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    "Ich will euch den Boden unter den Füßen wegziehen": Das große FILMSTARTS-Interview mit "Blink Twice"-Regisseurin Zoë Kravitz
    Christoph Petersen
    Christoph Petersen
    -Chefredakteur
    Hat schon über 1.000 Schauspieler persönlich interviewt – darunter Superstars wie Brad Pitt, Leonardo Di Caprio oder Jennifer Lawrence.

    Zoë Kravitz ist als Schauspielerin in Blockbustern wie „Mad Max: Fury Road“ oder „The Batman“ berühmt geworden. Nun gibt sie mit dem superfiesen, superstylischen Mystery-Thriller „Blink Twice“ ihr Debüt als Regisseurin und Drehbuchautorin:

    Der wahnsinnig attraktive Tech-Milliardär Slater King (Channing Tatum) ist schon vor zwei Jahren wegen eines nicht näher definierten Skandals als CEO seines Konzerns zurückgetreten. Seitdem lebt er abgeschiedenen auf einer kleinen Insel, um an sich selbst zu arbeiten. Als er bei einem Wohltätigkeits-Event die Cocktail-Kellnerin Frida (Naomi Ackie) und ihre beste Freundin Jess (Alia Shawkat) kennenlernt, lädt er die beiden spontan ein, im Privatjet mit zurück auf seine Insel zu reisen. Statt Selbstfindung gibt es dort jedoch Alkohol, Drogen und jeden Abend Party. Trotzdem fühlt sich Frida zunächst wie im Paradies, während Jess sehr viel schneller merkt, dass hier etwas ganz und gar nicht mit rechten Dingen zugeht.

    Blink Twice“ ist zunächst ein extrem stylischer Hangout-Film in einer absoluten Traum-Location. Aber Zoë Kravitz („Kimi“) verpasst uns gleich mit ihrem Regiedebüt, das immer wieder mit „Get Out“ und „Don’t Worry Darling“ verglichen wird, einen ungebremsten Schlag in die Magengrube – mit einem der finstersten Twists seit langer, langer Zeit…

    FILMSTARTS: Wir müssen bei diesem Film unbedingt über die Farben sprechen. Jedes Gebäude, jedes Kostüm, jeder Gegenstand hat eine von vielleicht vier oder fünf sehr distinktiven Farben. Wir standen nach dem Film jedenfalls noch in einer Gruppe zusammen und haben erst mal gerätselt, welche Farbe wohl wofür steht – das war sehr spannend! Stand das so schon in deinem Skript oder hast du das gemeinsam mit deinem Setdesigner entwickelt?

    Zoë Kravitz: Bei einigen Objekten stand es definitiv schon im Skript, zum Beispiel beim weißen Kleid und den roten Tüten, die jeder zur Begrüßung erhält. Aber dann ging es erst einmal darum, die richtige Location zu finden – und aus dieser heraus habe ich gemeinsam mit meinem Chef-Kameramann Adam Newport-Berra unsere Farbpalette entwickelt. Und dann kam Roberto Bonelli, mein großartiger Setdesigner, und hat es noch weitergesponnen. Wir wollten auf jeden Fall starke Kontraste und sehr helle, starke Primärfarben. Gerade beim Rot, das repräsentiert Macht und Blut.

    Blink Twice
    Blink Twice
    Starttermin 22. August 2024 | 1 Std. 42 Min.
    Von Zoë Kravitz
    Mit Naomi Ackie, Channing Tatum, Alia Shawkat
    User-Wertung
    2,9
    Filmstarts
    4,0
    Vorführungen (194)

    FILMSTARTS: Thematisch ist „Blink Twice“ ein hochaktueller Thriller. Aber was den sehr stylischen, grobkörnigen Look angeht, fühlt man sich eher an die Siebziger erinnert …

    Zoë Kravitz: Ja, das ist einfach meine Ästhetik. Für mich sind die Siebziger und die Neunziger zwei meiner liebsten Jahrzehnte der Kinogeschichte. Vielleicht wollte ich deshalb von allem weg, das sich zu modern anfühlt – deshalb müssen zu Beginn auch alle ihre Smartphones abgeben. Ich denke, das hat auch der Story geholfen, selbst wenn es am Ende vor allem eine Frage des persönlich bevorzugten Stils ist.

    FILMSTARTS: Du hast den Schauplatz ja schon selbst angesprochen, es ist wahrscheinlich einer der schönsten Plätze der Erde. Wie hat es deiner Meinung nach Cast, Crew und so am Ende wohl auch den Film an sich beeinflusst, dass ihr dort gedreht habt?

    Zoë Kravitz: Es war wirklich unglaublich. Wir haben auf Yucatán in Mexiko gedreht. Es war sehr, sehr isoliert, weshalb der Cast in der Location selbst gewohnt hat, weil alles andere viel zu weit weg gewesen wäre. Es war also unser Zuhause für eineinhalb Monate. Wir haben uns mit der Zeit regelrecht in der Welt verloren. Ich glaube, das erkennt man auch im Film, diese Verbindung zwischen den Cast-Mitgliedern, wie wohl sie sich alle miteinander fühlen.

