemlich einzigartig und wurde so noch nie umgesetzt.
FILMSTARTS: Ist es dann nicht befremdlich, immer ganz allein vor der Kamera zu stehen?
Matt Damon: Ridley gibt gute Anweisungen, wie er den Film schneiden will. Das Schneiden macht er schon während der Dreharbeiten, ganz so wie Steven Spielberg. Dadurch weiß er genau, welche Einstellung als nächstes kommt, was einem auch als Schauspieler eine super Orientierung gibt. Er gibt dir das Storyboard, das du durchblättern kannst. All das macht den Job deutlich leichter.
FILMSTARTS: Wir haben dir vorhin bei einer Szene in einem Sandsturm zugesehen. Kannst du uns dazu mehr erzählen?
Matt Damon: Ja, das war der Wahnsinn. Was ihr da gesehen habt, war die größte Bühne und der größte Greenscreen der Welt. Heute haben wir ja eine Nachtszene gedreht, aber vor ein paar Tagen war hier alles hell erleuchtet und ich konnte die schiere Größe des Studios einfach nicht fassen! Im Drehbuch liest du nur: „Mars. Draußen. Nacht. Sturm.“ Aber du hast keine Idee, wie das aussehen wird. Und dann kommst du hier an und siehst diese fünf riesen Windmaschinen, die die größten sind, die es gibt. Das ist, als ob man in einem Hurrikan laufen würde. Du kannst nicht mehr gerade gehen und dir fliegen unglaublich viele kleine Teilchen um die Ohren, von denen Ridley sogar noch mehr digital hinzufügen wird. Es soll einfach wie der unbewohnbarste Ort des gesamten Universums aussehen. Und während des Sturms wird das Astronauten-Team dann auch getrennt, deshalb muss es so gefährlich aussehen, um glaubwürdig zu sein.
FILMSTARTS: Im Film geht es ja auch um hochwissenschaftliche Themen. Wie viel musst du als Schauspieler davon verstehen?
Matt Damon: Nichts. Du kannst dich natürlich einlesen, aber es bleibt ein Schauspiel-Job. Wenn es richtig gemacht ist, wird es auch für den Zuschauer glaubwürdig. Klar, wenn ein Schauspieler überhaupt keine Ahnung hat, wovon er redet, merkt man das schon. Aber wenn man in groben Zügen verstanden hat, was auf dem Spiel steht, ist es kein Problem. Selbst Christopher Nolan musste sich nicht bis ins kleinste Detail mit der „Interstellar“-Materie auskennen. Dafür hat man Physiker und technische Berater am Set. Du bist also immer von Experten umgeben, mit denen du arbeiten kannst, aber am Ende des Tages bleibt es eben ein Film. Wenn Leute nach einem Gerichts-Film sagen, der Anwalt war so gut gespielt, damit würde man auch beim Supreme Court durchkommen, sage ich nur: Bullshit! Egal um welchen Beruf es geht, man braucht Jahre, um ein wirklicher Profi zu werden. Und genauso wenig kannst du dich für drei Monate in wissenschaftliche Themen einlesen und dann ernsthaft glauben, du könntest Astronaut werden. Gut, vielleicht Journalist. (lacht)
FILMSTARTS: In der Buchvorlage gibt es auch jede Menge schwarzen Humor und beißenden Sarkasmus. Wie wird das im Film umgesetzt?
Matt Damon: Wir haben viele Monologe direkt aus dem Buch übernommen, vor allem den Galgenhumor und die Ironie, während Mark versucht, dem Tod immer wieder zu entrinnen. Wenn es uns gelingt, das auch im Film gut rüberzubringen, sollte es tatsächlich sehr unterhaltsam werden!
FILMSTARTS: Ist es auch dieser Humor, der die Figur Mark ausmacht? Und wie war es, ihn zu spielen?
Matt Damon: Als ich das Drehbuch zum ersten Mal las, musste ich mehrmals laut loslachen wegen seiner witzigen Art, obwohl es um ein ernstes Thema geht. Ich sehe ihn also als humorvollen, cleveren Typen, der unglaublich interessiert an allem Unbekannten ist. Solche Leute bringen uns als Menschheit letztendlich weiter. Leute, die bereit sind, wahnsinnige Risiken auf sich zu nehmen. Ich bin hingegen überhaupt nicht interessiert am Unbekannten. Wenn ich einer der ersten Pioniere in Amerika gewesen wäre, wäre ich wohl bis an mein Lebensende an der Ostküste geblieben. (lacht)
„Der Marsianer“ startet am 8. Oktober in den deutschen Kinos!