Die Bigotterie krakeelender konservativer Stimmen ist in den USA erdrückend. Auch abseits von Donald Trump, der sich in seinen Reden zuletzt als Retter amerikanischer Frauen aufzuspielen versuchte, obwohl ihm über zwei Dutzend Frauen sexuelle Belästigung und teils schwere Fälle sexueller Gewalt vorwerfen.
So besteht ein gewaltiger Teil des Programms von Trumps langjährigem Lieblingssender Fox News daraus, die Angst zu schüren, Frauen wären nicht mehr sicher – und zwar ausschließlich aufgrund der politischen Gegenseite. Derweil schuf der einstige Fox-News-CEO Roger Ailes hinter den Kulissen ein abscheuliches System sexueller Ausbeutung, das im Mittelpunkt des Dramas „Bombshell – Das Ende des Schweigens“ steht.
Der TV-Sender 3sat zeigt „Bombshell“ heute, am 11. Oktober 2024, ab 20.15 Uhr – völlig frei von Werbeunterbrechungen! Wer will, kann ihn aber auch als VOD bei Amazon Prime Video leihen oder kaufen:
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Darum geht es in "Bombshell – Das Ende des Schweigens"
2015: Megyn Kelly (Charlize Theron) gehört zu den berühmtesten Gesichtern des aufgrund seiner reißerischen, mitunter komplett erlogenen Berichterstattung vielfach kritisierten Senders Fox News. Als sie in einem Interview Donald Trump mit seiner langen Liste an frauenfeindlichen Kommentaren konfrontiert, nimmt allerdings ihre eigene Seite des Politdiskurses sie ins Visier. Der Hass, der auf Kelly hereinprasselt, ist für sie alsbald mehr als eine emotionale Belastung – er wird für sie und ihre Familie zur Gefahr.
Aber Fox-News-Senderchef Roger Ailes (John Lithgow), der Kelly zu Beginn ihrer Karriere sexuell missbrauchte, verbietet ihr, sich gegen die Bedrohungen zu wehren. Unterdessen versucht die junge Evangelikale Kayla Pospisil (Margot Robbie), im Sender Fuß zu fassen. Sie knüpft dabei enge Bande mit einer beruflich gegen ihre eigenen Interessen wetternden Kollegin (Kate McKinnon), und sie zeigt eifrig Interesse, vor die Kamera zu treten. Doch Ailes gestattet nur Frauen eine TV-Karriere, die sich vor ihm erniedrigen.
Derweil will „Fox & Friends“-Moderatorin Gretchen Carlson (Nicole Kidman) in ihrem Format vermehrt Themen platzieren, die die weibliche Bevölkerung anbelangen. Sie wird von ihrem Chef und wiederholten Peiniger abgeblockt, woraufhin sie beschließt, sich zur Wehr zu setzen. Ihr Rechtsbeistand macht ihr klar, dass sie bloß dann Erfolgsaussichten hat, wenn sie weitere Frauen dazu bringt, öffentlich die Wahrheit über Ailes auszusprechen...
Ein wilder, wütender Mix aus Satire und Drama
„Bombshell“-Drehbuchautor Charles Randolph wirkte zuvor am Skript zu Adam McKays bissig-temporeicher, wütender Hochfinanz-Satire „The Big Short“ mit – und das ist dem Drama anzumerken: Eingangs gibt es einen schnellen, gewitzten Erklärkommentar aus dem Off sowie ironische überspitzte Einblicke in die Fox-News-Hierarchie – inklusive Strahlegrinsen und stolz emporgehobene Daumen vom Fußvolk, weil schon länger keine Ratten im Gebäude gesichtet wurden.
Gerät die Handlung erst einmal ins Rollen, gibt es solche komödiantischen Einschübe nur noch sporadisch und eher beiläufig - etwa in Form einer inszenatorischen Spielerei, wenn sich kurz das Fox-News-Logo in einer Ecke abzeichnet, während zwei Figuren über derart übermäßigen Fox-News-Konsum sprechen, dass sich das Logo ins TV-Bild brennt. Situativ glänzt „Bombshell“ dank dieses Schneids, insgesamt wirkt er aber leicht fahrig:
Der zuvor unter anderem für die „Austin Powers“-Trilogie zuständige Regisseur Jay Roach scheint dezente Probleme zu haben, sich zwischen einem wütenden, sarkastischen oder dramatisch-betroffenen Ansatz zu entscheiden (oder eine zündende Verschmelzung dieser Tonfälle zu erzielen). Dessen ungeachtet ist „Bombshell“ ein sehenswert-zorniges Drama, das die On-Air-Maschen von Fox News demontiert sowie eine aufwändig recherchierte, zackig komprimierte Auseinandersetzung mit Ailes' Machenschaften bietet.
Im Fokus steht das Darstellerinnen-Trio
So widerlich Lithgow in seinen Szenen als Ailes auch ist, überlässt Roach zumeist seinem weiblichen Cast die Bühne: Theron und Kidman ahmen ihre realen Vorbilder verblüffend nach, ohne je durch Mimikry das emotionale Potential ihrer Handlungsstränge zu schmälern. Robbie, deren Figur aus den Berichten von rund 20 Frauen zusammengesetzt wurde, die nicht 1:1 dargestellt werden durften oder wollten, kreiert wiederum eine komplexe, zum Kopfschütteln einladende Rolle:
Sie ist eine aufgeschlossene Idealistin, die gleichzeitig einer holpernden Vorstellung konservativer Werte nachhechelt und unbedingt Top-Journalistin werden will, indem sie bei einem Schundsender anheuert. Dass solche widersprüchliche Biografien existieren, ist zwar verbrieft – aber es hilft, Robbies Darbietung zu sehen, um dies wirklich begreifen zu können. Robbie wurde, ebenso wie Theron, für den Oscar nominiert, das sie in Fox-News-Archetypen verwandelnde Makeup wurde gar prämiert.
Ein weiteres, noch besseres #MeToo-Journalismusdrama wurde wenige Jahre später bei den Oscars dagegen leider völlig ignoriert. Weshalb ihr euch nach „Bombshell“ aber unbedingt „She Said“ anschauen solltet, dürfte die FILMSTARTS-Kritik zum Film nachdrücklich aufzeigen. Hier haben wir auch noch einen Trailer:
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