Auch wenn die erste Staffel der neuen Netflix-Serie „Black Doves“ mit einer lieblich-melancholischen Weihnachtsmontage endet, die alle Figuren – zumindest die, die das Glück hatten, die Season zu überleben – unter dem Weihnachtsbaum, im Kreis ihrer Lieben zeigt: Im Kern ist die von Joe Barton erdachte Serie harte und auch ziemlich verwickelte Agentenkost. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Aspekte zum Staffelfinale zusammen und spekulieren, wie es in der schon angekündigten zweiten Staffel weitergehen könnte.
Hauptfigur des Sechsteilers ist die von Keira Knightley gespielte Helen Webb, die, wie man in Rückblenden erfuhr, vor vielen Jahren Mitglied der Geheimorganisation Black Doves wurde. Die ist nicht etwa ein weiterer Geheimdienst, sondern eine Organisation, die ihre Dienste demjenigen anbietet, der am besten bezahlt: Und das kann sowohl ein Staat sein als auch eine kriminelle Vereinigung wie die Clark-Familie, zu der wir später kommen.
Beziehung und Karriere unter einen Hut zu bringen ist nicht leicht
Helen jedenfalls gelang es, Wallace Webb (Andrew Buchan) zu heiraten, einen Politiker, der es inzwischen bis zum Posten des britischen Verteidigungsministers gebracht hat. Dass seine Gattin und die Mutter seiner beiden Kinder ein Doppelleben als Agentin führt, ahnt Wallace natürlich nicht – allerdings wird in der ersten Staffel auch nicht recht klar, was Helen eigentlich genau für die Black Doves tut: Staatsgeheimnisse, zu denen ihr Mann Zugang hat, verrät sie jedenfalls nicht, aber das kann ja noch kommen.
Ganz glücklich in der Ehe scheint Helen jedenfalls nicht zu sein, denn zu Beginn der Staffel hat sie eine Affäre mit Jason (Andrew Koji), der allerdings schon in der ersten Folge das Zeitliche segnet. Er war eine der Leichen, die im Zuge des Todes und der scheinbaren Ermordung des chinesischen Botschafters gefunden wurden, womit die Staffel begann. Die Aufklärung dieses Todesfalls diente als am Ende doch recht loser roter Faden, um den sich diverse Nebenhandlungen reihten.
Eine Agentin im Sitz des Premierministers
Wie sich in der letzten Folge herausstellt, war Jason ein Agent des Geheimdienstes MI5 und hatte die Aufgabe, herauszufinden, ob es sich bei Helen um eine Agentin handelt. Fahrlässigerweise hatte Helen Jason tatsächlich ihre wahre Identität gestanden, doch der habe diese Information verheimlicht, um Helen zu schützen. Das zumindest berichtet Reed (Sarah Lancashire), Helens Chefin bei den Black Doves, die darüber besonders froh sein dürfte.
Denn nachdem sich am Ende der Staffel herausgestellt hat, dass der amtierende Premierminister schon früh wusste, dass der Botschafter nicht etwa ermordet wurde, sondern sein Tod ein Unfall war, steht sein Rücktritt an. Und als Nachfolger wird zu Beginn der zweiten Staffel wohl Wallace Webb in die Downing Street 10, den Amtssitz des Premiers, umziehen – und mit ihm natürlich seine Frau, die Agentin Helen, die damit an für ihre Auftraggeber sicherlich sehr interessanter Position sitzt.
Findet Sam noch sein Liebesglück?
Neben Helen steht in der Serie noch Sam im Mittelpunkt, ein von Ben Whishaw gespielter Auftragskiller, der seinen Job zwar sehr gerne betreibt, aber auch ein großes Herz besitzt. Aus diesem Grund schaffte er es nicht, vor etlichen Jahren ein Kind zu töten, das bei einem Auftrag auf dem Rücksitz eines Autos saß. Eine Nachlässigkeit, die Sam zur Flucht aus London veranlasste, weswegen er seine glückliche Beziehung zu Michael (Omari Douglas) aufgeben musste.
Der ist inzwischen Vater geworden, trauert Sam aber ebenso hinterher wie dieser ihm. Doch als Killer eine normale Beziehung zu führen erweist sich als ebenso kompliziert, wie Spionage und Mutterschaft unter einen Hut zu bringen. Trotz einer romantischen Wiederannäherung, scheint sich Sam am Ende vom Gedanken an eine Beziehung mit Michael verabschiedet zu haben, aber ganz würden wir es nicht ausschließen, dass in der zweiten Staffel da noch etwas kommt.
Auch ein Profi-Killer kann Schutz gebrauchen
Ganz sicher wird jedoch das Verhältnis zwischen Sam und Hector (Luther Ford) eine Rolle spielen. Hector ist das Kind, das Sam einst am Leben ließ, ein Versäumnis, das ihm seine Auftraggeberin Lenny Lines (Kathryn Hunter), eine der vielen, schwer zu durchschauenden Figuren der Serie, immer noch übel nimmt. Doch dieser Akt der Gnade könnte sich in der zweiten „Black Doves“-Staffel als lebensrettend erweisen, denn Hector, der selbst in zwielichtige Geschäfte verwickelt ist, bietet Sam einen Job an, der ihm gleichzeitig ein gewisses Maß an Schutz geben könnte, den er nun wohl dringend braucht.
In der bis dato letzten Folge hatte Sam sich nämlich mit der schon erwähnten Gangster-Familie Clark angelegt. Diese wird als international operierende kriminelle Vereinigung beschrieben, deren Kontakte, wie man immer wieder gemerkt hat, auch in die höchsten Sphären der britischen Politik reichen. Die Clarks, vor allem die Anführerin des Clans, Alex Clark (Tracey Ullman), waren für den Tod von Jason (und vielen anderen) verantwortlich, weswegen Helens Antrieb während der ersten Staffel Rache war. Diese Bürde nahm ihr Sam ab, in dem er Alex Clark und ihren Sohn tötete, was ihn nun aber zur Zielscheibe der restlichen Familie machen dürfte. Da kommt das Angebot von Hector gerade recht, auch wenn er dafür seine eigentliche Auftraggeberin brüskieren muss.
Dass Lenny diese Niederlage einfach so hinnimmt, dürfte ausgeschlossen sein, auch dieser wunderbar knorrigen, im schönsten Londoner-Gangster-Sprech kommunizierenden Nebenfigur werden wir in der zweiten Staffel sicherlich wieder begegnen. Und dann dürfte es blutig werden, denn unter der einerseits ironischen, andererseits weihnachtlichen Oberfläche, hat sich „Black Doves“ als actiongeladenes, raffiniertes Spionage-Drama erwiesen, auf dessen Fortsetzung wir sehr gespannt sind.
Wie lange die Wartezeit dauert, ist allerdings noch nicht bekannt. Im folgenden Artikel erfahrt ihr indes, auf welchen Meta-Gag Serien-Schöpfer Joe Barton wegen seiner Hauptdarstellerin Keira Knightley verzichtet hat:
Zu viel des Guten? Auf diese Meta-Anspielung hat der "Black Doves"-Macher ganz bewusst verzichtet