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    TV-Tipp: Dieses bildgewaltige Abenteuer mit Mel Gibson ist ein kontroverser Klassiker
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sidneys Lieblingsfigur ist Donald Duck, sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“ und bereits in der Grundschule las er eine Walt-Disney-Biografie. Wenn er könnte, würde er ins Disneyland auswandern, aber da das nicht geht, muss ihn seine Disney-Sammlung bei Laune halten.

    Ein Film zum Träumen und Schwärmen oder ein Fehlgriff zum Ärgern und Fremdschämen? Diskussionen über den Disney-Klassiker „Pocahontas“ können hitzige Temperaturen annehmen – wer den Film aber erstmal auffrischen muss, kann das heute im Free-TV tun.

    Die Melodien aus diesem Historienabenteuer sind preisgekrönte Evergreens. Und dennoch wird „Pocahontas“ nicht mit derselben Verlässlichkeit ins Rampenlicht gezerrt wie viele andere Filme aus der sogenannten Disney-Renaissance – jener Phase, als die Walt Disney Animation Studios Jahr für Jahr ein globales Phänomen veröffentlichten.

    Das könnte daran liegen, dass der bereits 1995 kontrovers aufgenommene Film im öffentlichen Diskurs nun noch mehr Zündstoff mit sich bringt. Jetzt bietet sich aber eine Gelegenheit, einfach mal wieder den Film für sich sprechen zu lassen. Denn der Disney Channel zeigt heute, am 23. August 2024, „Pocahontas“ ab 20.15 Uhr. Außerdem könnt ihr den Film ganz flexibel bei Disney+ streamen:

    "Pocahontas": Ein Film, bei dem die Bilder genauso bunt sind wie die Diskussionen über ihn

    Zu Beginn des 17. Jahrhunderts: Eine Expedition unter Governor Ratcliffe (Stimme im Original: David Ogden Stiers / deutsche Stimme: Joachim Kemmer) befindet sich auf dem Weg nach Amerika. Mit an Bord des Schiffs befindet sich der Abenteurer John Smith (Mel Gibson / Sigmar Solbach), der im Gegensatz zu Ratcliffe weniger an Bodenschätzen interessiert ist, und mehr daran, seinen Erkundungsdrang zu befriedigen.

    Unterdessen erfährt die junge Eingeborene Pocahontas (Irene Bedard / Alexandra Wilcke), dass ihr Vater Powhatan (Russell Means / Gerd Holtenau) sie mit dem stoischen Krieger Kocoum (James Apaumut Fall / Bernd Vollbrecht) verheiraten möchte. Gefrustet streift sie durch ihre geliebte Natur – als sie John Smith begegnet und merkt, dass sie einen Draht zu ihm hat...

    Mit einem weltweiten Einspielergebnis von 346 Millionen Dollar war „Pocahontas“ einer der größten Hits des Kinojahres 1995 – jedoch war dies auch ein klares Minus gegenüber dem im Vorjahr erschienenen „Der König der Löwen“. Und selbst wenn „Pocahontas“ für seine von Alan Menken geschriebene Musik sowie für den von Menken und Stephen Schwartz verfassten Song „Das Farbenspiel des Winds“ je einen Oscar gewonnen hat:

    Die kritische Resonanz des Films war schon 1995 eher durchwachsen. Bereits damals wurde heftig diskutiert, ob es geschmacklos sei, aus der realen, deutlich dramatischeren Geschichte der zwischen ihrem Stamm und den Kolonialisten vermittelnden Pocahontas ein sentimentales, mit übernatürlichen Einschlägen versehenes Musical zu machen.

    Und ebenso wurde über die Darstellung von Pocahontas' Volk gestritten: Ist sie despektierlich-verkitscht, oder lassen sich Elemente wie eine sprechende Trauerweide als genrebedingte Stilisierung entschuldigen? Und ist der Konflikt zwischen dem indigenen Volk und den Engländern zu sehr vereinfacht, oder wird er auf eine Weise dargestellt, die einem Familienpublikum angemessen ist – zumal es 1995 noch alles andere als selbstverständlich war, dass eine Hollywood-Großproduktion die Kolonialisten als raffgierige Aggressoren zeichnet?

    Fragen, die in den nahezu 30 Jahren, die seither vergangen sind, nur brennender geworden sind: Über mediale Verantwortung, respektvolle Darstellung verschiedenster kultureller Gruppen, negative Stereotypen und Amerikas ziemlich desaströse Aufarbeitung der eigenen Geschichte wird schließlich häufiger, intensiver und facettenreicher gesprochen als damals.

    Ein Film, der sich immer wieder neu entdecken lässt

    Doch selbst von diesem Themenkomplex losgelöst, bleibt „Pocahontas“ zumindest für den Trickfilmfan, der diesen TV-Tipp verfasst hat, ein komplizierter Fall: Dem Film ist (in seinen Augen) stark anzumerken, dass sich der einstige Disney-Studiochef Jeffrey Katzenberg arg einmischte. Katzenberg soll das von den Regisseuren Mike Gabriel & Eric Goldberg angeführte Team zu einer schablonenhaften Erzählung gedrängt haben, von der er sich einen reichhaltigen Oscar-Regen versprach.

    Das dürfte auch einige gesteltzte Dialoge und einige forciert-pathosgetränkte Szenen erklären, die sich dann doch in familientauglich-leichtes Wohlgefallen auflösen. Auf der anderen Seite hat „Pocahontas“ aber eine betörend schöne, narrativ raffiniert durchgetaktete Farbdramaturgie, eine wahre Parade an Ohrwürmern und einen emotional ausdifferenzierten Schlussakt, dem mehr Respekt gebührt!

    Bereits in Kindstagen war es für den Verfasser dieses Textes stets tagesformabhängig, ob er „Pocahontas“ bei näherer Betrachtung besser findet, als er ihn in Erinnerung hatte, oder schwächer. Diese Wechselwirkung hat sich seither nur verstärkt – aber ist es in der so oft binären Welt der Filmbewertung nicht auch spannend, wenn sich ein Film derart gegen ein klares Urteil wehrt, sondern immer wieder aufs Neue überrascht? Zumindest ist es ein deutlich authentischer Blick auf die Filmkunst als das, was sich kürzlich ein Skandal-Trailer geleistet hat:

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