Es ranken sich einige Legenden über Filmemacher, die sich vor ihrem großen Durchbruch auch für eher „niedere Arbeiten“ hergeben mussten, um überhaupt erst einen Fuß in die Tür des Filmgeschäfts zu bekommen. Orson Welles hat es genau umgekehrt gemacht und sich zum Ende seiner Filmkarriere, die mit „Citizen Kane“ schon früh ein Meisterwerk hervorbrachte, in einem für ihn ungewöhnlichen Genre versucht, nämlich als Cutter eines Pornofilms.
Mitte der 70er Jahre war Welles gerade dabei, seinen Film „The Other Side Of The Wind“ zu realisieren, was mit einigen Komplikationen einherging. Denn nach sieben Jahren Arbeit an dem Werk ging ihm das Geld aus, um seine Crew zu bezahlen, die u. a. aus dem Kameramann Gary Graver bestand. Die Regielegende sei wütend darüber gewesen, dass Graver am Cut seines eigenen Films arbeitete statt an Welles' Projekt - woraufhin er freiwillig angeboten habe, eine Sequenz zu schneiden, um die Fertigstellung des Pornos voranzubringen. Das erklärt Autor Josh Karp in seinem Buch „Orson Welles’s Last Movie: The Making of The Other Side of the Wind“ (via Vulture) und erzählt weiter: „Welles arbeitete im Gegenzug ohne Namensnennung an einem von Gravers Hardcore-Filmen. Der Star von '3 A.M.', Georgina Spelvin, erzählte mir stolz, dass Welles für das dynamische Editieren ihrer Masturbationsszene in der Dusche verantwortlich war.“
Während „3 A.M.“ 1975 veröffentlicht wurde, blieb Welles' „The Other Side Of The Wind“ auch bis zu seinem Tod im Jahre 1985 unvollendet.