456 hochverschuldete Menschen, die sich bereiterklären, sich in einer Reihe von Kinderspielen mit tödlichem Dreh zu messen, an deren Ende ein stattliches Preisgeld winkt: „Squid Game“ klingt schon auf dem Papier ziemlich vielversprechend und dürfte allein dank dieser Prämisse zahlreiche Menschen vor den Bildschirmen gefesselt haben.
Dass die koreanische Produktion aber ein derart gigantischer Erfolg, ja am Ende gar noch vor solchen Mega-Hits wie „Stranger Things“ und „Bridgerton“ zur meistgeschauten Netflix-Serie überhaupt wird und diesen Titel seitdem tapfer verteidigt, damit hatte wohl niemand gerechnet. Eine zweite Staffel war somit unvermeidlich, sollte aber selbst für Streaming-Verhältnisse eine gefühlte Ewigkeit auf sich warten lassen. Über drei Jahre nach Staffel 1 ist es nun jedoch endlich so weit:
Alle sieben Folgen der zweiten „Squid Game“-Staffel stehen ab sofort bei Netflix zum Abruf bereit – und treten nun natürlich ein schweres Erbe an. Doch braucht sich die Fortführung hinter dem Auftakt keineswegs verstecken...
Zurück im (Squid) Game: So geht es in Staffel 2 weiter
Seong Gi-hun (Lee Jung-jae) hat die Todesspiele in Staffel 1 zwar als Einziger überlebt und ist somit als Sieger nach Hause gegangen. Doch lassen ihn die traumatischen Geschehnisse von damals einfach nicht los. Statt wie ursprünglich geplant wieder Kontakt zu seiner entfremdeten Tochter aufzunehmen, beschließt Gi-hun letztlich sein gewaltiges Preisgeld von 46,5 Milliarden Won (umgerechnet rund 31 Millionen Euro) aufzuwenden, um die Verantwortlichen hinter dem perfiden Event ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen.
Aber auch drei Jahre später ist er diesem Ziel nicht wirklich näher gekommen, selbst als es ihm eines Tages tatsächlich gelingt, den anzugtragenden Anwerber der Spiele (Gong Yoo) aufzuspüren. Schließlich sieht Gi-hun keinen anderen Weg mehr, um an die Drahtzieher heranzukommen: Er muss selbst erneut an dem tödlichen Wettkampf teilnehmen. Doch gelingt es ihm tatsächlich noch einmal, mit dem Leben davonzukommen?
Teil 1 des großen "Squid Game"-Finales
Obwohl er mit einem Cliffhanger am Ende von Staffel 1 bereits eine Fortsetzung angedeutet hat, war Serien-Schöpfer Hwang Dong-hyuk nach der anstrengenden Arbeit an der ersten „Squid Game“-Season zunächst etwas zögerlich, was die zweite Staffel anging, zumal er zu jenem Zeitpunkt noch keinen konkreten Plan für den Fortlauf der Geschichte gefasst hatte.
Die überwältigenden Reaktionen auf die Serie überzeugten ihn aber letzten Endes, erneut als Autor und Regisseur in Personalunion nicht nur eine zweite, sondern sogar direkt noch eine dritte Season in Angriff zu nehmen. Dass die beiden Staffeln zusammen als eine große Fortsetzung entwickelt wurden, wird am Ergebnis nun deutlich.
Ohne groß etwas vorwegzunehmen, sei hier die Vorwarnung ausgesprochen, dass Staffel 2 zwar nach einer gewissen Zäsur, aber dennoch mitten im Geschehen endet. Das mag dem einen oder der anderen nach der trotz besagtem Cliffhanger doch recht in sich geschlossenen ersten Staffel ein wenig sauer aufstoßen, ist aber beim seriellen Erzählen natürlich völlig legitim. Und auf das nächste Kapitel müssen wir diesmal zum Glück nicht wieder so lange warten. „Squid Game“ Staffel 3 wird schon 2025 auf Netflix erscheinen und das Serien-Phänomen dann bereits abschließen. Nach Staffel 2 wird sich die Wartezeit dennoch quälend lang anfühlen.