    Warner Bros.
    Zoë Kravitz gibt ihrem Hauptdarsteller Channing Tatum am Set von „Blink Twice“ noch schnell letzte Anweisungen vor dem Dreh der nächsten Szene.

    FILMSTARTS: Aber wo wir gerade schon über schöne Dinge sprechen: Du musstest einen der verabscheuungswürdigsten Bösewichte der Kinogeschichte besetzen – wie bist du da ausgerechnet auf Channing Tatum gekommen?

    Zoë Kravitz: Ich wollte unbedingt jemanden, bei dem sich das Publikum so wohl und sicher fühlt, dass man nachvollziehen kann, warum Frida mit diesem fremden Mann auf eine einsame Insel fliegt. Gerade dieser Charme macht ihn ja so gefährlich. Außerdem fand ich es extrem aufregend, ihn mal in einer anderen Rolle und nicht immer nur als romantischen Helden zu erleben.

    FILMSTARTS: Neben Channing Tatum hast du Simon Rex, Christian Slater, Haley Joel Osment und Kyle MacLachlan als seine Kumpels besetzt. Es wäre ja naheliegend gewesen, ihm einfach austauschbar-schleimige Businesstypen zur Seite zu stellen, stattdessen bekommen wir die wohl anachronistischste Boygroup aller Zeiten. Wie ist diese Casting-Entscheidung zustande gekommen?

    Zoë Kravitz: Genau das ist der Punkt: Mit einer Gruppe Anzugträgern wäre alles von Beginn an so offensichtlich gewesen. Jetzt denkt man sich hingegen zu Beginn des Films, dass man auch gerne mit diesen Typen abhängen würde. Ich wollte eine charismatische, dynamische Gruppe schaffen, die Spaß verspricht und zu der auch das Publikum gerne dazugehören würde – nur um dann allen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Da steckte also schon ein ganzer Plan dahinter.

    Warner Bros.
    Da die Schauspieler*innen alle gemeinsam vor Ort in der Drehlocation untergekommen sind, entwickelte sich am Set von „Blink Twice“ schnell eine familiäre Stimmung zwischen den Cast-Mitgliedern.

    FILMSTARTS: Als du 2017 mit dem Schreiben des Skripts begonnen hast, lautete der Titel noch „Pussy Island“. Wie hart hast du dafür gekämpft, den Film tatsächlich so nennen zu dürfen – oder war dir schon früh klar, dass du damit bei einem solch großen Unternehmen wie Amazon eh nicht durchkommst?

    Zoë Kravitz: Ich habe schon dafür gekämpft. Wobei ich mir auch lange Zeit gar nicht sicher war, ob der Film überhaupt gemacht wird, und deshalb habe ich zu dem Zeitpunkt auch noch gar nicht weiter in die Zukunft gedacht. Als dann das Go kam, wollte ich mich erst mal ganz aufs Filmen konzentrieren. Wahrscheinlich haben da schon alle um mich herum gewusst, dass das niemals der finale Titel werden wird. In meinem naiven kleinen Hirn habe ich gedacht, dass ich damit vielleicht durchkomme. Aber ich denke auch, dass unser jetziger Titel der beste Titel für den Film ist.

    FILMSTARTS: Irgendwann wird natürlich gezeigt, was auf der Insel wirklich passiert. Ohne etwas zu verraten, wie bist du an das Dilemma rangegangen, auf der einen Seite nichts zu verharmlosen, auf der anderen aber auch das Publikum eines Unterhaltungsfilms nicht auf alle Zeiten zu verstören?

    Zoë Kravitz: Es ist eine Frage der Balance. Ich habe mein Bestes gegeben, damit die Szene, von der du sprichst, nicht so grotesk wird, dass man sie gar nicht mehr aushalten kann. Ich glaube auch, dass das Ungemütliche an der Sequenz ihre Länge ist. Es geht ja im ganzen Film auch darum, inwieweit man seiner eigenen Erinnerung trauen kann – und deshalb haben wir die Szene ohne Schnitt in einer Einstellung gedreht: Es ist ein Moment der absoluten Klarheit, da ist nichts manipuliert. Und das halten wir jetzt einfach mal eine Weile aus. Ich wollte nichts zeigen, dass die Leute dazu bringt wegzugucken – aber ich wollte, dass die Leute es lang genug ertragen müssen, damit es sie auch danach noch eine Weile lang beschäftigt.

    „Blink Twice“ läuft seit dem 22. August 2024 in den deutschen Kinos – und auch wir können euch den Besuch des Mystery-Thrillers nur empfehlen, so heißt es etwa im Fazit unserer 4-Sterne-Filmkritik: „‚Blink Twice‘ ist zwar nicht der erste #MeToo-Horrorfilm, aber dafür einer der radikalsten. Zoë Kravitz macht in ihrem Debüt als Regisseurin und Filmautorin keine Gefangenen und punktet darüber hinaus mit einer super stylischen Inszenierung, die vor allem mit ihrer brillanten Farbdramaturgie begeistert.“

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