„Mittagsstunde“ ist einer dieser seltenen Filme, die es schaffen, uns auch Tage nach dem Ansehen noch zum Lachen, Weinen, Träumen und Nachdenken zu bringen. Wer es 2022 nicht geschafft hat, die zu einem landesweiten Sleeper-Hit mutierte Tragikomödie im Kino zu sehen, kann dies nun ganz einfach und dazu kostenlos nachholen.
„Mittagsstunde“ steht noch bis zum 24. September 2024 inklusive in den Mediatheken von ZDF und ARD zum Gratis-Streamen bereit. Falls ihr den Termin nicht schaffen solltet, ist das Werk alternativ auch als Blu-ray, DVD und kostenpflichtiges Video-on-Demand zu haben:
Sowohl in der Mediathek als auch auf den Discs fürs Heimkino ist der Film in wahlweise hochdeutscher sowie in plattdeutscher Fassung enthalten. Regisseur Lars Jessen („Fraktus“) hatte ihn parallel in beiden Sprachen gedreht.
In der Hauptrolle seht ihr Charly Hübner aus „Polizeiruf 110“. Lennard Conrad („Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“) verkörpert die Figur als Kind. An ihren Seiten glänzen unter anderem Peter Franke („Rennschwein Rudi Rüssel“), Hildegard Schmahl („Der junge Häuptling Winnetou“), Rainer Bock („Der Fall Collini“), Gabriela Maria Schmeide („Die Känguru-Verschwörung“), Julika Jenkins („Liebes Kind“) und Gro Swantje Kohlhof aus „Schlaf“.
"Mittagsstunde": Das ist die Story
Ingwer (Hübner) ist Dozent für Geschichte an der Kieler Uni, als ihm klar wird, dass seine „Olen“ (Schmahl, Franke) ihren Alltag offenbar nicht mehr allein bewältigen können. Deshalb beschließt der Endvierziger eine einjährige Auszeit zu nehmen und zurück in sein nordfriesisches Heimatdorf Brinkebüll zu gehen. Dort eingetroffen, muss er feststellen, dass alles noch viel schlimmer ist, als er es in Erinnerung hatte.
Diese Erkenntnis bezieht sich nicht nur auf den Zustand seiner Eltern, die eigentlich seine Großeltern sind, wie er erst als Elfjähriger per Zufall erfuhr. Das ganze Kaff ist wie ausgestorben, die Schule sowie der Kaufladen bereits seit Jahren geschlossen und auch die Umgebung kaum noch wiederzuerkennen. Zudem ist das Haus seiner Familie zu einer Art trostlosem Denkmal für seine tote Mutter Marret (Kohlhof) mutiert, von der er lange dachte, dass sie seine große Schwester sei …
Ein moderner Heimatfilm der besten Sorte
Mit „Mittagsstunde“ ist Lars Jessen die beste Art von Heimatfilm gelungen. Er unterhält ganz wunderbar, bewegt emotional und lässt das Publikum sich in die Figuren hineindenken. Dazu muss man nicht aus Norddeutschland kommen. Dank des Erfolgs der Eberhofer-Krimireihe wissen ja beispielsweise nun auch Menschen aus allen anderen Landesteilen, wie die niederbayrische Provinz so tickt.
Wie wir es in unserer starke 4 von 5 möglichen Sternen vergebenden FILMSTARTS-Kritik beschreiben, ist der Film per se gar nicht darauf angelegt. Trotzdem dürfte er Menschen aus allen anderen Ecken unseres Landes helfen, die oft als verschlossen oder gar abweisend geltende „norddeutsche Art“ besser zu verstehen. Dabei ist der auf dem gleichnamigen Bestsellerroman von Dörte Hansen basierende „Mittagsstunde“ streckenweise urkomisch, dann wieder erschütternd traurig, aber durchgehend superunterhaltsam.
Die Figuren und ihre Story wirken enorm authentisch. Die im Zentrum der Geschehnisse stehende Familienchronik wird mittels sich lose abwechselnder Segmente aus den Jahren 1965, 1976 und 2012 erzählt. Zu Beginn mag es ein bisschen dauern, bis ihr die unterschiedlichen Schauspieler*innen den Rollen in den jeweiligen Zeitebenen zuordnen könnt. Aber eure Geduld zahlt sich schnell aus. Denn dieses Hin und Her erklärt die Entwicklung der Figuren und ihrer Umgebung sehr elegant sowie in Bezug auf den emotionalen Effekt auch viel tiefgehender, als eine chronologische Abfolge der Ereignisse es gekonnt hätte.
Wenn ihr nach dem Genuss von „Mittagsstunde“ noch mehr von Regisseur Lars Jessen und seinem Hauptdarsteller Charly Hübner sehen wollt, dann könnt ihr das aktuell im Kino tun. Im folgenden Artikel lest ihr alles über den neuen gemeinsamen Film des Duos: „Micha denkt groß“. Den Trailer gibt es dort auch gleich noch zum Anschauen:
Einem Dorf geht das Wasser aus: Exklusive Trailerpremiere zu "Micha denkt groß" – erst im Kino, dann in der ARD Mediathek*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.
Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.