Nur mehr vom Gleichen?
Denn wer nach dem anfänglichen Zögern, der obigen Synopsis und den Trailern gedacht hat, dass die zweite Runde „Squid Game“ nur ein halbgarer Abklatsch der ersten wird, irrt gewaltig. Ja, Hwang Dong-hyuk tischt uns zwar ein weiteres Turnier auf. Bis es so weit ist, lässt er uns aber erst einmal in Gi-huns wenig glanzvolles Post-„Squid Game“-Dasein eintauchen – und in seine andauernde Besessenheit, nach all der Zeit doch noch diejenigen zur Strecke zu bringen, die sein Leben dermaßen aus der Bahn geworfen haben.
In Bildern, die die Trostlosigkeit des Protagonisten widerspiegeln, wird schon hier ein spannendes Katz- und Mausspiel eingeläutet – bis dann die trügerischen Farbexplosionen der altbekannten „Squid Game“-Arena fast schon einer Erlösung gleichkommen. Doch diese falsche Empfindung währt natürlich nur kurz, bevor schnell die grausame Realität der Spiele nicht nur die Teilnehmenden, sondern auch das Publikum wieder voll in ihrem Bann hat.
Von hier an mag das Publikum – genau wie Gi-hun – zunächst glauben, dass es weiß, wie der Hase läuft. Doch genau das nutzt Hwang Dong-hyuk, um diese Erwartungen immer wieder zu unterlaufen. Natürlich setzt er auch auf altbekannte Stärken der vorherigen Staffel und präsentiert uns so manchen Konflikt, den wir damals bereits gesehen haben. Denn im Kern geht es einmal mehr um die Abgründe des Kapitalismus und die erschreckenden (a)moralischen Auswüchse, die sich im darauf wackelig aufgebauten sozialen Gefüge (nicht nur) der koreanischen Gesellschaft ergeben.
Inmitten des oftmals bitteren Blicks auf die Natur des Menschen gibt es aber immer wieder Variationen und clevere Kniffe, die eine neue Dynamik in das Geschehen bringen – und damit meinen wir längst nicht nur die neuen, erneut hochspannenden Spiele um Leben und Tod.
Hochspannung von Anfang bis Ende
Allein, dass Gi-hun diesmal mit einer gänzlich anderen Motivation sein Leben riskiert, verschiebt den Fokus mehr und mehr. Statt am Ende als Sieger dazustehen, nutzt er seine Erfahrungen vom ersten Mal, um die Spiele um jeden Preis zu stoppen. Diese Entwicklung wird auch im Spiel von Darsteller und „The Acolyte“-Jedi Lee Jung-jae zu jeder Zeit deutlich, der uns einen deutlich gewandelten, abgeklärteren, aber auch schwermütigeren Gi-hun präsentiert.
An seiner Seite (und ihm gegenüber) steht dabei ein (nahezu) komplett neues Figurenensemble, dessen Zusammensetzung aber die wohl deutlichsten Parallelen zu Staffel 1 aufweist. Trotzdem bekommen fast alle gerade genügend Profil, um mit ihnen mitzufiebern – was natürlich essentiell für das Gelingen der einmal mehr packend-schonungslos inszenierten Spiele ist.
Da verzeiht man auch so manchen ungelenken und übererklärenden Dialog. Das gesprochene Wort ist zweifellos nicht die große Stärke von „Squid Game“, das Gezeigte dafür umso mehr. Und das hat es auch diesmal wieder ganz schön in sich – obgleich der Schockeffekt trotz aller neuen Ideen dann doch nicht mehr derselbe ist wie bei der damals noch so unbedarften Annäherung an Staffel 1.
Fazit
Die zweite „Squid Game“-Staffel setzt im Kern auf ähnliche Zutaten wie die erste, bietet daneben aber genug Neues, um die Geschichte so konsequent und atemlos fortzusetzen, dass die sieben Folgen wie im Flug vergehen. Nach dieser starken Weitererzählung können wir das Finale der Serie im nächsten Jahr jedenfalls kaum erwarten.