Jon Cryer wurde einem breiteren Publikum durch seine Rolle in "Pretty in Pink" von 1986 bekannt. Seinen endgültigen Durchbruch bei der Masse feierte er spätestens im Jahre 2003, als er für die Sitcom "Two and A Half Men" engagiert wurde, in der er neben Skandalnudel Charlie Sheen zu sehen war. Acht Jahre lang spielten die beiden Seite an Seite und es verwundert nicht, dass Cryer in seinen Memoiren, in denen er auf sein bewegtes bisheriges Leben zurückblickt, nun auch genauer auf die Zusammenarbeit mit Sheen eingeht.
The Hollywood Reporter hat einen Auszug aus "So That Happened" veröffentlicht, in dem der in Kürze 50 Jahre alt werdende Cryer die Zeit der ersten und zweiten Staffel und schließlich die kurz vor Charlies Rauswurf näher beleuchtet.
Laut Cryers Ausführungen war der Beginn der Zusammenarbeit mit Charlie Sheen noch nicht von Skandalen und Aufregern geprägt. Das Äußerste, was zu jener Zeit geschah, war, dass Sheen bei einem Besuch seiner damaligen Gattin Denise Richards einmal einen Haufen von Pornozeitschriften im Trailer seines Kollegen versteckt habe. Und die waren nicht einmal allzu aufregend, wie Cryer beim Durchschauen nach eigenen Angaben enttäuscht feststellte. Auch einen gemeinsamen Trip nach Vegas kommentierte Cryer mit "Was in Vegas passiert, braucht nicht in Vegas zu bleiben, weil es scheißlangweilig war."
Die Dinge veränderten sich allmählich mit der zweiten Staffel von "Two and A Half Men", als Cryer und Sheen nach ihren jeweiligen Scheidungen beide auf einen Schlag Singles waren. Eine befremdliche Begegnung mit Sheen beschreibt Cryer so, dass dieser ihm von seiner neuesten Flamme erzählte und ihm zur Bekräftigung ein Bild seiner Herzensdame zeigte…bzw. ihrer Vagina. In Cryer warf das die Frage auf: "Wieso nur das und nicht der Rest der Person?" Auch wusste Charlie Rat, als sich Jon Cryer, um sich über seine Scheidung hinwegzutrösten, "professionelle" Hilfe suchen wollte. Er leitete ihn an einschlägige Internetseiten weiter.
Ab 2009 beeinträchtigten Sheens Eskapaden mit Alkohol und Drogen endgültig das private und berufliche Leben des Stars und sollten schließlich bekanntermaßen zu seinem Rauswurf 2011 führen.
Cryer erinnert sich, wie ihm zu Ohren kam, dass Carlos Irwin Estevez (Sheens echter Name) wegen Ehe-Handgreiflichkeiten in Aspen (Colorado) verhaftet wurde und er ihm alarmiert schrieb: "Mann, ich bin bei dir. Wenn du reden willst, ruf an; wenn du größere Probleme hast, ruf mich an, wenn du zurück bist."
Auch wenn es diese größeren Probleme offensichtlich gab, hat Sheen laut Cryer nicht die Hilfe seines Kollegen in Anspruch genommen und ist immer weiter abgerutscht. So endete etwa ein Abend, den Sheen mit seiner Ex-Frau Richards und seinen Kindern in einer Broadway Vorstellung von "Mary Poppins" begann und zu dem er Cryer eingeladen hatte, in einem verwüsteten Hotelzimmer. Dabei soll er gegenüber der Pornodarstellerin Capri Anderson gewalttätig geworden sein. Die Sorgen seines Co-Stars konterte er angeblich mit schnippischen Antworten wie: "Dusch-Vergewaltigung war schlecht, aber das Essen war okay".
Nichtsdestotrotz änderten seine ganzen Eskapaden nichts daran, dass Sheen sich bei neuen Verhandlungen über eine gehörige Gehalterhöhung freuen durfte: "Charlie hatte (...) mit Warner trotz Alkohols, einer schwierigen Ehe, sich anbahnenden Gerichtsverhandlungen und einer möglichen Zeit hinter Gittern eine massive Erhöhung (von 1,8 Millionen Dollar pro Episode) erreicht, das Dreifache dessen, was mir gezahlt wurde."
Cryer sieht Sheen nicht als Rebell, wie ihn die Klatschblätter gerne stilisiert haben. Für ihn war der einstige Kollege "einfach ein menschliches Wesen mit einer monumentalen Drogensucht". Laut Cryer habe dann aber Sheens Problem mit seiner Sicht auf sich selbst letztlich dazu geführt, dass er die Show verlassen musste. Jon Cryer erzählt in seinem Buch u. a. auch von Sheens letztem Tag am Set, als er sich mit einigen Bossen treffen sollte und schlicht nicht aufgetaucht ist. Statt sich mit den Warner-Chefs Bruce Rosenblum und Peter Roth zu treffen, die ihm signalisieren sollten, dass die Party allmählich vorbei sei, stieg er einfach in seinen Wagen und ließ sich nach Hause kutschieren und wurde seitdem nicht mehr am Set gesehen. "Charlie war nie ein großer Guerillakämpfer, der gegen die etablierte Ordnung rebellierte. Er war ein Typ, der alles, was er je haben wollte, von dieser Instanz bekam. Irgendwann schrieb er jemanden von der Show, 'Ich glaube, sie haben dem falschen Typen zu viel Geld gegeben.'"
Jon Cryers Autobiografie "So that Happened" erscheint am 7. April 2015 in dem amerikanischen Verlag American Library. Als Alan Harper hatte Cryer in Amerika seinen letzten Auftritt am 19. Februar 2015 im Serienfinale von "Two and A Half Men", wo Charlie Harper in Abwesenheit von Charlie Sheen ein im Großen und Ganzen recht unrühmliches Ende beschieden war.