Der griechische Filmemacher Yorgos Lanthimos hat sich vom Schöpfer von Arthouse-Geheimtipps zum hell strahlenden Namen am Regie-Firmament gewandelt. Doch wer durch den international gefeierten Oscar-Abräumer „Poor Things“ und die wundervoll-gemeine Komödie „Kinds Of Kindness“ Lust bekommen hat, sein Frühwerk nachzuholen, beißt sich schnell die Zähne aus! So ist ausgerechnet „Dogtooth“ derzeit auf keiner deutschen Streamingplattform zu finden – weder im Abo noch als VOD.
Zudem war er jahrelang schwer auf DVD und Blu-ray aufzutreiben. Dabei handelt es sich bei diesem fiesen Thriller um den Film, der Lanthimos erstmals international größere Anerkennung in der Arthouse-Szene eingebracht hat. Ein echtes Ärgernis, jedoch platzte nun die Rettung herein: Diese Woche kehrte „Dogtooth“ ins Heimkino zurück – und zwar als Remastered Special Edition!
"Dogtooth": Fieser Humor, beißende Satire und verstörende Spannung
Eine luxuriöse, umzäunte Villenanlage wird für drei Kinder zum dreckigen Nabel der Welt: Ein Elternpaar (Christos Stergioglou und Michele Valley) schottet seine Töchter (Angeliki Papoulia und Mary Tsoni) sowie seinen Sohn (Christos Passalis) radikal von der Außenwelt ab. Noch dazu wendet es bizarre, teils garstige Erziehungsmethoden an und nutzt seine Machtstellung, um seinen Kindern konsequent Fehlinformationen einzubläuen. Eines Tages kommt allerdings eine der Töchter an Videokassetten – und schon bald macht sich bei den Kindern Neugier auf die Welt jenseits des Zauns breit. Die Eltern versuchen, dies mit all ihrer Kraft zu unterbinden...
Wer Lars von Trier liebt, wird auch beim frühen Lanthimos ein diebisch klopfendes Herz verspüren: In seinem Frühwerk „Dogtooth“ vermengt der ehemalige Basketballspieler unter die Haut gehenden Nervenkitzel, gallige Gesellschaftskritik und pechschwarzen, staubtrockenen Humor. So ist die bittere Groteske auf der einen Hand eine harsche Abrechnung mit faschistoiden Kontrollmechanismen wie gezielter Fehlinformation, Kunstzensur und der damit verbundenen Einschränkung des Denkens.
Auf der anderen Hand schuf Lanthimos gemeinsam mit Drehbuchautor Thimios Bakatakis eine derart konzentrierte, eingangs unterschwellig-beklemmende Ausgangslage, dass diese dysfunktionale Familienanordnung auch ohne zweite Ebene an die Nieren geht – zumal sie durch Gewalt, Perversion und Psychoterror konstant verstörender wird.
Von Lynch und Villeneuve gefeiert
Unter all dem brodelt provokante, surreal angehauchte Komik, da Bakatakis und Lanthimos mit schneidender Präzision, scharfem Sarkasmus und kompromissloser Beobachtungsgabe Löcher in schlechte Alltagsgewohnheiten bohren und sie mit sprödem Witz überhöhen. Wen wundert es da, dass David Lynch „Dogtooth“ gegenüber der Los Angeles Times als „fantastische Komödie“ bezeichnete, der Film aber zugleich im FILMSTARTS-Ranking der verstörendsten Szenen aller Zeiten landete?
Unerwarteter dürfte für viele Filmfans kommen, dass der Regisseur hinter einem der größten Kassenschlager dieses Jahrs zu den Fans von „Dogtooth“ gehört: „Dune 2“-Macher Denis Villeneuve zählt ihn zu den besten Produktionen des bisherigen Jahrtausends. So schwärmte er: „Dieser Wahnsinn in 'Dogtooth' ist das Erfrischendste, was ich seit langer Zeit gesehen habe.“
Wer mit Villeneuves Frühwerk vertraut ist, dürfte darüber aber weniger stolpern: Einige seiner frühen Regiearbeiten vermischten ebenfalls finsteren Gesellschaftskommentar mit schmerzhafter Tragik und boshafter Komik. Doch ähnlich wie Lanthimos' frühes Schaffen machen sich die ersten Kapitel in Villeneuves Filmografie im deutschen Heimkino und Streaming recht rar. Dafür rückt wenigstens der nächste Eintrag in sein Sci-Fi-Epos mit großen Schritten näher:
"Dune 3": Regisseur bestätigt, was die Fans gehofft haben – und verrät, welche Stars unbedingt zurückkehren müssenDies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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